zu anderen. Und der nun gebrochen mit seiner Schwester auf einem Diwan saß und heulte wie ein Kind.
»Nicht weinen, Ursli. Bin doch da!«
»Ich weine gar nicht, meine Sonne. Ich freue mich nur.«
»Warum freust du dich?«
»Weil du so schön bist.«
»Ich bin die Sonne.«
»Ja, das bist du.«
Fünf Minuten. Eine Ewigkeit. Ein Wimpernschlag. Leonie weinte, als zwei Mönche sie wieder fortführten. Es brach ihm das Herz.
»Ursli! Die Männer wollen mir wieder weh tun!«
»Nein, sie werden dir nicht mehr weh tun!«, rief Bühler ihr unter Tränen nach. »Ich verspreche, ich bin bald wieder bei dir, meine Sonne!«
Seth reichte Bühler ein Handy. »Lassen Sie es immer eingeschaltet. Ich werde Sie bald anrufen. Und bedenken Sie, dass ich Sie finden werde, wo auch immer Sie sind. Sie sollten meine Möglichkeiten niemals unterschätzen.«
Bühler versuchte, das Gesicht des Mannes unter der Kapuze zu erkennen, doch Seths Maske ließ nicht mehr erahnen, als dass er ein alter Mann sein musste.
»Ich will regelmäßig mit meiner Schwester sprechen, ob es ihr gut geht, haben Sie verstanden?«
»Sie sind nicht gerade in der Position, um Bedingungen zu stellen, Oberst Bühler.«
»So wird es laufen«, erklärte Bühler. »Und wenn alles vorbei ist, werde ich Sie töten.«
»Sie sollten sich nicht zu viele Illusionen über Ihr eigenes Überleben in dieser Angelegenheit machen, Oberst Bühler.«
LV
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Von:
[email protected] An:
[email protected] 15. Mai 2011 11:04:33 GMT+01:00
Betr.: Status
Meister!
P.A. ist wach und orientiert, Werte stabil. Verhält sich jedoch unkooperativ bei der Frage nach dem Relikt und verweigerte, wie die Überwachungskamera zeigte, nach der Visite die Medikation.
Erbitte weitere Anweisungen.
Im Lichte mit Euch.
Creutzfeldt
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Von:
[email protected] An:
[email protected] 15. Mai 2011 11:32:01 GMT+01:00
Betr.: RE: Status
P.A. ist vorläufig nur einer leichten Behandlung zu unterziehen.
Angelegenheit in P. ist erledigt. Erwarten Sie mein Eintreffen am Abend.
S.
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15. Mai 2011, Ile de Cuivre, Mittelmeer
D er Himmel vor seinem Fenster leuchtete immer noch unerschütterlich freundlich in das kleine Zimmer, als sie ihn abholten. Dr. Creutzfeldt, ebenso unerschütterlich milde wie der Himmel draußen, erschien mit zwei Pflegern in Weiß.
»Bitte stehen Sie auf, Peter.«
Peter rührte sich nicht. »Warum?«
Statt zu antworten ergriffen ihn die beiden kräftigen Pfleger, hoben ihn aus dem Bett und stellten ihn auf die Beine. Peter wehrte sich, doch die Pfleger packten ihn mit eisernen, geübten Griffen.
»Wo bringen Sie mich hin?«
»Zur Behandlung.«
Sofort ergriff ihn die Panik. Mit aller Kraft und Verzweiflung wand er sich in dem Griff der beiden Pfleger.
»Keine Sorge, Peter, es wird nicht wehtun«, erklärte Dr. Creutzfeldt und ging voraus. »Sie machen es sich nur unnötig schwer.«
Sie führten ihn durch den langen, umlaufenden Flur, an den er sich noch erinnerte. Der gleiche Flur, die gleichen Türen.
»Wie viel Uhr ist es?«
Keine Antwort.
»Wie viele Patienten sind sonst noch hier untergebracht?«
»Im Moment nur Sie und Mr. Kelly.«
Sie führten ihn die gleiche Treppe hinab, die er auch am Abend zuvor genommen hatte. Im Erdgeschoss des Gebäudes brachten sie ihn in einen medizinischen Untersuchungsraum mit einem Stuhl in der Mitte. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, drückten ihn die Pfleger in diesen Stuhl und schnallten ihn fest. Dr. Creutzfeldt zog eine Spritze auf.
Die Panik, dass gleich alles vorbei sein würde.
»Bitte nicht!«, keuchte Peter. »Bitte!«
Creutzfeldt näherte sich ihm mit der Spritze. »Nur ein kleiner Pieks, Peter, dann werden Sie sich bedeutend besser fühlen. Entspannen Sie sich.«
Peter starrte auf die Spritze in Creutzfeldts Hand. Der Arzt klopfte ihm ein paar Mal leicht auf den Unterarm, dann setzte er ihm mit einer routinierten Bewegung die Injektion. Peter stöhnte auf und wartete auf die Agonie. Er sah, wie Creutzfeldt die Nadel wieder aus seinem Arm zog und ihm milde zulächelte.
»Wie geht es Ihnen?«
Peter schluckte krampfhaft gegen die Panik an. Etwas Heißes kroch durch seine Venen, breitete sich in ihm aus, kroch lautlos weiter hinauf wie eine Schlange auf Beutesuche und ergriff von seinem ganzen Körper Besitz.
Und dann – dann wurde auf einmal alles ganz leicht. Peter spürte eine angenehme Wärme in seinem Körper. Die Panik und auch das Jucken fielen von ihm ab, wie