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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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am Ende seines Ganges befand. Hier kam er keinen einzigen Zentimeter mehr weiter. Vielleicht ein Stück tiefer, vielleicht etwas weiter rechts? Vielleicht. Aber wo sollte er die Kraft dazu hernehmen, wo? Alex legte sich auf den Bauch, vergrub das Gesicht in seinen Armen und mit diesem dünnen Luftzug flogen all seine Träume und Hoffnungen, seine Kraft und Motivation davon. Schluss. Aus. Vorbei. Seine Kraft reichte nicht einmal mehr für ein paar Tränen.

30 Die Spieluhr

    Vor Gernot Seiler breitete sich im Gras der Inhalt des von Hasso gefundenen Rucksacks aus: ein Handy, eine Decke, Taschenlampe und eine Metallflasche, dem Schüttelgeräusch nach noch zur Hälfte gefüllt. Außerdem zwei Schokoriegel, ein Feuerzeug und eine Dose mit Broten. Seiler öffnete Letztere und Hasso konnte kaum noch still sitzen. Seiler schlug ein Geruch entgegen, der Hassos Interesse an diesem Rucksack mit einem Schlag erklärte: Käse! Hasso legte die Ohren an und kam auf allen vieren näher gekrochen. Seine Augen – ein einziges Flehen. Herrchen aber kannte kein Erbarmen.
    » Nichts da.« Die Büchse (der Käsepandora) schloss sich und eine Hand wedelte das Tier weg. »Gehört uns nicht. Diebe sind wir zwei niemals nicht, verstanden?« Seiler warf die Dose ins Gras und richtete sich auf. Was sollte das? Auf den ersten Blick sah der ganze Kram nach genau dem aus, was er selbst für ein kleines Ferienabenteuer eingepackt hätte, abgesehen von dieser kleinen Schachtel , die Seiler immer noch nicht als Telefon identifiziert hatte. Essen und Trinken, eine Decke, Feuerzeug, Lampe – was brauchte man mehr für einen Tag im Wald? Gut, ein Taschenmesser vielleicht, aber das hätte er selbst am Mann getragen, wahrscheinlich auch der Besitzer des Rucksacks. Auf den ersten Blick also alles nichts Besonderes. Bei genauerem Hinsehen aber störte den alten Mann irgendetwas. Er konnte es nicht sofort beim Namen nennen, nahm die Dinge eins nach dem anderen noch einmal in die Hand, aber es wollte und wollte ihm nicht einfallen. Gerade aber als er drauf und dran war, alles zurück in den Sack und diesen in sein altes Versteck zu werfen, öffnete sich im Kopf des Mannes eine Schublade und plötzlich konnte er nicht mehr nur sehen, sondern jetzt verstand er auch, was er da sah: der Rucksack und jedes der in ihm versteckten Mitbringsel waren schwarz. Kein Grau, kein dunkelbraun – schwarz. Einzig die Verpackung der beiden Schokoriegel brachte ein wenig Farbe ins Spiel, aber auch dies auf schwarzem Folienuntergrund. Und während Seiler die Sachen jetzt mit ganz anderen Augen betrachtete, wanderte noch einmal die Kinderkarawane an ihm vorbei: Eins, zwei, drei, vier, fünf. Und Nummer fünf – richtig, komplett in Schwarz gekleidet, als ginge das Kind auf eine Beerdigung und nicht zum Spiel. Dazu die Stimme der alten Probst, als sie ihn vom Verschwinden der Kinder unterrichtet hatte: Und dann dieser Neue, kennst du auch. Wohnen erst ein halbes Jahr hier. Der Junge läuft immer ganz in Schwarz durch die Gegend .
    Seiler zählte eins zum anderen und am Ende dieses Zusammenzählens hätte er Stein und Bein geschworen, dass vor ihm hier das Zeug von genau diesem schwarz gekleideten Jungen lag. Also hatten sie doch kein Auto bestiegen! Und Richtung Ebnet brauchte man auch nicht nach ihnen zu suchen. Hier, genau hier hatten sie sich herumgetrieben.
    » Das ist es, Hasso!« Seiler sprang auf, bereute aber im gleichen Moment die abrupte Bewegung. Seit einem Hexenschuss vor drei Jahren mied er jede zu plötzliche Bewegung und der Hexenschuss mied den alten Mann. Jetzt kratzte der Besenstiel der Alten an seinem Allerwertesten.
    Hasso glaubte, Herrchens Freude könnte etwas mit der Büchse zu tun haben, die er keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte. Er suchte sie aus den schwarzen Hinterlassenschaften heraus und brachte sie Seiler.
    » Später«, sagte der und nahm Hasso die unerreichbare Lieblingsspeise aus dem Fang. »Vielleicht später.« Die Büchse verschwand, Seiler packte zusammen.
    Beladen mit zwei Rucksäcken, machte sich Gernot Seiler auf den Rückweg. Er freute sich, denn dieser Fund stellte nicht nur ein eindeutiges Indiz dar, sondern befreite den alten Mann im selben Zuge auch von allen Erklärungslügen. Ohne diesen Rucksack hätte er sich und sein spätes Handeln rechtfertigen müssen, mit dem Rucksack auf der Schulter konnte er aber sagen, dass er Holz sammeln wollte und dabei diesen Fund hier gemacht hatte. Und spätestens der Vater des Jungen

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