Apocalypsis 1 (DEU)
in der Tür zum Büro. Er wirkte amüsiert. »Wenn wir Ihre Vision ernst nehmen, Peter, dann haben Sie nicht mehr viel Zeit.«
»Was schlagen Sie vor?«
Ein gewisser schlitzohriger Ausdruck trat auf Don Luigis Gesicht, den Peter schon einige Male beobachtet hatte.
»Ich habe in der letzten Nacht ein paar Telefonate geführt. Es war nicht ganz einfach, aber schließlich konnte ich diese Leute überzeugen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, uns zu helfen.«
»Welche Leute , Don Luigi?«
»Vielleicht machen Sie sich erst etwas frisch. Wenn Sie sich umgezogen haben, erkläre ich Ihnen alles.«
Eine halbe Stunde später trat Peter geduscht und in frischer Kleidung wieder in den kleinen Salon, den ihnen die Karmeliterinnen zu Verfügung gestellt hatte. Peter fühlte sich bereits deutlich besser. Don Luigi, Maria und ein Mann um die Fünfzig mit orientalischem Aussehen in einem schwarzen Anzug erwarteten ihn bereits.
»Peter, darf ich Ihnen Mohammed Al Naimi vorstellen, Botschafter des Königreichs Saudi-Arabien.« Don Luigi deutete auf den Mann im schwarzen Anzug, der Peter mit undurchdringbarem Gesicht musterte und weder eine Hand ausstreckte noch sonst irgendein Zeichen von Höflichkeit erkennen ließ.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Peter misstrauisch.
»Seine Exzellenz, der Botschafter, ist so freundlich, Sie und Schwester Maria mit einem Privatjet seiner königlichen Hoheit Prinz Salman Abd al-Aziz ibn Saud nach Avignon zu fliegen. Um die Passkontrollen müssen Sie sich nicht sorgen. Sie reisen unter diplomatischem Schutz.«
Peter musterte den Araber im schwarzen Anzug weiterhin mit unverhohlenem Misstrauen. Was offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhte.
»Ich verstehe nicht ganz, Don Luigi. Wieso hilft das saudische Königshaus einem gesuchten Mörder und mutmaßlichem Terroristen bei der Flucht?«
Don Luigi wechselte einen kurzen Blick mit dem Araber, und der Botschafter ließ sich nun zu einer kurzen Erklärung herab.
»Das muss Sie nicht interessieren. Sagen wir, Ihr zurückgetretener Papst hatte gewisse Verbindungen zu hohen islamischen Würdenträgern aufgebaut, denen seine königlichen Hoheit sehr vertraut und die ihm eindringlich verdeutlicht haben, dass diese – ich betone – einmalige Maßnahme den Interessen unseres Landes und des Islam dient.«
»Mit einem Wort«, fasste Don Luigi zusammen, »keine weiteren Fragen, Peter.«
Peter wechselte einen Blick mit Maria. Sie wirkte ruhig und furchtlos. Sie schien Don Luigis Strippenzieherei voll und ganz zu vertrauen.
Peter zog Don Luigi beiseite.
»Was soll das?«, zischte er.
»Vertrauen Sie mir, Peter.«
»Nein, Don Luigi. Das riecht nach einer Falle. Erst schafft man mich außer Landes und dann aus dem Weg oder was?«
»Ich verstehe, dass Sie so denken, Peter. Aber bei Lichte betrachtet bleiben Ihnen nicht viele Optionen. Sie wollen Ihre Unschuld beweisen? Benissimo . Dann können Sie sich entweder der Polizei und den Geheimdiensten stellen und darauf vertrauen, dass die Sie diesmal nicht in einen Folterkeller deportieren, sondern mit Samthandschuhen anfassen und Ihnen glauben. Oder Sie vertrauen eben mir. Ihre Entscheidung, Peter.«
Ein harter Ausdruck trat in Don Luigis Gesicht.
»Scheiße!«, fluchte Peter und wandte sich ab.
Der saudische Botschafter erhob sich steif. »Wenn Sie soweit sind – draußen wartet ein Wagen.«
XXXIV
13. Mai 2011, Rom
S chmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt. Hass ist das Kondensat des Lichts. Der göttliche Dunst, der deinen Körper ausfüllt. Das Licht ist die reinigende Kraft des Universums. Du bist der Hass, und du wandelst auf dem Pfad des Schmerzes. Du bist ein Wesen des Lichts, du bist geboren, um Schmerzen zu bringen. Du bist auserwählt, die Welt zu reinigen.
»Ich habe versagt, Meister.«
»Ja, das hast du! Ich bin sehr enttäuscht, Nikolas!«
Nikolas lag bäuchlings ausgestreckt auf dem Boden und wagte nicht aufzusehen. Seth stand am Fenster des eleganten Salons und blickte über die Ewige Stadt. Nicht weit entfernt erhob sich die Kuppel des Petersdoms vom Vatikanhügel. Nikolas musste gar nicht aufschauen. Er spürte die Ablehnung seines Meisters. Eine Ablehnung, die Nikolas mehr schmerzte als die Schusswunde an der Schulter. Nikolas hatte gelernt, Schmerz als ein Zeichen des Lichts zu ehren. Als Zeichen, dass er dem rechten Pfad folgte. Nicht ohne Stolz dachte Nikolas daran, dass er mehr Schmerzen ertragen konnte als die meisten anderen Menschen. Nicht, dass er
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