Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
Wie ferngesteuert ging sie auf das Inferno zu, versuchte, ihren Vater irgendwo zu entdecken. Aber sie sah nur Anselmo. Fast unversehrt, nur mit versengten Haaren und brennender Kleidung, den Koffer an sich gepresst, taumelte er aus den Flammen. Maria stürzte auf ihn zu, riss ihn zu Boden und wälzte sich mit ihm in einer großen Pfütze. Als sie sich beide aufrappelten, sah sie die Verbrennungen in seinem Gesicht und an den Armen. Er schien sie nicht zu spüren, weil er unter Schock stand.
»Wo ist er?«, schrie Maria ihn an.
Anselmo schüttelte nur den Kopf, starrte sie an, als könne er nicht fassen, noch am Leben zu sein.
Maria wollte an ihm vorbeirennen, doch Anselmo hielt sie fest.
»Es ist zu spät!«, brüllte er, als ob er gerade aus einem Albtraum erwache. »Tu, was er gesagt hat! Lauf zum Petersplatz!«
»Und du?«
Anselmo deutete stumm zum Pantheon, das hinter einer Wand aus Feuer, Qualm und Regen lag.
Einen Augenblick lang sahen sie sich an.
»Du musst dich beeilen«, sagte Anselmo. Maria nickte.
»Gott schütze dich«, sagte sie und rannte los.
Maria kannte Rom. Sie wusste, dass sie zu Fuß fast eine halbe Stunde bis zum Petersplatz brauchen würde. Zu lange. Daher nahm sie den Weg zurück durch den Hofdurchgang. Die wenigen Untoten, denen sie überhaupt noch begegnete, schienen sich jedoch nicht mehr für sie zu interessieren, schlurften nur an ihr vorbei in Richtung Pantheon, als ob sie von dort eine mächtige Stimme gerufen habe.
Hinter dem Durchgang lag Nakashimas Van auf der Seite, offenbar von der Menge der Zombies umgeworfen. Maria überlegte, ob sie einfach weiterrennen sollte, aber das schien ihr immer noch zu gefährlich. Sie lief zurück in den Hof zu der kleinen Mopedwerkstatt und suchte hastig die restaurierten Vespas ab. Bei einer hellblauen PX, einem jener unverwüstlichen alten Modelle, von denen auch das Kloster noch zwei besaß, steckte der Schlüssel. Als habe der alte Roller die ganze Zeit nur auf sie gewartet.
Obwohl er seit Monaten nicht mehr gelaufen war, sprang der Zweitakter sofort an. Maria raffte ihr Habit und kurvte mit Vollgas aus dem Hof. Sie bog links in den Corso del Rinascimento ein, dann rechts in den Corso Vittorio Emanuele II., umkurvte ohne zu bremsen die Trümmer, Leichen und Pulks von Untoten, überquerte den Tiber und fuhr dann über die Via della Conciliazione direkt auf den Petersplatz zu. Der Platz wirkte noch voller als am Vorabend, immer mehr Menschen strömten aus den anliegenden Straßen auf den Platz zu, um den Untergang der Menschheit dort zu erwarten. Maria ließ die Vespa an den Kolonaden stehen und drängte sich durch die Menge, bahnte sich ihren Weg zum Trümmerberg mit dem großen Kreuz. Irgendjemand erkannte sie und rief ihren Namen. Bewegung kam in die Menge, ihr Name schlug Wellen wie ein Tropfen in einem stillen See. Die Menschen traten zur Seite, bildeten eine Gasse und machten ihr Platz. Niemand berührte sie. Aber sie skandierten nun ihren Namen, immer lauter.
MARIA! … MARIA! … MARIA!
Maria kletterte über den Wald aus Kreuzen den Trümmerberg hinauf, bis sie dicht unter dem großen Kreuz stand und über den Petersplatz blicken konnte, wo Tausende von Menschen ihren Namen riefen wie die allerletzte Hoffnung. In der Ferne konnte sie die Rauchsäule sehen, die vor dem Pantheon aufstieg und die Stelle markierte, wo gerade ihr Vater gestorben war. Maria keuchte noch vor Anstrengung. Sie wollte etwas sagen, aber die Stimme versagte ihr. Sie konnte nur weinen. Um Peter und um all die Menschen, die gestorben waren. Aber in diesem Moment vor allem um ihren Vater, dem sie in den vergangenen Wochen näher gewesen war als jemals zuvor in ihrem Leben. Eine Welle der Trauer, die erste von vielen die noch folgen würden, erschütterte ihren Körper. Ein Schmerz, als würde sie in der Mitte aufgerissen. Eine Wunde, zu groß, um je wieder zu verheilen. Und die Menschen auf dem Petersplatz sahen ihr schweigend dabei zu, wie sie auf die Knie sank und ihre Verzweiflung in Krämpfen herauspresste. Erst als sie wieder etwas zu Atem kam und den Kopf hob, nahm Maria, die Menschen unter sich wahr, die etwas von ihr erwarteten. Sie riss sich zusammen, erhob sich mühsam und breitete die Arme aus. Holte Luft, und in die Stille und das Rauschen des Regens hinein rief sie:
»Lasset uns beten! Für alle, die gestorben sind. Für unsere Familien und Freunde und alle, die wir geliebt haben. Für all jene, die wir nicht retten konnten. Für all jene, die
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