Apple - Die Geburt eines Kults
saß um einen großen L-förmigen Tisch herum, trank Kaffee aus Porzellantassen und sah zu, wie eine weiße Leinwand von der Decke heruntergelassen wurde. Sie hätten die Vorstellung eines Innenarchitekten von der Hollywood-Garderobe eines Filmstars bevölkern können, der zufällig ein Computer war. Die Tischplatte ruhte auf zylindrischen Aluminiumbeinen und Farnkraut in Blumentöpfen sprenkelte den violetten Teppich mit dreieckigen Schatten. An der Wand hingen gerahmte Skizzen und oben liefen Spiegel, die aussahen wie moderner Brokat, rund um die Wände. Daniel Lewin, ein Marketingmanager von Apple mit glattem, eckigen Kiefer, sauber gebundener Krawatte und frisch gebügeltem blauen Hemd, ließ die Leinwand herunter. Er drückte auf einen verborgenen Knopf, und ein paar kastanienbraune Türflügel, die entlang von zwei Wänden des sechseckigen Raums verliefen, surrten zur Seite. Punktstrahler leuchteten über die Lehnen einiger Stühle hinweg auf zwei ebene Verkaufstische, auf denen sechs Lisa-Computer standen.
Lewin spielte schon seit Monaten den Unternehmensbesichtigungsführer und hatte ähnliche Gruppen von Dutzenden von Großunternehmen durch das gleiche Zimmer und durch das gleiche Drehbuch und die gleiche Besichtigungstour gescheucht. Zwar ahmte Apple die Filmindustrie nach und bezeichnete diese ganztägigen Sitzungen als „Sneak Previews“, aber sie waren genauso sorgfältig geplant wie Storyboards. Sie sollten Besucher von Fortune-500-Unternehmen dazu bringen, Dutzende von Lisa-Computern zu bestellen, und sie sollten den Verdacht im Keim ersticken, Apple sei ein windiges Unternehmen, das nicht in der Lage war, zu liefern, was es zu verkaufen hoffte. Die meisten Besuchergruppen waren eine Mischung aus langjährigen Managern von Computerabteilungen mit professionellem Misstrauen gegen Desktop-Computer und Amateuren gewesen, deren Computerleidenschaft sich an den kleineren Geräten entzündet hatte. Alle Besucher des Vorführraums unterzeichneten Formulare, die sie zur Geheimhaltung verpflichteten, aber Lewin gab gern zu: „Bis wir Lisa einführen, haben alle wichtigen Leute ihn schon gesehen.“
Knackig ließ Lewin eine Serie von Zahlen vom Stapel, die klangen wie die offiziellen Eröffnungsabsätze eines Jahresberichts. Er erzählte der Gruppe, dass Apple alle 30 Sekunden einen Apple II und alle 18 Sekunden ein Diskettenlaufwerk herstellte. Er erläuterte einen Managementchart und merkte dazu an: „Wir entwickeln uns zu einer eher traditionellen Organisation.“ Er gab zu, dass einige Details über Lisa an die Presse durchgesickert waren, doch er sagte, dies gehöre zur Unternehmensstrategie. „Apple“, so Lewin, „hat die Presse sehr gut im Griff. Aber bevor Sie gesehen haben, was wir gemacht haben, bezweifle ich, ob Sie das begreifen können. Kein anderes Unternehmen wäre bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen. Die meisten Unternehmen sind daran interessiert, große Computer herzustellen.“ Lewin erklärte, dass das Fundament für das Konzept des Lisa nicht bei Apple gelegt worden war, sondern Mitte und Ende der 1970er-Jahre bei der Xerox Corporation. „Wir haben diese Ideen genommen“, sagte Lewin mit dem Stolz eines autorisierten Auspuffhändlers, „und haben sie verinnerlicht. Wir haben sie Apple-isiert.“
Als Lewin mit seinen Vorbemerkungen fertig war, stellte er Burt Cummings vor, einen Ingenieur mit rundem Gesicht und Locken. Cummings setzte sich an einen Lisa, dessen Bildschirm auf zwei Fernsehmonitoren an der Wand vergrößert dargestellt wurde. Er begann sofort mit technischen Einzelheiten. „Warum nennen Sie ihn Lisa?“, unterbrach ihn einer der Leute von der Crocker Bank.
„Das weiß ich nicht“, sagte Cummings schulterzuckend. „Da gibt es eigentlich keine großartigen Gründe.“ Er setzte die Vorführung fort und plötzlich wurde der Bildschirm zu einem chaotischen Buchstabensalat. Peinlich berührt sah sich Cummings die Bescherung an und sagte hastig: „Manchmal stürzt er ab. Die Software ist sechs Monate alt.“
Cummings tippte ein paar Befehle in den Computer, die auch tatsächlich wirkten, und machte mit seiner Vorführung weiter. Er ließ eine Reihe verschiedener Bilder am Bildschirm aufblitzen. „Ist das alles vorgespeichert? “, fragte Kurt Schweer, ein weiterer Besucher von Crocker. „Sie kennen den Xerox Star“, sagte Lewin. „Deswegen meinen Sie, das wäre vorgespeichert. Das hier ist unglaublich schnell. Darauf sind unsere Ingenieure
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