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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Graute
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Michaeliten sowie zahlreiche Armatura, Electi und ein Stab ramielitischer Schreiber, die alles Gesprochene minutiös festhielten. Den erhebendsten Anblick jedoch stellte sicherlich die Handvoll Engel dar, die der Ratsversammlung beiwohnte. Keiner der Engel war so alt wie Midael, doch alle hatten ein wichtiges, ehrenvolles Amt inne. Unter ihnen befand sich Auriel, Trägerin der heiligen Michaelis-Lanze und somit oberkommandierender Engel über alle Scharen in Kriegszeiten, Nariel, oberster Urielit im Himmel zu Mont Salvage, der in Begleitung des kommissarischen Abs der Ordensfeste, Miguele y Maro, erschienen war und sicherlich die fundiertesten Hinweise und Berichte über das derzeitige Geschehen in Iberia liefern konnte, sowie weitere hohe Vertreter ihrer Orden.
    Als zu Gemmingen zum wesentlichen Teil ihres Zusammentreffens überging, schenkte Midael ihm wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
    „... daher ist die Ratsversammlung mit wohlwollender Zustimmung Seiner Heiligkeit Pontifex Maximus Petrus Secundus ’ zu dem Schluss gelangt, dass schnelles Handeln vonnöten ist. Eine Generalmobilisierung wird die drohende Gefahr abwenden und den Feind ein für alle Mal besiegen können. Wo wir uns bisher in mühseligen Scharmützeln auslaugten, wird uns nun Gelegenheit gegeben, dem Feind mit geballter Macht zu begegnen, und wir werden ihn ausmerzen, so wie der Herr es uns aufgetragen hat.“
    Stille. Dann verhaltener Beifall, der sich über die Ränge ausbreitete und die Anwesenden von ihren Sitzen aufstehen ließ, um dem Ratsoberhaupt zuzujubeln.
    Doch nicht alle Anwesenden waren mit demselben Feuereifer bei der Sache. Midael blickte in die Runde und sah, dass die Gesandtschaft aus Nürnberg mit versteinerter Miene sitzengeblieben war. Auch zu Gemmingen war die Reaktion der Gabrieliten nicht verborgen geblieben. Der Engel wusste nicht, wie das Ratsoberhaupt diesen Knoten zum Platzen bringen wollte. Er selbst war skeptisch, was zu Gemmingens Ruf zu den Waffen anging.
    Selbst wenn ein Schulterschluss der Orden gelänge, war der Ausgang einer Feldschlacht zwischen den Legionen des Widersachers und der Angelitischen Kirche überaus fragwürdig. So aber, ohne Unterstützung der Gabrieliten und mit einem beleidigten Ab Arbogast in Prag, war es Wahnsinn, in die Schlacht zu ziehen. Darüber hinaus waren Midael die gesamten Umstände dieser plötzlichen Entwicklung noch nicht vollständig klar. Warum zog der Herr der Fliegen seine Armee zusammen, und das ausgerechnet an einem der entlegensten Punkte der Welt? Hatte er Langeweile? War er es leid, ewig auf eine Entscheidung zu warten? Konnte ein Wesen wie er überhaupt Langeweile empfinden? Oder war es vielleicht nur ein geschickter Schachzug? Sie gingen davon aus, dass der Erzfeind all seine Truppen über Cordova zusammenzog. Doch wer konnte das sagen? Niemand kannte die Truppenstärke des Feindes. Was, wenn die Heilige Mutter Kirche ihre Truppen aus allen Teilen der Welt abzog und so dem Feind Tor und Tür öffnete, wie es gerade den Anschein erweckte?
    „Wartet, wartet!“ Zu Gemmingen bedeutete der Versammlung mit ausgestreckten Armen, zur Ruhe zu kommen, dann hob er erneut die Stimme. „Bei aller gebotenen Euphorie über den bevorstehenden Sieg über unseren Erzfeind sei doch auch dem Zweifler gestattet, sich Gehör zu verschaffen. Wie sieht es aus, junger Freund?“ Er deutete mit gönnerhaft ausgestreckter Hand auf Midael. „Wollt Ihr uns nicht vielleicht an den Gedanken teilhaben lassen, die Euch die Stirn in Falten legen?“
    Der Samaelit fühlte sich überrumpelt. Er hatte nicht damit gerechnet, eine Rolle in Johannes zu Gemmingens Plan zu spielen. Er hatte sich als Beobachter gesehen, doch nun gab es kein Zurück mehr, wenn er sich nicht bloßstellen lassen wollte.
    „Nun, Eure Heiligkeit, hochehrwürdige Eminenzen, werte Anwesende. Ich stimme Konsistorialkardinal zu Gemmingen zu, wenn es um die Einschätzung geht, dass schnelles Handeln vonnöten ist. Doch bin ich nicht überzeugt, dass Euer Vorgehen das richtige ist.“ Midael hatte beschlossen, nicht länger um den heißen Brei herumzureden und alles auf eine Karte zu setzen. Ein Raunen durchlief den Saal, und die Augen Kardinal zu Gemmingens verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    „Ach nein?“ Zu Gemmingen setzte ein schiefes Lächeln auf und sah den schwingenlosen Engel beinahe mitleidig an.
    Midael begegnete dem Blick mit ungerührter Miene. „Nein. Uns liegen viel zu wenig Informationen über die

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