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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und seinen Bilderbüchern, in denen Elfen als Schmetterlinge dargestellt waren. Mit zarten durchscheinenden Flügeln in langen rosa Gewändern und mit Engelsgesichtern. Himmels-ähnliche Wesen, die von Blüte zu Blüte schwebten, Nektar sammelten und Gutes taten. Irgendwann entdeckte er dann die Schönheit der richtigen Schmetterlinge.
    »Leckerlinge habe ich sie genannt, als ich noch nicht richtig sprechen konnte«, erzählte er Hannah lachend. Das Zusammensein mit ihr konnte so unbeschwert sein. Er berichtete ihr weiter, dass er während eines Sonntagsausflugs mit seinen Eltern und der Schwester ein Schmetterlingshaus besucht hatte, das er absolut faszinierend fand. Da war er elf oder zwölf gewesen. Sehr überrascht war er darüber, wie viele verschiedene Arten es gab. Einer der Falter sah aus wie ein Schachbrett. Und einer wirkte im Ruhezustand wie eine graue uninteressante Motte. Doch als die vermeintliche Motte die Flügel ausbreitete, kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Schmetterling verstecke seine Schönheit absichtlich, um Fressfeinde abzuwehren, hatte ihm ein Bediensteter erklärt, der sich über das Interesse des Jungen freute.
    Je mehr Kilian sich mit der Artenvielfalt der Schmetterlinge beschäftigte, umso mehr faszinierte sie ihn. Auch die verschiedenen Stadien, die sie durchliefen von der Eiablage über die Verpuppung bis hin zum fertigen Imago, forderten immer wieder sein Staunen heraus. Unzählige Filme über dieses Phänomen hatte er sich angesehen. Einige Male konnte er dies miterleben, aber nie in der freien Natur. Das war ihm erstmals hier in den Winninger Weinbergen gelungen, an einem heißen sonnigen Tag. Zusammen mit Hannah hatte er beobachtet, wie sich vor ihren Augen weiße, gefleckte Flügel langsam aus der Puppe schälten und sich aufpumpten. Schließlich flatterte der Falter im Schwebeflug davon. Diese eleganten Flügelschläge. Das wunderschöne Aussehen. Rote, schwarzumrandete Augen auf weißer Seide. Was war ein Mensch gegen einen Schmetterling? Ein ziemlich hässlicher und plumper Genosse.
    Mittlerweile war es Mitte Juli, was bedeutete, dass die Zeit des Apollofalters schon wieder zu Ende ging. Vielleicht sollte er doch noch einmal den Versuch unternehmen, sich an einer Uni zu bewerben. War es ihm nicht gelungen, ein vollkommen neues Leben anzufangen? Vielleicht war es eine Ironie des Schicksals, dass eine Vierzehnjährige ihm dazu verholfen hatte, an eine wie auch immer geartete Zukunft zu glauben, die er längst für sich abgeschrieben hatte. Hannah hatte ihm nicht nur Mut zugesprochen, sein Leben umzukrempeln. Diesem Mädchen hatte er Dinge anvertraut, die er nie vorher mit jemandem geteilt hatte. »Vertrauen ist wichtig, Andi«, hatte sie einmal zu ihm gesagt. Es klang zärtlich, wenn sie ihn bei seinem Kosenamen nannte, den sie ähnlich aussprach wie seine Mutter früher. Bevor sie sich zu ihm niederbeugte, um ihm einen Gute-Nacht-Kuss zu geben.
    »Wir müssen uns aufeinander verlassen können«, hörte er Hannah mit verschwörerischer Miene flüstern. Ihre Geheimnisse waren gegen die seinen kindlich und klein. Aber ihre Enthüllungen hatten dazu geführt, dass er seinem Püppchen nach und nach ebenfalls Dinge anvertraute, die er bisher in den tiefsten Nischen seiner Seele versteckt hatte. Wundersamerweise zeigte sie für alles Verständnis. Sie kannte weder Vorurteile noch strafende Blicke, wenn er seine Fehler und Charakterschwächen vor ihr ausbreitete. »Du bist wie du bist«, hatte sie zu ihm gesagt und dabei die Lippen zu einem Luftkuss gespitzt. »Man muss sich so annehmen wie man ist. Was aber nicht heißt, dass man nicht an sich arbeiten sollte.« Dabei hatte sie ihm spitzbübisch zugezwinkert. Er hatte sich abgewöhnt, sich über solche Erwachsenensätze aus ihrem Mund zu wundern. Sie gehörten zu Hannah wie ihr kindlicher Körper und ihre kleinen süßen Brüstchen.
    An sich arbeiten, was für ein großes Wort für einen harten, langwierigen Prozess. Der bedeutete, dass man einsah, was man für Fehler gemacht hatte. Nicht einfach wegschieben, wie er es gern gehandhabt hatte. Hingucken und Bessermachen, darauf kam es an. Das war es, was intelligente Menschen ausmachen sollte. Wenn da nicht immer das wilde Tier lauern würde. Das sich nicht um noch so kluge Erkenntnisse kümmerte.
    Er stand auf. Seine kleine gescheite Hannah. Sie hatte ja so recht. Nicht nur Schmetterlinge durchlebten Metamorphosen. Auch der Mensch. Die Dinge waren zwar wie sie waren. Die

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