Applaus für eine Leiche
mir bitte nicht böse, Monsieur. Ich hatte da so eine Idee. Heute morgen wurde eine Szene gedreht, bei der Favereau an einem Rosenstrauß geschnuppert hat.“
„Rosen?“ riefen Flic und Doktor wie aus einem Mund.
„Ja, Rosen. Und die sind verschwunden... Jetzt kommen Sie endlich, Covet! Nutzen wir die Ruhepause, die sich der sensible Mörder gönnt, und stecken wir unsere Köpfe in einen Eimer mit Vaseline.“
Mit diesen Worten ließen wir die Beamten stehen.
„Gehen wir wirklich zum Abschminken?“ fragte mich Covet nach ein paar Metern.
„Natürlich nicht. Wir gehen... Hier ist es schon. Das dürfte Sie zumindest beruflich interessieren.“
Ich zeigte auf die Tür einer Garderobe, an der eine Visitenkarte mit dem Namen „Janine Baga“ hing. In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und die Schauspielerin kam heraus. Sie trug einen Hosenanzug und hatte ihre Augen hinter einer dunklen Brille verborgen.
Die Garderobiere folgte ihr, in der Hand ein kleines Köfferchen.
Die beiden Frauen sahen uns überrascht an.
„Einen Moment, bitte“, bat ich den Filmstar. „Weggehen können Sie immer noch. Vorher werden Sie mir ein Interview geben.“
„Aber...“
Ohne auf ihren Protest zu achten, schob ich sie in die Garderobe zurück. Zum ersten Mal hatte ich eine Königin der Leinwand so hautnah vor mir. Ich versuchte mich so ritterlich wie möglich zu verhalten, doch die Wahl meiner Mittel war begrenzt.
Wir gingen alle zusammen in den Raum. Ich drehte den Schlüssel im Schloß herum und steckte ihn ein.
„Und jetzt“, sagte ich in einem Ton, der dem Inhalt angemessen war, „werden Sie mir erzählen, ob Sie Ihren Geliebten umgebracht haben oder nicht.“
* * *
„Wer... Was gibt Ihnen das Recht...“ stammelte Janine Baga.
„Ja, ja, schon gut“, unterbrach ich sie. „Hinsetzen! Alle!“ befahl ich. „Sie auch, Monsieur Covet. Ich habe Sie aus Gründen mitgenommen, die ich Ihnen später auseinanderlegen werde. Aber jetzt nehmen Sie bitte Platz.“
Ich spielte meine Rolle ausgezeichnet. Alle drei gehorchten mir.
„Julien Favereau wurde ermordet“, begann ich. „Die Waffe...“
Es wurde heftig gegen die Tür gehämmert.
„Wer ist da?“
„Öffnen Sie!“ brüllte Kommissar Petit-Martin.
Seine Stimme klang jetzt überhaupt nicht mehr liebenswürdig. Hätte nur noch gefehlt, daß er hinzugefügt hätte: „Im Namen des Gesetzes!“
Ich öffnete.
„Nun?“ lachte der Beamte. „Familienrat?“ Er musterte mich spöttisch. „Haben Sie die Vaseline immer noch nicht gefunden, Monsieur Burma? Freut es Sie nicht, mich zu sehen?“
Ich zuckte die Achseln.
„Ich glaub, ich hab was Besseres gefunden als Vaseline“, antwortete ich. „Allerdings ist es genauso glatt, wenn nicht noch viel glatter. Deshalb wollte ich mich zuerst vergewissern...“
„Natürlich“, höhnte Petit-Martin. „Im Prinzip arbeiten Sie mit mir zusammen, nicht wahr?“
Ich holte meine Pfeife hervor und stopfte sie. „Hiermit erkläre ich meinen Alleingang für beendet“, verkündete ich. „Vielleicht ist es sogar besser, daß Sie hier sind. Das vereinfacht die Sache. Haben Sie Madame Baga bereits verhört?“
„Ich frage mich, warum ich Ihnen antworte... Na ja, egal... Ja, wir hatten eine kurze Unterhaltung. Eine etwas längere wird folgen... wie mit allen, die sich hier im Studio aufhalten.“
„Madame schickte sich gerade an, das Gebäude zu verlassen“, eröffnete ich ihm.
Der Kommissar warf der Schauspielerin einen mißtrauischen Blick zu.
„Ich möchte Sie bitten, Herr Kommissar“, sagte sie, „mich zurückziehen zu dürfen.“
Petit-Martin zögerte. Ich nahm ihm die Entscheidung ab:
„Zuerst hören Sie sich folgendes an: Die Tatwaffe ist der Blumenstrauß, an dem Favereau schnuppern sollte... und auch geschnuppert hat. Die tödlichen Rosen waren einen Moment lang unauffindbar, wurden dann aber gefunden... hier in dieser Garderobe. In Ihrer Garderobe, Madame Baga! Sie hatten Zeit genug, ihn zu... äh... behandeln. Favereau war Ihr Geliebter, hörte aber nicht auf, dem einen oder anderen Rock hinterherzulaufen. Besser gesagt, die Röcke liefen hinter ihm her... Hatte er vielleicht die Absicht, Sie zu verlassen? Skrupellos, wie er war, hielten ihn seine Treuebrüche nicht davon ab, von Ihnen Geld zu nehmen, wenn er’s brauchte. Zwei gute Gründe für Sie, sich ein für allemal von ihm zu befreien. Und wir wissen ja, Madame: Gift ist die Waffe der Frau.“
Ich hatte meine Tirade losgelassen,
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