Apokalypse auf Cythera
bereits in den Fingern gehalten und von dem Anruf Digen Ancyles abgelenkt worden war.
Sie sagte nachdenklich:
»Ich kenne kaum mehr einen aus dem Team, das diese blendende Idee hatte. Aber wenn ich lange genug über das Programm nachdenke, dann muß ich sagen: ich bewundere die Frauen und Männer. Diese Initialzündung wird als das größte und untypischste Denkmal in der modernen Geschichte der Galaxis wirken. Schiffe und Anlagen, Vorräte und Denkanstöße, der Ort, der Zeitpunkt und die Public-Relations-Arbeit ... alles ist meisterhaft aufeinander und auf eine maximale Wirkung abgestimmt.«
Stapen hatte versucht, zwischen den Worten Informationen zu finden und stimmte zu.
»Das ist eine der Leistungen, die ich ebenfalls uneingeschränkt bewundere!« stellte er fest. »Eine ganz andere Frage: Wie lange wollen Sie segeln?«
»Wir sollten bis zur Dämmerung zurück sein. Haben Sie etwas Dringendes vor?«
»Keineswegs«, sagte Stapen. »Außer, mit Ihnen, sofern möglich, eine Kleinigkeit zu essen.«
»Einverstanden!«
Sie segelten weiter. Der Wind frischte noch etwas mehr auf, und der Katamaran verwandelte sich in ein Rennboot. Im Zickzack fuhren sie auf eine winzige Insel zu, die, wie Stapen beiläufig aus den Kommentaren Iharas erfuhr, vor der Apokalypse die schönste Insel des gesamten Planeten gewesen war. Bedeckt von Gärten und Häusern, von Schwimmbecken und Parks, ausgestattet mit Hafen und Kopterlandeplatz, eine Insel der Schönheit und Beschaulichkeit. Die Explosionen hatten alles Leben auf ihr ausgelöscht und ihre Oberfläche so weit abgeschmolzen, daß nur noch ein Felsbuckel aus den Wellen heraussah, der wie ein auftauchender Wal wirkte. Ein Blinkfeuer stand jetzt darauf.
Sie fuhren einen riesigen Bogen um die Insel, brachten dann einen Treibanker aus und gingen in den Wind. Das Segel killte, flatterte und wurde von Stapen schnell und fachmännisch geborgen.
»Tauchen oder Schwimmen?« fragte er und federte die Bewegungen des Bootes mit den Knien ab. Inzwischen hatte er die Stiefel ausgezogen und verstaut und war barfuß.
»Picknick!« sagte sie in sehr bestimmtem Ton. »Das erste Essen heute. Die Linie, Sie verstehen!«
Er nickte und versprach lachend:
»Ich werde Ihnen helfen, damit es nicht in Völlerei ausartet. Leider kann ich mich an Bord nicht revanchieren.«
»Macht nichts. Genug für uns beide.«
Während das Boot sanft schwankte, zog sie die Tasche aus einem Fach hervor und breitete, so gut es die Umstände zuließen, den Proviant aus. Es war wirklich nicht viel, aber lauter Delikatessen.
Stapen setzte sich neben sie, ließ die Beine ins Wasser baumeln und aß einige der Kleinigkeiten, trank einige Becher Kaffee und zündete schließlich Zigaretten an. Sie machten eine Pause von rund einer halben Stunde.
»Sie wohnen in Proxime Bocca? « erkundigte er sich.
Sie nickte und schnippte einen Olivenkern ins Wasser.
»Ja. Mein Bruder Ree und ich haben ein kleines Ferienapartment gemietet.«
»Und dort halten Sie sich auf. Morgen auch?«
Wieder nickte sie.
»Warum fragen Sie, Stapen?«
»Weil«, führte er aus, »morgen sicher die Gelegenheit, Wasserski zu fahren oder mit einem schnellen Motorboot hier herumzurasen, günstiger ist als heute.«
Sie lächelte ihn voll an.
»Ihre Idee?«
Er sah sich auf der Plattform um und antwortete ironisch:
»Wessen sonst?«
»Eine gute Idee. Ich genieße es richtig, ein paar Tage keinerlei Probleme zu haben außer denen, wie man sich an- und auszuziehen hat.«
Sie packten den wenigen Abfall zusammen und verstauten die Reste des Picknicks wieder. Sie rauchten noch eine Zigarette, dann nickten sie sich mit Verschwörermiene zu und machten sich daran, das Boot wieder in den Wind zu bringen. Erst gegen Abend kamen sie zurück an den langen Kai von Proxime Bocca.
Ihara schüttelte das lange, grüne Haar aus dem Gesicht und sagte:
»Unter Freunden ist ein letzter Drink üblich. Wie wäre es mit einem Sundowner? «
Sie zeigte schräg nach oben. Als Stapen ihrem Zeigefinger mit den Blicken folgte, sah er kein Restaurant, keine Bar, sondern nur eine Reihe schräg ansteigender, an die Felsen gebauter Apartments. Er hatte diese Anlage schon mehrmals gesehen und war überrascht von der antikisierenden Architektur.
»Nur mit einem?« fragte er enttäuscht.
Sie erkannte seine gespielte Enttäuschung und hielt ihm die Tasche hin. Er nahm einen Henkel und dachte sich, daß er eine bessere Tarnung wohl nicht mehr finden konnte. Sie verließen
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