Apfeldiebe
der Schwarze?«
» Abgehauen«, antwortete Max, wobei ihm die zerkauten Muffinreste in die Quere kamen. Ein paar von ihnen tanzten im Lampenschein, ein oder zwei entschieden sich für Max’ Atemwege, er verschluckte sich und der anschließende Hustenanfall verteilte einen Großteil des Muffins zwischen den Kindern. »Abgehauen«, wiederholte er noch einmal, wischte sich mit dem Handrücken die Reste der Schokoladenglasur von den Lippen und lenkte sie ab. »Hat seinen Rucksack geschnappt und weg.«
» Schade.« Alex stand auf und leuchtete dem am Boden Liegenden ins Gesicht. »Wirklich schade.« So verwandelte sich dieser Sieg also doch wieder in eine halbe Niederlage, wenn die Hälfte der Beute das Weite suchen konnte. Max hatte versagt. Alex vermutete, dass der Freund den Schwarzen sicher hätte fangen können, wenn er unterwegs nicht an seinem Rucksack vorbeigekommen wäre. Er wollte schon etwas in dieser Art sagen, als das Mädchen den Oberkörper aufrichtete und sich die Nase mit dem Handrücken abwischte. Tränen schimmerten in Kasis Augen.
» Darf ich jetzt gehen?« Kasis Stimme zitterte. Er hatte Angst. Max lachte, ihm gefiel das alles hier, sehr sogar und bevor Alex was auch immer antworten konnte, zog Max zur Antwort die vier miteinander verbundenen Kettenstücke aus dem Haufen Fundsachen und hielt sie in die Höhe, dabei strahlte sein Gesicht, als habe er soeben erst den Sinn dieses Tages erkannt.
Für Alex hatte das Spiel an dieser Stelle eigentlich sein Ende gefunden. Für das Mädchen gäbe es noch einen heftigen Tritt in den ollen Kasi-Arsch, danach könnte man zu dritt oben im Burghof den mitgebrachten Proviant dezimieren, vielleicht noch eine Stunde unten an der Steina verbringen, einen Damm bauen oder einfach nur in der Sonne liegen. Als Max jetzt aber die Kette hochhielt, wusste Alex, dass das Spiel gerade erst so richtig begann! Man durfte einen Verbrecher wie dieses Brillenschlangenmädchen nicht einfach so ungestraft laufen lassen, kein Ritter der Welt würde dies tun. Keiner! Die Kette verscheuchte die Vorwürfe gegen den Freund. Was soll’s, den schwarzen Ritter könnten sie auch ein andermal unschädlich machen, jetzt hieß es erst einmal, die Beute zu sichern und – vor dem Kopfabschlagen – zu verhören.
» Das ist gut«, sagte Alex. Auch er strahlte, nur Timi verstand nichts. Aber die beiden Großen zeigten ihm nur zu gern, was es mit dieser Kette auf sich hatte. Alex packte Kasi am Arm und zerrte ihn auf die Beine. »Deine Hände!« Kasi schluchzte, kam dem Befehl aber nach und Max legte ihm die beiden kleineren der vier Schellen um die Handgelenke.
» Da fehlt irgendwas«, sagte er. Die Schellen passten zwar, zum Verschließen brauchte es aber noch einen Stift oder irgendetwas in dieser Art, das man durch die beiden Öffnungen stecken konnte. Alex durchsuchte seine Hosentaschen und fand rechts sein Taschenmesser und links eine Schnur. Ein richtiger Ritter trug beides immer und überall bei sich! Er zerschnitt den Strick in vier gleich lange Stücke und am Ende stand Kasi an der Wand, um jedes Gelenk ein breites, verrostetes Stück Eisen, von dem eine lange, ebenso verrostete Kette baumelte. Diese vier Enden hingen an einem Ring, so groß wie ein Armreif. Max packte diesen Reif und zerrte Kasi quer durch den Raum und wieder zurück. Kasi trippelte in kleinen Schritten hinterher, darauf bedacht, nicht auf eines der auf dem Boden schleifenden Kettenstücke zu treten. Das Metall hing schwer an seinen Armen und Beinen und nachdem ihn nach Max sogar Timi durch den Raum ziehen durfte und Timi unter dem Beifall der beiden Großen gar nicht mehr damit aufhören wollte, brannten Kasis Gelenke wie Feuer.
Doch dann verließ Alex’ Lampenstrahl das Gespann aus Timi und Mädchen. Das Licht wanderte zuerst in die Ecke mit den Lanzen und Ketten und kletterte schließlich zur Decke. An einem fingerdicken Haken zögerte der Lichtkegel. Was mochte hier früher einmal alles von der Decke gehangen haben, sinnierte Alex und zählte insgesamt vier weitere, unbesetzte Halterungen, die wie gekrümmte Zeigefinger lockten und riefen. Alex verstand die Botschaft dieser Finger.
» Kommt, wir hängen ihn auf!«
Timi stoppte und sein Gesichtsausdruck stand, was Unverständnis, Entsetzen und eine Prise Dummheit anbetraf, dem seines Bruders in nichts nach. Alex atmete einmal tief durch und verdrehte die Augen. »Natürlich nicht richtig, ihr Deppen. Da«, er zeigte zur Decke, auf einen Haken unmittelbar vor
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