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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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es an, sah zu dem Mädchen, das noch immer die Taschenlampe und ein verkohltes Stück Holz in der Hand hielt und schüttelte den Kopf. »Kein Wunder, dass ich Albträume bekomme, wenn du hier mit der Lampe rumfuchtelst und mir ständig ins Gesicht leuchtest!«
    » Hab ich gar nicht! Ich hab die Lampe extra so gedreht, dass …«
    » Ach, und was machst du jetzt gerade? He?« Kasis Lampe strahlte Max mitten ins Gesicht. Kasi drehte sich zur Seite. »Mit solchem sinnlosen Kinderkram hinderst du uns am Schlafen. Danke! Echt, vielen Dank …«
    » Hör auf, Max. Das Bild ist schön. Ich hätte auch Lust, was zu malen, irgendeinen letzten Gruß von uns.«
    Spinnen, Spinnen, tausend winzige Spinnen. Ein ganzes Spinnenheer!
    » Einen letzten Gruß …« Max trank einen Schluck, spuckte die Hälfte davon aber sofort wieder aus, als könne er den Mund gar nicht schnell genug wieder leer bekommen, um Alex nach dem Adressaten dieses Abschiedsbildes zu fragen. »Für wen willst du denn deinen letzten Gruß malen, he? Deinen Alten vielleicht? Wird sich freuen, genauso wie mein Alter, das Arschloch.«
    » Papa ist kein A …« Timi, der, bisher ganz gefangen von Kasis Bild, den Streit nur mit einem Ohr mitbekommen hatte, musste widersprechen. Papa war kein A-Loch. Natürlich wusste er, dass Max einen anderen Vater hatte und mit Papa oft nicht so gut auskam, trotzdem gehörte sich dieses A-Wort nicht.
    » Ach, Timi«, Max gab seinem Bruder einen Klaps, »wenn du alles von deinem Papa wüsstest, was ich weiß, würdest du ihn wahrscheinlich genauso nennen wie ich. Wetten?« Timi ignorierte die ausgestreckte Hand.
    » Stimmt gar nicht! Ich würde das nie zu ihm sagen! Außerdem, was weißt du denn für Sachen?«
    Max schüttelte den Kopf. »Willst du ganz bestimmt nicht wissen«, sagte er und seine Stimme wechselte ins Leise, eine Nuance ernsthafter und tiefer. Max senkte den Kopf. »Nein, das willst du nicht wissen.«
    » Wie immer«, sagte Timi daraufhin, »erst hast du eine große Klappe und dann kneifst du.«
    » Pass bloß auf, was du sagst!« Max nahm eine Handvoll Dreck und warf sie nach Timi.
    » Spinnst du?!«
    Ich nicht, aber die Spinnen spinnen. Sie spinnen Spinnentücher und mit denen decken sie ihre Spinnenbeute zu.
    » Kommt«, Alex nahm Kasi den Fackelstift aus der Hand, kletterte auf den an der Wand aufgeworfenen Schutt und zeigte auf eine leere Fläche, »was sollen wir für die da oben hinterlassen?«
    » Fünf Kreuze«, antwortete Max. »Fünf Kreuze mit unseren Namen drauf.« Und ein paar Spinnweben dazwischen.
    » Ach, dass du nie mal mitmachen kannst. In ein paar Stunden oder Tagen sind wir alle tot.« Timi stiegen bei dieser von Alex ausgesprochenen Wahrheit die Tränen in die Augen. »Sollen wir uns bis dahin streiten? Können wir nicht, sozusagen zum Abschluss, eine einzige Sache gemeinsam machen?!«
    » Ich mach mit«, sagte Timi, verließ seinen Platz und ging zu Alex. Auch Kasi unterstützte den Vorschlag, einzig Max blieb am Boden.
    » Ich kann aber nicht malen«, sagte er.
    » Das ist doch schnurzpiepegal! Ein Strichmännchen wirst du ja wohl noch hinbekommen, oder? Da«, Alex nahm Kasi die Lampe aus der Hand und zeigte damit auf dessen Bild, »Kasi hat auch nur Strichmännchen gemalt. Und? Sieht doch gut aus oder?«
    » Oh ja!« Timi konnte es kaum noch erwarten. Malen! Malen und dabei nicht an den Tod denken. »Jeder malt sich hier drauf und untendrunter schreiben wir unsere Namen.«
    Max betrachtete das noch immer im Rampenlicht stehende Mädchenkunstwerk. Er hätte so etwas nie hinbekommen, aber das Mädchen konnte. Na ja, soll er doch, nützen wird es auch dem lieben Kasimir nichts, ob gut gemalt oder schlecht – am Ende holen ihn die Spinnen und schleppen ihn zusammen mit allen anderen in die Kinderhölle. Max gefiel Kasis Werk, auch wenn es in ihm, wie übrigens auch in Alex, eine seltsame Traurigkeit hervorrief. Die Menschen da in der Kugel verwandelten sich für Max in Timi, in Mutter und Stiefvater. In eine richtige Familie. Er selbst aber, er gehörte nicht dazu. Er stand wahrscheinlich irgendwo weit außerhalb der Kugel und Vater rief ihn nur, wenn er ihn brauchte. Ihm würde dieses Bild gefallen, nur er, Mutter und der liebe kleine Timi. Und Max, der Bastard, versteckte sich da, wo er hingehörte, im Nichts.
    » Also gut«, willigte Max schließlich ein, »aber nur ein Strichmännchen! Mehr bekomme ich echt nicht hin.« Hoffentlich würde Stief Vater sich über seine letzte Nachricht

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