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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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70er war Reed ein Campus für Einzelgänger und Freaks.“ Aber Jobs gelang es sogar, sich von diesem farbenfrohen Hintergrund abzuheben, und in dem Heft mit Erstsemester-Porträts, das an die Neuankömmlinge verteilt wurde, fehlte sein Bild. Zu den Erstsemestern zählte auch Daniel Kottke. Kottke war ein knochiger, bärtiger Teenager mit sanfter Stimme und weichem braunen Haar. Er war in einer wohlhabenden New Yorker Vorstadt aufgewachsen, hatte ein National Merit Scholarship erhalten und war nach Reed gekommen, nachdem Harvard ihn abgelehnt hatte. Er war still, ein wenig lethargisch, verachtete materielle Besitztümer und spielte gern Klavier. Nach einigen Monaten betrachtete er Jobs als engsten männlichen Gefährten. „Anscheinend hatte er sonst nicht viele Freunde.“
    Ein anderer von Jobs’ Freunden war einer der auffälligsten Studenten auf dem Campus. Robert Friedland, der mehrere Jahre älter war als Jobs, stolzierte in indianischen Gewändern über den Campus und kandidierte als Studentensprecher. Sein Wahlkampfthema war ganz schlicht. Er bewarb sich um den Posten, um das Stigma einer zweijährigen Gefängnisstrafe loszuwerden, zu der er wegen des damals größten LSD-Falls östlich des Mississippi verurteilt worden war. Friedland, der ein gewandtes, loses Mundwerk hatte, hatte sich gegen die Entschlossenheit der Nixon-Administration aufgelehnt, LSD von amerikanischem Boden zu tilgen, und er hatte den Fehler begangen, dem Richter bei der Verhandlung zu raten, er solle das Urteil nicht fällen, ohne die Droge probiert zu haben. Der Richter entschied, dass er für die Bestimmung des Strafmaßes keine Bewusstseinserweiterung benötigte, und verpasste Friedland eine zweijährige Gefängnisstrafe für die Herstellung und den Vertrieb von 30.000 LSD-Pillen. Irgendwann wurde Friedland auf Bewährung entlassen und schrieb sich in Reed ein.
    Jobs, der gerade versuchte, sich durch den Verkauf seiner elektrischen IBM-Schreibmaschine etwas Geld zu beschaffen, lernte Friedland unter ziemlich peinlichen Umständen kennen: Er kam mit seiner Schreibmaschine in Friedlands Zimmer und merkte dann, dass der Hauptbewohner gerade mit seiner Freundin schlief. Friedland ließ sich davon nicht irritieren und forderte Jobs auf, sich hinzusetzen und zu warten. Jobs setzte sich hin und schaute zu. „Der war kein bisschen befangen. Ich dachte, das ist ja abgefahren. Meine Mutter und mein Vater würden das nie tun.“
    Friedland wurde schnell zu einer wichtigen Figur für Jobs, zu einem Mentor und zum Ersatz für einen älteren Bruder. „Robert war die erste Person, die ich kennenlernte, die wirklich fest davon überzeugt war, dass das Phänomen der Erleuchtung existiert. Ich war davon sehr beeindruckt und es machte mich sehr neugierig.“ Friedland erinnert sich seinerseits, dass Jobs einer der jüngsten Studenten in Reed war. „Er ging immer barfuß. Er gehörte zu den Freaks auf dem Campus. Was mich an ihm frappierte, war seine Intensität. Alles, wofür er sich interessierte, trieb er normalerweise bis zu einem irrationalen Extrem. Er war kein Blender. Zu seinen Spezialitäten gehörte es, die Person anzustarren, mit der er sprach. Er schaute ihr unverwandt in die Augen, stellte eine Frage und wollte eine Antwort haben, ohne dass die andere Person ihre Augen abwendete.“
    Sein Sinn für Romantik veranlasste Jobs, bei einem Tanzkurs mitzumachen, weil er wie so viele andere College-Studenten hoffte, dort würde er wahre Liebe finden. Stattdessen merkte er langsam, dass seine Auffassungen von Bildung trotz der Anziehungskraft des Balletts nicht mit einem Curriculum übereinstimmten, das im ersten Semester große Dosen der „Ilias“ und „Der Peloponnesische Krieg“ vorsah. Bis Ende 1972 hatte Jobs eine Menge anderer Beschäftigungen entdeckt. Es gab die emotionalen Seiten des College-Lebens – zum Beispiel den Fall, in dem er einen Kumpel, der einen Selbstmordversuch begangen hatte, eiligst ins Krankenhaus brachte, die verblüffenden, unvorhersehbaren Geschmäcker von Frauen und den Druck von Seiten seiner Eltern, die bei dem Gedanken schauderten, dass sie ein Lotterleben finanzierten. Die akademische Arbeit litt darunter, und am Ende des ersten Semesters stieg er nicht körperlich, aber doch geistig aus. Während der folgenden sechs Monate blieb er im Wohnheim und schlurfte durch die Zimmer, die andere Unzufriedene hinterlassen hatten.
    In Reed hatte sich das Interesse an politischem Aktivismus, das für die Endsechziger

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