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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Graute
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hob Haakon von Melhus das schmale Gitter, das im Boden eingelassen war und als Abfluss diente, aus seiner Verankerung und ließ das Bündel mit seinen Kleidern hineingleiten, bevor er selbst in den engen Schacht stieg. „Du wolltest wissen, warum ich dich persönlich hier heraushole? Ich bin der Einzige, der es kann.“ Mit diesen Worten zwängte sich der Ab durch die Öffnung und verschwand in der darunterliegenden Schwärze.
    Noch einmal blickte Midael in die Richtung, aus der die Stimmen ihrer Verfolger kamen, bevor auch er sich in den Schacht zu quetschen versuchte. Der Samaelit musst sich wenigstens keine Mühe machen, seine Kleidung abzulegen, da er lediglich einen knappen Lendenschurz trug.
    Der Gestank im Inneren des Abflusses raubte Midael fast die Sinne. Nachdem er das kleine Gitter sorgsam wieder an seinen Platz befördert hatte, folgte er seinem Retter mehr schlecht als recht. Der Gang war so eng, dass es unmöglich war, sich ordentlich zu bewegen und mit Händen und Füßen voranzukriechen. Mit winzigen Bewegungen der Ellbogen und Knie kam er Zentimeter um Zentimeter voran. Dank seines jahrelangen Unterrichts in Meditation gelang es dem Samaeliten, den bestialischen Gestank weitestgehend zu verdrängen. Als die Wachen in der Sackgasse ankamen, war er noch nah genug, um ihre Stimmen dumpf über sich zu vernehmen. Er konnte zwar keine Wörter auffangen, aber die Klangfarben der Stimmen sagten ihm, dass sie außer sich waren. Der Gefangene war vor ihren Augen einfach verschwunden, und sie konnten sich keinen Reim darauf machen, wie so etwas möglich war. Midael konnte sich gut in ihre Lage versetzen, auch er hätte nicht geglaubt, dass es möglich wäre, einen solchen Fluchtweg zu beschreiten, wenn sein Freund es ihm nicht eindrucksvoll bewiesen hätte. Das Ächzen und Fluchen Haakons von Melhus indes wurde stetig leiser, da er sich offenbar immer weiter von Midael entfernte, der sich, aus Angst entdeckt zu werden, nicht rühren wollte.
    Erst als kurz darauf die Wachen oberhalb von Midaels Position beschlossen, es sei sinnlos, weiter über das Verschwinden des Flüchtlings nachzudenken und man solle ihn besser an anderer Stelle suchen, konnte der Samaelit endlich seine Reise fortsetzen.
    Wenig später, für die Begriffe des Engels jedoch immer noch viel zu spät, öffnete sich der enge Schacht und mündete in einen halbrunden Tunnel, der zur Hälfte mit Wasser und anderen Dingen gefüllt war, über die der Engel lieber nicht weiter nachdenken wollte. Haakon von Melhus wartete bereits auf Midael und stemmte sich gegen die nicht unbeträchtliche Strömung.
    „Wir müssen in diese Richtung.“ Der Ab wies mit dem Finger entgegen der Strömung in die Dunkelheit, die nur von schmalen Lichtschächten durchbrochen wurde, durch die nicht einmal der Raguelis-Ab hätte kriechen können. Der Samaelit wünschte sich, die Architekten dieses sicherlich beeindruckenden Abwassersystems hätten sich diese bauliche Spielerei gespart und ihm somit den Anblick dessen, in dem er sich bewegte, erspart. Sowohl die Wände als auch der Grund, auf dem sie sich vorarbeiteten, waren schlüpfrig und verlangten die gesamte Konzentration der beiden. Ein falscher Schritt, und sie befanden sich nicht nur vollständig unter der Oberfläche der stinkenden Brühe, sondern außerdem noch auf einer rasanten Fahrt in die entgegengesetzte Richtung zu ihrem eigentlichen Ziel – wo auch immer das sein sollte.
    Nach etwa einer Stunde hatte Midael endlich festen Boden unter seinen völlig verdreckten Füßen, und ihre Flucht bekam eine ganz neue Qualität. Er war froh, dass wenigstens Haakon wusste, wohin die Reise ging. Hätte man ihn gefragt, wären sie in dem Gewirr unterirdischer Stollen, Gänge und Abzweigungen für alle Ewigkeit verloren gewesen. Haakon hatte vorausgedacht und für Licht gesorgt. Es handelte sich um kaltes Licht, kein Feuer. Die zwei Lampen waren etwa so groß wie Hühnereier, ihre Kraft reichte jedoch aus, um ihren Weg komplett auszuleuchten. Die Ragueliten erstaunten Midael immer wieder. Er hatte ähnliche Leuchten schon bei anderen gesehen, selbst aber noch nie eine in Händen gehalten. Ihr ausgedehnter Marsch glich immer mehr einer Zeitreise. Eindrucksvoll erlebte Midael, wie die Ewige Stadt wohl zu ihrem Namen gekommen war. Sie bewegten sich auf den Ruinen längst vergangener Zeitalter, in denen die Flut die Menschen gezwungen hatte, ihre Behausungen zu verlassen und immer weiter ins Landesinnere zu flüchten, um sich

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