Apocalypsis 3.12 (DEU): Harmagedon. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
›Habemus Papissam!‹ Wir haben eine Päpstin! Sie nannte sich Sophia I., und ich erinnere mich noch genau an ihre ersten Worte. Fröhliche Weihnachten, euch allen! Ich freue mich, so viele von euch zu sehen. Und bevor wir beten, wollte ich euch übrigens noch sagen, dass ich schwanger bin.
Ich habe nie im Leben größeren Jubel erlebt. Denn erst in diesem Moment verstanden wir wirklich, dass wir alle weiterleben würden. Dass Gott uns nicht vergessen hatte. Dass wir alle Hiob waren.«
Anselmo zitterte. Wegen der Kälte und der Erinnerung an jenen Weihnachtsabend vor über dreihundert Jahren. Dass er neben Maria, ihrer Mutter, Leonie und dem angeschossenen Urs Bühler auf den Trümmern des Petersdoms gestanden, sich wie ein Held gefühlt und den Jubel genossen hatte, verschwieg er an dieser Stelle immer. Ebenso den unheimlichen Fund, den er einige Tage später machte, als er sich in das verwüstete Gebiet vorwagte, wo das Pantheon gestanden hatte, um nach Spuren von Peter Adam zu suchen. Den Fund , der ihn zutiefst schockiert und den er kurz darauf einfach verbrannt hatte, damit kein Mensch ihn jemals zu Gesicht bekäme. Damit die neu erwachte Hoffnung nicht gleich zu Anfang wieder sterben würde.
»Mehr ist nicht zu erzählen«, sagte er rau. »Lasst einen alten Mann nun schlafen.«
Aber wieder meldete sich der neugierige Junge.
»Was ist mit den Mh’u geschehen? Gibt es sie noch?«
Ein kluger Junge. Anselmo fragte sich, ob er ihm die Erinnerung an den Fund womöglich angesehen habe.
»Wie heißt du, Junge?«
»Peter.«
So hießen sie immer.
»Hör mal zu, Peter, natürlich existieren sie noch! Wer sollte uns sonst beschützen! Sie sind immer um uns herum, jetzt gerade in diesem Augenblick kann ich sie spüren. Sie sind da! Sie werden immer da sein!«
»Und was ist mit dem alten und dem jungen Peter Adam geschehen?«
Anselmo atmete durch. »Sie sind in dem Loch gestorben. Die Implosion hat sie getötet.«
Der Junge, der Peter hieß, nickte zwar, schien aber noch nicht ganz zufrieden zu sein.
»Und du bist seitdem der Hüter des Tesserakts?«
»So ist es, mein Junge. Ich habe mir diese Aufgabe nicht gewünscht, aber der Herr hat es eben so bestimmt.«
»Aber du hast ihn nicht bei dir! Wo ist der Tesserakt jetzt?«
Anselmo erhob sich schwerfällig. Seine Knie schmerzten. »Es ist spät. Geh schlafen, Junge.«
»Eine Frage noch!«, bettelte der Junge. »Bitte!«
»Na, gut. Die letzte.«
»Ist das Böse nun tot?«
Ja, das war immer die letzte Frage. Die eine Frage . Er hatte den ganzen Abend auf diese Frage gewartet.
»Das Böse? Das Böse kann nicht sterben. Es schläft nur wieder. Aber an einem anderen Ort. In einer anderen Zeit.«
13. November 2013, Bar Sant’Eustachio, Rom
Seit zwei Wochen sah sie ihn jetzt schon jeden Tag. Jeden Tag zur gleichen Zeit kam er in die kleine Bar zwischen Senat und Pantheon, die inzwischen in fast jedem Reiseführer erwähnt wurde, und trank einen caffè con panna . Immer in Begleitung einer jungen Frau um die zwanzig. Er sah gut aus, sie schätzte ihn auf Mitte vierzig. Sein kurzgeschnittenes, schlohweißes Haar, das in einen ebenso kurzen Vollbart überging, ließen ihn auf den ersten Blick sogar noch älter wirken, aber als sie einmal einen genaueren Blick durch die Spiegel in der Bar riskierte, sah sie, dass er überraschend junge Augen hatte. Jung, aber unendlich traurig. Irgendein großer Kummer belastete ihn, als habe er einen furchtbaren Verlust erlitten.
Dabei lachte er durchaus oft. Sie hatte beobachtet, wie er mit der jungen Frau an seiner Seite scherzte, etwas zu ihr sagte, und wie sie ihm dann lachend kurz auf den Kopf patschte, als habe er sie auf den Arm genommen. Meist kamen sie Hand in Hand in die Bar und verließen sie auch so wieder, als könnten sie nicht voneinander lassen. Sie küssten sich bloß nie.
Sie selbst fand Männer mittleren Alters mit jungen Frauen vor allem lächerlich. Zumindest ärgerlich, denn jedes Mal stellte sie sich die gut aussehenden, klugen und erfolgreichen Mittvierzigerinnen vor, die mit den gemeinsamen Kindern von ihren Männern in der Midlife-Crisis für eine Jüngere sitzen gelassen worden waren. Aber bei diesem Paar war es anders. Sie wirkten viel inniger. Als ob sie sich schon ein Leben lang kennen würden.
Seit zwei Wochen sah sie ihn jeden Tag. Und nicht nur in der Bar, dort hatte sie ihn nur zufällig entdeckt in einer ihrer Mittagspausen. Aufgefallen war ihr der Mann während der Arbeit im Pantheon.
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