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Applaus für eine Leiche

Applaus für eine Leiche

Titel: Applaus für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ohne Luft zu holen. Jetzt holte ich das Versäumte nach. Niemand nutzte die Gelegenheit, um meinen Worten zu widersprechen. Mit einer abrupten Bewegung nahm ich der Schauspielerin die dunkle Brille von der Nase.
    „Oh“, sagte ich enttäuscht. „Ihre Augen strafen meine Theorie Lügen. Aber es ist ja Ihr Beruf, Gefühle vorzutäuschen. Sie können sogar auf Kommando weinen, je nach Bedarf. Echte Krokodilstränen...“
    Sie saß steif auf ihrem Stuhl und hüllte sich in Schweigen.
    „Weiß Gott“, mischte sich der Kommissar ein, „ich zolle dem Geschwätz eines Detektivs nur grade soviel Aufmerksamkeit, um nicht unhöflich zu erscheinen; aber dieser Mensch dort beschuldigt Sie eines Verbrechens, Madame Baga! Was haben Sie dazu zu sagen?“
    Ihre geröteten, verschleierten Augen sahen uns an, ohne uns wahrzunehmen. Plötzlich jedoch trat das nackte Entsetzen in ihren Blick.
    „Ich habe Julien nicht getötet“, flüsterte sie, von Schluchzen geschüttelt. „Warum sollte ich so etwas Schreckliches tun? Wir haben doch gerade erst geheiratet.“

Rollenwechsel

    Marc Covet sprang auf und schlug sich mit der rechten Faust in die linke Hand.
    „Wußte ich’s doch!“ rief er aufgeregt.
    Ich drückte ihn wieder auf seinen Stuhl.
    „Sie wissen so einiges“, sagte ich. „Schließlich haben Sie Sensationelles zutage gefördert, während Sie Favereau beschatteten. Deswegen hab ich Ihnen ja auch erlaubt, mir nicht von der Seite zu weichen.“ Covets Augen blitzten belustigt auf.
    „Stimmt genau“, pflichtete er mir bei. „Ich habe einiges rausgekriegt. Hier im Studio wollte ich meinem Verdacht nachgehen. Wenn dieses geheimgehaltene Verhältnis bekanntgeworden wäre, hätte Favereau einen Schlaganfall bekommen!“
    „Mit anderen Worten“, lachte ich, „er konnte seinem Schicksal nicht entgehen.“
    „Auf jeden Fall gibt das einen prima Artikel“, frohlockte der Journalist.
    „Vor allem, wenn seine eigene Frau ihn um die Ecke gebracht hat.“
    „Apropos“, meldete sich Petit-Martin in unangenehm dienstlichem Tonfall zu Wort, „was soll das mit dieser heimlichen Hochzeit, Madame? Man kann wirklich sagen, daß ihr Leute vom Film kompliziert seid... Die Tatsache, daß Sie verheiratet waren, ist kein Argument gegen die Verdächtigungen von Monsieur Burma. Ich würde sogar sagen: ganz im Gegenteil!“
    „Langsam, langsam!“ fuhr Marc Covet dazwischen.
    Er stürzte sich auf die Gelegenheit, die Schauspielerin zu verteidigen. Bestimmt wollte er sich bei ihr einschmeicheln.
    „Solange Sie den Strauß nicht präsentieren und kein Gift daran finden
    Er konnte seinen Satz nicht beenden. Janine Baga war dem Verhör nicht gewachsen. Sie bäumte sich auf, am ganzen Körper zitternd, um dann vom Stuhl auf den Boden zu fallen. Ein Nervenzusammenbruch.
    „Ich hoffe, der Arzt hält sich immer noch im Studio auf“, sagte ich gelassen. „Mal sehen, was er kann... außer Todesursachen festzustellen.“
    Der Gerichtsmediziner konnte noch eine ganze Menge. Er schien seine Arbeit zu lieben. Je mehr zu tun war, desto zufriedener schaute er drein. Und hier hatte er alle Hände voll zu tun. Der angeschossene Requisiteur befand sich bereits auf dem Weg ins Hospital, und der Schießwütige hatte sich wieder erholt. Während der Arzt seine Künste jetzt an Janine Baga ausprobierte, widmete sich Petit-Martin dem Mann mit dem Revolver. Ich leistete ihm Gesellschaft. Marc Covet hatte sich unter irgendeinem Vorwand entfernt. Ich war jedoch sicher, er würde bald wieder zurückkommen, um der Schauspielerin eine Art Interview abzutrotzen, sobald es ihr wieder besser ging. Diese Journalisten kennen einfach kein Schamgefühl!
    Der Kerl, der den Film mit einem Revolver durch unvorhergesehene akustische Effekte belebt hatte, hieß Albert und war der Assistent des glatzköpfigen Requisiteurs. Eher ein Jugendlicher als ein junger Mann, weiß wie ein Bettlaken, so saß er mit leerem Blick auf dem Boden und schimpfte wie ein Rohrspatz. Noch hatte er nicht so ganz begriffen, was passiert war; aber eine unvorstellbare Menge an „verdammter Scheiße“ stand ihm bis zum Hals, und er mußte sich häppchenweise davon befreien. Sein Fluchen nahm kein Ende. Der Kommissar hatte alle Mühe, ihm etwas anderes zu entlocken.
    Endlich gelang es Petit-Martin doch, und der Junge gab uns einen ebenso kurzen wie glaubwürdigen Bericht:
    Die Anwesenheit der Ordnungshüter im Studio hatte den Requisiteur und seinen Gehilfen dazu animiert, in der engen

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