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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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über den Kopf und zog es wieder an. Er fror plötzlich.
    » Was ist denn? Was habt ihr gespürt?« Kasi legte den Helm zur Seite. Er kletterte ein kleines Stück die Halde hinauf, ließ es dann aber bleiben und rutschte zurück. »Was ist denn da oben?«
    » Irgendwas wie ein, wie ein – Luftzug.« Der Geist des schwarzen Ritters.
    » Ein Luftzug?« Alex nickte. »Dann hast du es geschafft!« Kasi nahm Timi in den Arm, aber weder Timi noch Alex, geschweige denn Max begriffen die Tragweite dieses Satzes.
    » Was geschafft?«
    » Na, den Durchbruch!« Aber Alex schüttelte den Kopf.
    » Ich bin noch lange nicht durch. Da vorn«, er zeigte in den Gang, »liegt Stein an Stein. Das dauert noch ewig.« Kasi aber ließ sich nicht entmutigen. Er nahm Anlauf, rannte die erste Hälfte der Halde nach oben, stürzte, kroch weiter und schaffte es schließlich mit Alex’ Hilfe bis ganz nach oben. Statt aber wie Alex und Max in den Gang zu kriechen, steckte er sich nur den Finger in den Mund und hielt diesen vor das Loch. Und tatsächlich, Kasi spürte Kälte, spürte einen kaum wahrnehmbaren Hauch.
    » Was machst du?«
    » Kennst du das nicht?« Alex schüttelte den Kopf und Kasi erklärte ihm und den anderen, was er tat, wieso man mit einem nassen Finger die Windrichtung bestimmen konnte, vorausgesetzt, es existierte Wind. Und hier gab es definitiv einen solchen! Ein Luftzug, der irgendwohin musste, durch diesen engen Gang hier nach … draußen! »Versteht ihr? Der letzte Stein, den du rausgeholt hast, der hat ein kleines Loch nach draußen aufgemacht! Über uns ist also nicht alles komplett eingestürzt! Wir schaffen es! Wir schaffen es!« Und jetzt verstanden auch Alex und Max und Timi. Der so lange ersehnte Durchbruch – sie hatten ihn geschafft. Anders zwar, als wieder und wieder vorgestellt und gewünscht, aber Alex hatte mit diesem Stück Fels eben eine Verbindung zur richtigen Welt aufgetan und auch wenn kein Licht hereinfiel, auch wenn am anderen Ende dieser Verbindung keine Retter standen und sich mit ihnen freuten, sie hatten es vollbracht!
    Für Timi und Max gab es nun kein Halten mehr. Die beiden Brüder stürmten nach oben, steckten sich wie Kasi und Alex einen Zeigefinger in den Mund und hielten diesen in den Wind.
    » Er kommt von da!« Timi zeigte in den Gang.
    » Blödsinn«, widersprach sein Bruder, »es zieht von hier nach draußen.« Letztendlich aber spielte die Windrichtung für keines der Kinder eine Rolle, einzig und allein, dass Wind existierte, besaß eine Bedeutung.
    » Schaffen wir es heute noch?«, wollte Timi wissen. Er sah sich bereits in den Armen seiner Mutter. »Sind wir heute Abend zu Hause?« Die anderen lachten und Max nahm seinen kleinen Bruder sogar in den Arm.
    » Heute ganz bestimmt nicht«, sagte Alex und ein Stück von Timis Freude verflog. »Aber, wenn alles gut geht, vielleicht in zwei oder drei Tagen. Oder? Was meinst du, Kasi?«
    » Ja!« Ja, sie könnten es tatsächlich schaffen! Ja, drei, vielleicht auch vier Tage schienen realistisch! Und ja, egal ob Leni nun ihren kleinen Mund hielt oder nicht, es gab jetzt eine wirkliche Chance, keine erhoffte, erträumte und nur vorgestellte Chance, sondern eine greifbare, nein – Kasi nahm seinen Finger zum vierten Mal in den Mund und hielt diesen in den Wind –, es existierte eine spürbare Chance. Wir werden es schaffen!

    » Verdammter Mist! Das Ding sitzt so was von fest!« Auf dem Bauch liegend zerrte Alex an einem Felsstück. Es bewegte sich minimal, er spürte, wie die Luft seine Hände umspielte und in einem nur wenige Zentimeter breiten Spalt verschwand, dem Weg in die Freiheit.
    Die Entdeckung dieses Weges mobilisierte in den Kindern sämtliche noch vorhandene Reserven. Ohne ihre Kraft durch Worte zu vergeuden arbeiteten sie: Alex in dem von ihm geschaffenen Gang, Max an dessen Öffnung, wo er die von Alex gelösten Steine in Empfang nahm und nach unten rollte, und Kasimir und Timi am Fuße der Halde. Die Kinder schwitzten und selbst Alex, der sich bei seiner Arbeit kaum richtig bewegen musste, lief der Schweiß von der Stirn. Vergessen die Angst vor einem langen und langsamen Hungertod, vergessen die Angst vor dem, wie die Erwachsenenwelt da draußen mit diesen Kindern weiter verfahren würde, wie sie auf Rufus’ Tod reagierte. Vergessen selbst die Streitigkeiten zwischen Max und Kasimir. Alle vier sahen Licht am Ende des Tunnels und sie wollten alles in ihrer Macht Stehende tun, dieses Licht zu erreichen, sich in dieses

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