Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
Tasche und tippte auf eine der eingespeicherten Nummern.
»Yoko, ich bin’s. Ich habe eine etwas sonderbare Bitte …«
Trotz der späten Stunde herrschte in der kleinen Straße in Har Choma zu viel Leben, um unbemerkt in das dreistöckige Wohnhaus einzudringen. Immer noch spielten Kinder auf der Straße, in den Gärten wurde gegrillt, Gelächter und Ermahnungen flogen hin und her, das Aufjaulen eines Mopeds erfüllte die Nacht.
Maria und Don Luigi parkten den Wagen, den Maria sich von der Abtei geliehen hatte, in Sichtweite des Hauses, zögerten jedoch auszusteigen.
»Vielleicht war es eine Schnapsidee«, meinte Don Luigi, der sich sichtlich unwohl in seinem schwarzen Kaftan, den Seidenstrümpfen und dem flachen Hut mit den angeklebten Schläfenlocken fühlte. »Eine verdammte Schnapsidee. Ich sehe aus wie eine Karikatur.«
Maria schwieg und beobachtete weiter das Haus, in dem Panagiotis Kleopatros mit seiner Familie gewohnt hatte. Maria trug ein knöchellanges graues Kleid mit langen Ärmeln, eine Perücke und darüber ein Kopftuch. Sie sah aus wie eine der vielen orthodoxen jungen Frauen, die auf der Straße noch in kleinen Grüppchen zusammensaßen, während ihre Männer längst wieder in der Wohnung über Tora-Kommentaren und Talmud-Auslegungen brüteten.
Rabbi Kaplan hatte versucht, es ihr zu erklären. Da die Frau nach jüdisch-orthodoxer Lehre Gott näher stehe als der Mann, sei sie von vielen Geboten befreit. Ihre Verpflichtungen im Haushalt und beim Stillen der Kinder hätten Vorrang. Der Mann dagegen müsse sich zeitlebens abmühen, Gott nahe zu sein, müsse studieren und beten. Daher widmeten sich orthodoxe Männer mitunter ein Leben lang dem Tora-Studium, während ihre Frauen Jobs hatten, für den Lebensunterhalt der Familie sorgten und auch noch den Haushalt führten.
Maria konnte sich vorstellen, dass manche dieser Frauen sich in ihrer Rolle wohl fühlten und glücklich waren. Vielleicht glücklicher als sie.
»Wir gehen da jetzt hoch«, sagte sie entschlossen.
»Nein, lassen Sie uns lieber noch warten.«
Maria ignorierte den Einwand und stieg aus. Leise schimpfend beeilte sich Don Luigi, ihr zu folgen. Niemand hielt sie auf. Als sie im Treppenhaus einer Nachbarin der Kohns begegneten, grüßte Maria freundlich auf Hebräisch und ging ohne zu Zögern weiter hinauf in den dritten Stock.
Erst als sie vor der versiegelten Wohnungstür standen, wandte sie sich an Don Luigi.
»Jetzt zeigen Sie mal, was Sie draufhaben.«
Don Luigi sah sich um und zog ein handliches Elektropick-Werkzeug Made in Germany , einen Drahthaken und einen Schraubenzieher aus der Tasche. Yoko Tanaka hatte ihm all das samt der Verkleidung besorgt.
»Haben Sie so etwas schon mal gemacht?«, fragte Maria. Don Luigi spannte den Haken in das Zylinderschloss, als hätte er sein Leben lang auf diesen Moment gewartet. Er knurrte nur und führte den Zahnstift des Elektropicks in das Schloss. Ein kurzer Knopfdruck, ein kurzes Rasseln im Schloss, dann zog Don Luigi den Elektropick wieder heraus und entriegelte das Schloss mit dem Schraubenzieher.
Rasch und ohne ein weiteres Wort betraten sie die Wohnung und schlossen die Tür hinter sich. Irritiert sah Maria, dass der Mann, der vor wenigen Tagen kaltblütig einen Menschen vor den Augen der Welt erschossen hatte, vor Nervosität schwitzte.
»Wonach suchen wir?«, flüsterte sie.
»Ich weiß nicht. Irgendwas. Der Trick ist – nicht suchen, sondern finden.«
»Ha ha.«
»Im Ernst. Konzentrieren Sie sich.«
Maria zog die Vorhänge zu. Erst dann schalteten sie die Taschenlampen ein und begannen mit der Durchsuchung der Wohnung. Die Tatortreiniger hatten das meiste Blut bereits entfernt. Dennoch konnte Maria im Schein der Lampen die Kreidestriche und Markierungen der Spurensicherung erkennen, und überall fanden sich noch eingetrocknete Spuren des Gemetzels. Sie versuchte, sich nur auf ihre Suche zu konzentrieren, aber gerade diese Reste der Bluttat setzten ihr zu, überreizten ihre Fantasie und beschworen entsetzliche Bilder von Schmerz und Leid herauf, wenn sie sich vorstellte, welche Hölle die gesamte Familie Kohn hier durchlitten hatte. Zitternd stand sie in der Küche, kaum noch zu irgendeiner Bewegung fähig.
»Trinken Sie was«, flüsterte Don Luigi, als er sie so sah. »Und konzentrieren Sie sich.«
Tatsächlich ging es nach einem Schluck aus dem Wasserhahn besser, und Maria setzte die Suche fort. Die beiden trugen Latexhandschuhe und versuchten, so wenig wie
Weitere Kostenlose Bücher