Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
zur Skiti Agíou Petras zu beschreiben. Wir haben wohl einen längeren Fußmarsch vor uns.«
»Den Weg wohin?«
»Eine Skiti ist eine mönchische Gemeinschaft außerhalb eines Klosters. Manche bilden richtige Dörfer, manche sind nur verstreute Behausungen, manchmal Einsiedlerhöhlen, in denen die Mönche noch idiorhythmisch leben. Das heißt, den Mönchen dort ist geringer Privatbesitz und eine eigene Haushaltung erlaubt. Sie kommen nur zu den Gebeten und Messen zusammen und organisieren ansonsten ihr Leben eigenständig.«
»Und wie weit ist es bis zu dieser Skiti?«
»Schlappe vier Stunden, schätze ich.«
»Du machst Witze.«
Machte er nicht. Auf einem steilen Bergpfad marschierten sie stundenlang und ohne Wasser in sengender Hitze bis in ein kleines Tal im Hinterland der Halbinsel. Peter spürte die plötzliche Alterung jetzt noch deutlicher. Seine Knie und sein Rücken schmerzten, er keuchte bei jedem Schritt, und wenn sie nicht alle paar Meter innehielten, wurde er fast ohnmächtig. Von dem letzten Hügel aus, den sie zu erklimmen hatten, konnte Peter im flirrenden Hitzedunst die Skiti Agíou Petras erkennen. Ein halbes Dutzend versprengter, weißgetünchter Häuser, umgeben von kargen Nutzgärten und Beeten, in denen vereinzelt gebeugte Mönche arbeiteten. Als sie das erste Häuschen erreichten, hatte Peter einen Sonnenbrand und Blasen an den Füßen. Sein Hemd klebte salzverkrustet an seinem Rücken, seine Lippen waren aufgesprungen, seine Zunge ein aufgeschwollener, ausgetrockneter Klumpen. Er konnte nicht einmal mehr fluchen.
Ein Mönch unbestimmten Alters begrüßte sie und reichte ihnen wie selbstverständlich eine alte Glasflasche mit Wasser. Peter trank die Hälfte in einem Zug und reichte die Flasche dann seinem Bruder, der auf Griechisch mit dem Mönch sprach. Der Mönch wirkte zunächst irritiert, blicke die beiden Zwillingsbrüder immer wieder misstrauisch an, aber Nikolas sprach weiter auf ihn ein und zeigte ihm auch ein Dokument mit dem Briefkopf des Vatikans.
»Das ist Bruder Spyridon«, stellte Nikolas ihm schließlich den Mönch vor. »Wir werden heute in seinem Haus übernachten.«
»Was hast du ihm erzählt?«, wollte Peter wissen. »Was ist das für ein Dokument?«
Nikolas senkte die Stimme, obwohl er auf Deutsch antwortete. »Ich musste ein bisschen tricksen, okay? Lass mich einfach machen.«
»Und wo ist Franz Laurenz?«
»Er trägt hier den Ordensnamen Kleophas.«
»Meinetwegen. Wo ist er?«
»Er ist tot.«
»Was?«
»Bruder Spyridon sagt, dass er vor zwei Wochen an einer Krankheit gestorben ist. Er war wohl sehr schwach.«
»Verdammte Scheiße.« Stöhnend ließ sich Peter auf einer Bank vor dem Haus fallen. »Ist das sicher?«
Nikolas zuckte mit den Schultern und setzte sich zu Peter. »Bruder Spyridon will uns später zu seiner Einsiedelei führen.«
Der wortkarge Bruder bewirtete sie mit lauwarmem Wasser aus seiner Zisterne, einem Gläschen Tresterschnaps, Tsipouro genannt, Oliven, frischem Brot und Loukoumi , einem süßen Fruchtgelee. Peter verschlang, was er in die Finger bekam, mäßigte sich dann jedoch, als er die missbilligenden Blicke von Bruder Spyridon sah.
Schließlich begann der Mönch unvermittelt wieder zu sprechen, langsam und ohne einen der Brüder dabei anzusehen. Nikolas übersetzte. »Bruder Kleophas lebte seit fast dreißig Jahren in dieser Skiti. Allerdings bevorzugte er die Einsamkeit.«
»Er hatte doch bestimmt auch mal Besuch?«
Nikolas übersetzte Peters Frage und kurz darauf die Antwort des Mönchs. »Nein. Er legte auch keinen großen Wert auf Kontakt zu seinen Mitbrüdern. Er war offenbar geistig verwirrt.«
»Was war passiert?«, fragte Peter.
»Sie wissen es nicht«, übersetzte Nikolas die Antwort. »Laurenz hat nie mit ihnen gesprochen.«
»Nie? Kein Wort?«, fragte Peter überrascht. »In dreißig Jahren?«
Bruder Spyridon sah Peter eindringlich an, langte nach einem robusten, knorrigen Stab aus poliertem Olivenholz und zog sich daran hoch auf die Beine. Jetzt erst erkannte Peter, dass er älter sein musste, als er angenommen hatte.
»Sie, kommen«, sagte der Mönch in gebrochenem Deutsch.
Peter und Nikolas folgten Bruder Spyridon durch die schattenlose Glut des ägäischen Mittags über einen Hügel abseits der Skiti. Der alte Mönch marschierte überraschend zügig voran, die Hitze schien er nicht einmal zu spüren.
»Da wohnt.« Bruder Spyridon deutete mit seinem Olivenholzstab vom Hügel herab in die Ferne auf eine
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