Apocalypsis Collector's Pack Deutsch - Webnovel: Apocalypsis Collector's Pack Deutsch
anheben müsse. Um jeden Preis. Den Stein.
»Ich kann … sie nicht lesen. Es sind einfach … alte Pergamente.«
Irgendwo hinter ihm scharrten Schritte über den Steinboden. Dann war Creutzfeldts Stimme wieder ganz nah bei ihm, flüsterte in sein Ohr.
»Aber da liegt noch etwas in der Schachtel. Das, was da geklackert hat. Was ist es? Sagen Sie es mir. Ich nehme es Ihnen auch nicht weg.«
Die Wahrheit war ein blühender Mandelgarten im Februar. Die Wahrheit war Honig, der sich in heißer Milch auflöste. Die Wahrheit war eine Juninacht. Die Wahrheit war ein gewispertes Versprechen.
Was hast du gerade gesagt?
»Sehr gut, Peter. Sie haben dieses blaue Amulett sehr schön beschrieben. Ich sehe es geradezu vor mir. Auch das Zeichen. Ihre Zeichnung ist sehr genau. Sehr gut. Wirklich ein schönes Geschenk. Jetzt laufen Sie wieder hinaus in den Garten. Rasch! Ihre Freunde sind inzwischen angekommen. Alle sitzen schon am Tisch. All ihre Freunde. Der Papst sitzt auch schon da. Neben ihm sitzt Don Luigi. Aber wer sitzt noch mit am Tisch? Wer hält das Amulett jetzt in der Hand?«
Die Lüge war ein Fels, den man nicht heben konnte. Eine Wurzel, die man nicht ziehen konnte. Ein Himmel, den man nicht einreißen konnte. Aber genau darum musste man es versuchen. Immer und immer wieder.
»Niemand.«
»Niemand? Nein, Peter, da sitzt noch jemand, ich sehe es genau. Wer sitzt dort?«
Die Wärme ließ nach. Der Stein wurde etwas leichter.
»Niemand.«
Ein kleiner Stich, dann durchflutete ihn die Wärme jedoch erneut, und der Stein kristallisierte zu einem monströsen Brocken in feuchter Erde aus. Schwer. So unendlich schwer. Immer wieder brach er sich seine dürren Streichholzarme an dem Stein. Immer wieder.
»Wer sitzt da noch, Peter? Es ist ganz leicht.«
»Ellen.«
»Natürlich. Aber Ellen sitzt am anderen Ende des Tisches. Zwischen ihr und Don Luigi sitzt aber noch jemand. Wer ist es?«
Die Lüge war ein wütender Dämon, bereit ihn zu verschlingen. Er war ja schon längst verschlungen.
»Peter? Machen Sie es sich doch nicht so schwer. Wer sitzt da noch? Wer hat das Amulett?«
»Maria.«
LVI
15. Mai 2011, Montpellier
S ei gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsere Wonne und unsere Hoffnung, sei gegrüßt! Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas, zu dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen. Wohlan denn, unsere Fürsprecherin, wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes! O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria.«
Maria beendete den dritten Rosenkranz wie immer mit dem Salva Regina und fühlte sich schon ein bisschen gefestigter und weniger verloren als zuvor. Das Beten der 150 Ave Maria des Rosenkranzes gab ihr Kraft, hielt ihr Ich zusammen und die dunklen Gedanken auf Abstand. Das fast mechanische Beten der Marienpsalter, jedes gefolgt von einem anderen Geheimnis des Glaubens, entrückte sie aus der Welt und umhüllte sie mit einem Schutzmantel gegen Verlorenheit und Einsamkeit. Und selten in ihrem Leben hatte sie sich so verloren und einsam gefühlt wie seit dem Abschied von Peter am vergangen Abend. Eine seltsame Unruhe hatte von ihr Besitz ergriffen, ließ sie nicht schlafen und erschütterte ihre Seele an der feinen Grenze, die zwischen ihren beiden Identitäten verlief: der Ordensschwester Maria und dem Menschen Maria. Einem Wesen aus Blut und Fleisch und unerfüllten Sehnsüchten. Einer Frau, den Gezeiten ihrer Gefühle ebenso ausgesetzt wie jedes andere menschliche Wesen. Doch Gefühle waren eine Sache und Wünsche eine andere, wenn man als Ordensschwester im Glauben lebte. Das Gelübte, das sie einst aus tiefstem Herzen abgelegt hatte, schützte vor den Wünschen des Fleisches und hatte beide Marias zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen. Doch in der letzten Nacht hatte sich zwischen diesen beiden Marias ein Spalt gebildet, ein feiner Haarriss, dem der Duft eines Aftershaves entströmte, die Wärme einer Hand, und aus dem gewisse Wünsche und Bilder sickerten, die sie nicht zulassen durfte. Wenn sie an die vergangene Woche zurückdachte, dann traten ihr all die furchtbaren und rätselhaften Ereignisse wieder vor Augen. Tage voller Tod und drohendem Untergang. Und doch eine der schönsten Wochen ihres Lebens. Maria empfand Scham und Schuld, als sie sich das eingestand.
Wie sehr sie die Tage mit Peter genossen hatte.
Wie frei sie sich gefühlt hatte. Frei und
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