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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Staub. Aber das Brennen in den Augen strafte die Assoziation Schnee Lügen. Alex hinterließ seine Spuren im Lügenschnee, erreichte den Durchlass am gegenüberliegenden Ende – und blieb stehen. Er hatte Angst. Angst, ganz einfach. Alex fürchtete sich vor einem restlos verschütteten Ausgang. Die letzten Stunden hatten sich die Kinder von der Hoffnung genährt, dass sie, sobald der Staub sich gelegt haben würde, über den zu erwartenden Schuttberg nach draußen klettern könnten. Was aber, wenn es kein Darüber gab?
    Der Junge stand am Eingang zum Unglücksraum und befand sich somit in unmittelbarer Nähe des Atomschlages, im Epizentrum. Noch wagte er nicht, diesen alten Lagerraum zu betreten. Er blieb im Durchgang stehen und leuchtete zuerst Richtung Decke. Direkt über ihm schien sie noch weitgehend intakt. Zwar hatten sich einige Stücke Putz gelöst, auch ein paar Risse konnte Alex durch den Staubnebel hindurch erkennen, aber im Großen und Ganzen schien sie stabil. Alex versuchte von hier aus, das gegenüberliegende Ende des Raumes zu erkennen. Bis zur Mitte des Raumes reichte die Kraft der Lampe, weiter nicht, Alex musste wohl oder übel eintreten.
    Der Staubschnee erreichte hier eine Dicke von drei oder vier Zentimetern, so Alex’ Schätzung. All die Gegenstände, welche die Jahrhunderte fast wie in einem Vakuum überstanden hatten, versteckten sich nun. Alex leuchtete nach links, da mussten die Waffen liegen – ein Dutzend linienförmige Erhebungen.
    So vorsichtig wie möglich trat der Junge ein, beinahe feierlich schritt er voran, darauf bedacht, keinerlei Erschütterungen zu erzeugen. Mitten im Weg lag der Kessel, verwandelt in eine Schneehöhle. Die schwarze Öffnung glotzte den Besucher an, daneben ein kleiner Hügel. Alex stieß mit der Fußspitze gegen die Erhebung, Staub rieselte herab und etwas reflektierte den Schein der Lampe. Alex bückte sich – den ersten Rucksack hatte er gefunden. Es musste Kasis sein, da er fast ausschließlich aus Reflektorstreifen bestand. Alex öffnete ihn, fand Kasis Trinkflasche und nahm einen Schluck. Mit dem ersten spülte er sich den Mund aus, den zweiten trank er, mit geschlossenen Augen, und es handelte sich dabei um den wirklich allerersten bewusst getrunkenen Schluck seines Lebens. Leitungswasser mit einem Schuss Zitronensaft.
    In unmittelbarer Nähe fand Alex auch die anderen Rucksäcke, wie Kasis vergraben und auf den ersten Blick eher Steine. Aber auch von diesen Steinen gab es mehr als genug. Mit jedem weiteren Schritt Richtung Ausgang veränderte sich die zuerst noch ebene Staubschicht am Boden in ein Gewirr aus kleinen und schließlich immer größer werdenden Brocken. Und über Alex’ Kopf? Nach dem verzierten Mittelstein der Decke verwandelte sich diese Decke in ein anfangs noch grobes, seines Verputzes beraubtes Gewölbe, dann in nackten Fels und zum Schluss stand Alex vor einem bis zu eben dieser Decke reichenden Berg aus Schutt und Gestein. Es sah aus, als habe sich irgendein größerer Brocken aus dieser Decke gelöst und den Weg für all das über ihm wartende Geröll frei gemacht. Alex löschte seine Lampe, wartete fast eine Minute in absoluter Dunkelheit in der Hoffnung, dass, wenn sich seine Augen an diesen lichtlosen Zustand gewöhnt hatten, er irgendwo in diesem Steinhaufen oder da oben an der Decke vielleicht ein Leuchten erkennen könnte. Aber die Dunkelheit blieb einfach nur dunkel. Alex spürte, wie die Angst einen erneuten Anlauf unternahm, spürte Mut und Hoffnung den Rückzug antreten. Doch dann verzog sich sein Gesicht mit einem Mal zu einem breiten Grinsen und der Kloß im Hals des Jungen verschwand. Alex schüttelte den Kopf über die eigene Dummheit. Konnte ein Alex allein wirklich so dumm sein? Er zog das Handy aus der Tasche: kurz vor Mitternacht! Wo bitte sollte um diese Uhrzeit ein Lichtschein herkommen? Sie müssten da draußen schon den ganzen Berg mit Scheinwerfern erhellen, damit er hier unten etwas erkennen könnte. Morgen, morgen früh würde er zurückkommen und dann auch das Licht erkennen, denn erst morgen früh konnte es Licht geben!
    Die Rucksäcke über der Schulter, wollte Alex gerade umkehren, als das Licht seiner Lampe etwas im Schutt streifte. Parallel zueinander ragten zwei Felsstücke hervor und die Schatten, die sich daran abzeichneten, bildeten von Alex’ Standpunkt aus die Silhouetten zweier Füße. Zweier aus dem Berg ragender Füße.
    Rufus!
    Nein, nur ein Zufall. Zwei lange Steine, mehr nicht. Und

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