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Applaus für eine Leiche

Applaus für eine Leiche

Titel: Applaus für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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wiederzubekommen. Er nahm’s mit Humor und setzte sich in eine Ecke, neben die Garderobiere. Die beiden gaben ein hübsches Paar ab. Mir gelang es, vor dem Schminktisch Platz zu nehmen, mit dem Rücken zum Spiegel. Auf dem Stuhl hatte das Drehbuch gelegen, in dem ich jetzt blätterte. Sofort stieß ich auf eine interessante Passage. Ich konnte grade mal eine Seite lesen, da begann der Kommissar mit dem Verhör.
    „Und nun, Madame, erzählen Sie mir bitte alles“, sagte er verdächtig sanft.
    Janine Baga war noch sehr blaß, schien sich aber wieder unter Kontrolle zu haben. Ihre Mundwinkel mit den verbitterten Falten zuckten, dann begann sie müde:
    „Ich...“
    Es wurde an die Tür geklopft, und herein kam einer dieser jungen Männer, denen man in allen Studios begegnet, ohne zu wissen, welche Funktion sie eigentlich ausfüllen.
    „Ist der Gerichtsmediziner hier?“ fragte er. „Sie werden am Telefon verlangt, Monsieur. Das Hospital. Sie können das Gespräch im Verwaltungsbüro annehmen.“
    Der Arzt folgte dem jungen Mann, und Kommissar Petit-Martin blickte Janine Baga fragend an. Endlich gab uns die Schauspielerin folgenden Bericht, den sie mehrmals unterbrach, um ihre Unschuld zu beteuern:
    Favereau und sie hatten vor einigen Monaten geheiratet. Sie liebte ihn sehr und hoffte, ihn durch diese Heirat an sich binden und seinen Eskapaden ein Ende bereiten zu können. Favereau hatte nur unter der Bedingung eingewilligt, daß die Hochzeit eine gewisse Zeitlang geheimgehalten würde. Auch wollte er nicht sofort einen gemeinsamen Hausstand gründen. Sie hatte alles akzeptiert, denn sie liebte ihn, wie gesagt, heiß und innig. Favereau mußte sie wohl für ziemlich blöd gehalten und nach Kräften ausgenutzt haben.
    Dem Kommissar war anscheinend ein ähnlicher Gedanke gekommen. Er fragte die Schauspielerin: „Hat er Ihnen Geld abgeknöpft?“
    „Ein Ehemann knöpft seiner Ehefrau kein Geld ab“, antwortete sie und lächelte traurig.
    „Aber Sie haben ihm welches gegeben, nicht wahr?“
    „Ich... Ich habe ihm nur selten meine Hilfe verweigert.“
    „Hat er ein aufwendiges Leben geführt?“
    „Ich glaube, er hat gespielt.“
    „Sie haben ihm nur selten Ihre Hilfe verweigert, sagten Sie. Heißt das, daß Sie manchmal...“
    „Ja, in letzter Zeit habe ich mich geweigert. Aber...“ Sie blickte nervös in die Runde. „Warum hätte ich ihn... Großer Gott, wie können Sie etwas so Abscheuliches annehmen?“
    „Da ist dieser Blumenstrauß...“
    „Da ist auch dieser Drohbrief“, warf ich ein. „Der paßt nicht zu...“
    „Der paßt hervorragend zu jemandem, der beim Film oder beim Theater arbeitet, Monsieur Burma“, fiel mir Petit-Martin ins Wort. „Und was den Blumenstrauß angeht...“
    „Das war meine Schuld“, jammerte die Garderobiere. „Ich hätte die Rosen nicht hierher bringen dürfen.“
    „Ja, und warum haben Sie sie hierher gebracht?“
    „Madame war ein wenig traurig, und da habe ich gedacht...“
    Die Tür öffnete sich, und der Arzt trat ein.
    „Ich werde im Hospital gebraucht“, sagte er. „Ich hoffe, Sie kommen hier ohne meine Hilfe aus.“
    „Was ist denn passiert?“ wollte der Kommissar wissen.
    „Keine Ahnung. Ihr Untergebener, der mich angerufen hat, konnte es mir nicht erklären. Anscheinend haben die Assistenzärzte etwas Merkwürdiges festgestellt.“
    „Na schön. Halten Sie mich auf dem laufenden. Vielleicht hilft uns das Merkwürdige ja weiter...“
    „Bis gleich.“
    Der Gerichtsmediziner ging hinaus. Petit-Martin wandte sich wieder der Garderobiere zu.
    „Madame war traurig, sagten Sie?“
    „Ja, und da habe ich gedacht, die Rosen würden sie ein wenig aufheitern. Ich hatte keine Zeit, um selbst welche zu besorgen, und es war niemand da, den ich hätte schicken können. Der Strauß konnte genausogut hier stehen, bis er für die Szene gebraucht würde.“
    „Warum waren Sie traurig, Madame?“
    „Ich weiß es nicht. Das kommt manchmal, einfach so... Ich... Ich glaube, das Leben, das wir führten, wurde mir unerträglich. Verheiratet, und trotzdem...“
    Kommissar Petit-Martin stürzte sich gierig auf das Adjektiv.
    „Unerträglich, sagten Sie?“ rief er lauernd.
    Ich bremste seine Begeisterung:
    „Warten Sie, bis sich der Blumenstrauß gefunden hat!“
    „Den werden wir nicht finden“, erwiderte er. „Sie selbst haben das behauptet. Auch wenn ich auf die Worte eines Privatdetektivs nicht viel gebe, so glaube ich doch, daß in diesem Fall etwas dran ist.

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