Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
später wieder herausgekommen, einigermaßen ausgeruht, aber immer noch zutiefst verstört. Nikolas hatte keine Fragen gestellt, nur zum Aufbruch gedrängt, denn er wusste inzwischen, wo sie Franz Laurenz finden würden. Er hatte sogar darauf bestanden, dass Peter auf Dusche und Rasur verzichten solle.
»Da, wo wir hinfahren, erscheint man besser ungewaschen und unrasiert, glaub mir.«
Ein Privatjet mit vatikanischer Kennung brachte sie nach Kavala, einer kleinen Stadt im Norden Griechenlands. Von dort nahmen sie im Morgengrauen die kleine, uralte Fähre nach Chalkidiki. Außer ihnen waren nur orthodoxe Mönche an Bord. Junge Mönche, alte Mönche, uralte Mönche. Griechische Mönche, russische Mönche, bulgarische Mönche. Alle trugen lange Kutten, lange Haare und lange, verfilzte Bärte und rochen ungewaschen. Sie beteten leise Gebetsschnüre ab, verschickten Textnachrichten mit ihren Handys oder nestelten in großen Einkaufstaschen herum. Gesprochen wurde kaum. Peter wich dem Blick seines Bruders aus, trank seinen Kaffee und starrte wieder zur Küste hinüber, die sich nun scharf und deutlich vor ihnen abzeichnete.
»Und da lebt dieser Franz Laurenz?«
Nikolas nickte. »Ja.«
»Kein so seltener Name.«
»Er ist es, glaub mir. Kurz nach Erscheinen seines Buches begleitete Laurenz eine Studienreise seiner Diözese ins Heilige Land, ist aber nie wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Noch in Jerusalem konvertierte er zum griechisch-orthodoxen Ritus und siedelte mit Unterstützung des Patriarchen eine Woche später auf den Athos über.«
»Was war passiert?«
»Das konnte mir niemand mehr sagen.«
»Und eine Konvertierung – das geht so einfach?«
»Normalerweise nicht.« Nikolas deutete auf das Land vor ihnen wie ein Reiseleiter. »Auf Athos leben etwa zweitausend orthodoxe Mönche in zwanzig Klöstern, klosterähnlichen Dorfgemeinschaften und Einsiedeleien in einer autonomen, theokratischen Mönchsrepublik. Der Legende nach soll die Jungfrau Maria dort an Land gegangen sein«, erklärte Nikolas. »Auf ihrem Weg nach Zypern musste sie angeblich wegen schlechten Wetters dort Station machen und war von der Schönheit der Landschaft so überwältigt, dass sie Gott bat, ihr den Berg zum Geschenk zu machen.«
»Bescheiden wie sie war«, murmelte Peter.
»Ja, sehr witzig. Ich will dir nur erklären, warum Frauen Athos nicht betreten dürfen. Für die Mönche sind der Berg und die ganze Halbinsel nur der ›reinsten aller Frauen‹ gewidmet. Bis auf die Katzen sind selbst weibliche Tiere tabu.«
»Immerhin konsequent. Und so ganz unter Männern erspart es einem auch die lästige Körperpflege«, lästerte Peter.
Nikolas beachtete ihn nicht und fuhr fort. »Die Mönchsrepublik wurde im zehnten Jahrhundert von asketischen Mönchen gegründet. Seitdem ist dort alles byzantinisch geblieben. Die Riten, die Liturgie, selbst der Kalender und die Stundeneinteilung. Das heißt, an Land haben wir den elften August. Der Tag beginnt nach Sonnenuntergang. Die ersten acht Stunden gelten der Erholung, die zweiten acht dem Gebet und die dritten der Arbeit. Sie haben die besten Ikonenmaler der Welt, und in ihren Bibliotheken lagern wahre Schätze, die aber niemand außer ihnen zu Gesicht bekommt.«
»Sonst noch was?«
»Sie sind enorm misstrauisch. Vor allem gegenüber neugierigen Gesandten des Vatikans. Sie werden auch gern mal handgreiflich.«
»Und als was reisen wir dort ein?«
Zum ersten Mal seit ihrem Wiedersehen grinste Nikolas ihn an. »Als neugierige Gesandte des Vatikans natürlich. Offiziell sind wir hier, um angeblichen Wundertätigkeiten von Franz Laurenz nachzugehen, falls es nach seinem Tod zu einem Seligsprechungsverfahren kommen sollte.«
»Du suchst immer noch gerne Streit, was?«
Die Fähre legte in Dafni, dem einzigen Hafen der Mönchsrepublik, an. Über dem Gebäude der Hafenverwaltung wehte die Flagge des byzantinischen Reiches. Gleich nach Betreten der Anlegestelle mussten Peter und Nikolas einem älteren Mönch ihr Visum, das Diamonitirion , vorzeigen, das sie zu einem Aufenthalt von maximal vier Tagen berechtigte. Der Mönch verschwand mit den beiden Visa im Verwaltungsgebäude, und Peter konnte sehen, dass er telefonierte. Nach einer Weile kehrte er zu ihnen zurück, erklärte Nikolas barsch etwas auf Griechisch und ließ sie dann stehen. Peter wunderte sich schon nicht mehr, dass sein Bruder offenbar fließend Neugriechisch sprach.
»Was hat er gesagt?«
»Er war so freundlich, uns den Weg
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