Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
wieder hob sich ein Schwimmer aus dem Wasser, und die Fahrt nahm abermals zu. Stapen hatte von seinen sieben geplanten Schritten bis zum Zeitpunkt des letzten Abends den ersten schon erfolgreich zurückgelegt.
    »Was machen Sie beim Projekt?« erkundigte er sich einige Minuten später beiläufig.
    »Ich bin in der Administration.«
    »Das sagt«, bemerkte er, »selbst einem Eingeweihten alles oder nichts. Vermutlich sind viele in der Administration!«
    »So ist es«, sagte sie.
    Sie lagen beide auf der Luvseite des Gefährts. Der Katamaran bewegte sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit über das Wasser. Die tiefliegenden Flächen des Doppelruders schnitten zischend durch das Wasser. Die Schwimmer, meist nur einer davon, schienen das Wasser nur selten zu berühren. Sie sprangen in flachen Sätzen von Wellenkamm zu Wellenkamm. Der schneidende, warme Wind riß Ihara und Stapen die Worte von den Lippen.
    Stapen saß da, hielt sich an einer Leine fest und glich mit dem Oberkörper die Bewegungen des Bootes aus. Mit unverminderter Fahrt, springend und gleitend, raste das Gefährt mit prallem, spitzem Segel durch die Wellen. Ihara Goyer schien keinerlei Angst zu kennen. Sie saß zurückgelehnt da und genoß den Rausch aus Geschwindigkeit und Gefahr.
    »Das scheint Ihnen Spaß zu machen?« rief Stapen.
    »Und wie! Ihnen nicht?«
    »Natürlich! Ich bemerkte nur, daß Sie den Gesichtsausdruck eines Raubtiers haben!« sagte Stapen laut. »Eines schönen, namenlosen Raubtiers!« setzte er hinzu, denn ihm war eingefallen, daß es auf Cythera keine Raubtiere geben konnte.
    »Danke! So ungefähr fühle ich mich auch!«
    Er sondierte die Lage. Sie war ein ausgesprochen sportlicher, harter Typ. Er würde es mit ihr keineswegs leicht haben. Sein Problem hieß, sich noch, heute eingerechnet, vier Tage lang verborgen zu halten und dann zu starten. Etwas weniger als vier Tage, denn am hundertvierundvierzigsten Abend mußte er sich bereits jenseits von Port Calagrana im Wasser befinden, wenn er nicht sterben wollte. Der heutige Tag schien gesichert zu sein – sie würden sich zum Essen am Abend treffen. Blieben knapp drei Tage. Oder hatte er sich in der Zeitrechnung geirrt? Er verschob das Nachrechnen auf einen ruhigeren Moment, denn das Boot unter ihm vollführte eine Wende und jagte die beiden Menschen auf der Plattform auf die andere Seite hinüber.
    »Ich bin Schiffslogistikerin!« setzte Ihara nach einer Weile, als das Boot wieder mehr oder weniger stabil dahinraste, die Unterhaltung fort. »Mein Bruder und ich bereiten die Schiffe auf den bewußten Tag vor.«
    Neue Fragen tauchten auf. Sie hingen alle mit dem Projekt Langzeitplan zusammen. Die letzte Frage, die Stapen noch zu klären hatte, denn sie ging seine Auftraggeber direkt etwas an.
    Er fragte vorsichtig, um sich auf keinen Fall durch unangebrachte Unkenntnis zu verraten:
    »Die Schiffe oder die Ladung?«
    Dabei grinste er breit, so daß sie nicht sicher sein konnte, wie er es meinte. Er rechnete damit, daß zwar jeder Bewohner dieses Kontinents genau wußte, was dieses Projekt bedeutete, aber mit allen Einzelheiten keineswegs vertraut war.
    »Die Schiffe. Sehen Sie, wir haben genau zweihundertfünfzig Schiffe. Wir brauchen Ersatzteile, Ausrüstungen; die Ausbildung der Mannschaften ist wichtig, und die gesamte technische Logistik. Das alles wuchs mir in den letzten Tagen etwas über den Kopf, und ich mußte einfach aufhören, um nicht durchzudrehen. Das können wir uns nicht leisten, denn schließlich hängt unsere Rache davon ab, wie Sie wissen.«
    Stapen nickte voller Verständnis.
    Zweihundertfünfzig Schiffe. Sie befanden sich an einem Platz, von dem niemand sprach, der in keiner gedruckten oder gesprochenen Information bekannt gegeben wurde. Sicher wußte jeder Bewohner, wo dieser Platz war, aber das durfte er nicht fragen. Mit zweihundertfünfzig Schiffen konnte Cythera einen vernichtenden Angriff gegen Baudelaire fliegen und den Planeten in eine radioaktive Wüste verwandeln, auf der nicht einmal eine Mikrobe überlebte.
    »Macht die Arbeit Spaß?«
    »Natürlich!« versicherte sie und lachte. Ihr Lachen war das eines Menschen, der mit sarkastischer Freude einen Zeitpunkt herbeisehnt oder ihn schon vor Augen hatte, an dem die gesamte Umgebung mit großen Augen auf ihn starren würde. Dieses Lachen paßte nicht zu einem Angriff mit Tod und Strahlen und Vernichtung. Was hatte er davon zu halten? Stapen verdammte den Augenblick, in dem er das betreffende Buch

Weitere Kostenlose Bücher