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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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gewaltig,
gesalbt, ebenholzschwarz, entblößt bis zur Taille, wie er ein unbestimmbares
Stück Fleisch auf einem Bratspieß drehte. Die Finger, die Appleby an seinem
Rückgrat spürte, faßten zu wie ein Schraubstock; seine Augäpfel rührten sich
nicht mehr, gebannt von dem Anblick; seine Erinnerung setzte ein …
    Und dann wandte er unter Schmerzen den Kopf und erblickte Mrs.   Kittery, wie sie friedlich, das Bild einer Tahiterin, auf der anderen Seite des
Feuers saß.
    Unumunu wandte sich um, seine Muskeln fern wie der Kongo, und er
sprach mit einer Stimme so vertraut wie Isis oder die Cam. »Geht es besser,
Appleby, mein Lieber? Der Mast hat uns anscheinend beide erwischt.«
    »Es war entsetzlich«, bestätigte Mrs.   Kittery, begeistert und mit
großen Augen. »Mr.   Hoppo hat darauf bestanden, daß er Ihnen die letzte Ölung
verabreicht.« Sie hatte einen Flaschenkürbis im Schoß und schlürfte durch ein
Schilfrohr eine hinreichend süße Flüssigkeit.
    »Die letzte Ölung?« Appleby rappelte sich auf. »Wo sind wir hier?«
    Unumunus Zähne blitzten. »Nicht im Paradies – es sei denn in einem
irdischen. Wir sind auf einer tropischen Insel, wie man sie aus Liedern kennt.«
    »Es gibt Süßkartoffeln«, hauchte Mrs.   Kittery, »und Kokosnüsse, und
man kann sich eine Bambushütte bauen. Man kann – man braucht nichts weiter als
einen Sarong.«
    »Nehmen Sie ein Stück gebratene Sumpfschildkröte.«
    »Man kann sich mit Kokosnußöl einreiben und rundum braun werden.«
    Appleby widmete sich vorsichtig der Schildkröte, und eine Weile ging
er ganz in einem geradezu übernatürlichen Bewußtsein seiner Nahrungsaufnahme
auf. Er kam sich vor wie ein Hysteriker, der in das Innere seiner eigenen Seele
blickt. »Sind wir die einzigen Überlebenden?« fragte er nach einer Weile.
    »Oh nein!« Mrs.   Kittery war ein wenig schockiert. »Miss Curricle ist
natürlich noch da. Sie ist baden gegangen, auf der anderen Seite der
Landzunge.«
    »Und Glover und Hoppo machen einen Ausflug«, fügte Unumunu hinzu.
»Anscheinend neigt der Colonel zum Anglo-Katholizismus, und Hoppo argumentiert
momentan im Sinne der Low Church. Pragmatisch gesehen sind sie auf der Suche
nach Eiern.«
    »Für das Abendessen«, erklärte Mrs.   Kittery. »Der Colonel sagt,
jetzt wo wir uns hier niederlassen, können wir auch um acht Uhr zu Abend essen.
Das« – sie wies auf die Schilkdkröte – »gehört noch zum Mittagessen. Und das
hier« – sie hielt den Kürbis in die Höhe – »ist unser Tee.« Sie nahm noch einen
Zug.
    Appleby spürte, wie ihm wieder benommener zumute wurde. Es war nicht
leicht, das alles zu verarbeiten. »Das heißt, die Insel ist unbewohnt?« fragte
er.
    Unumunu nickte bedauernd. »Es sieht ganz danach aus. Obwohl wir noch
nicht alles erkundet haben. Was wäre das für eine Chance für Feldstudien! Malen
Sie es sich aus, wir hätten auf ein Matriarchat stoßen können oder eine
unbekannte Stammesordnung! Die Guggenberg-Stiftung …«
    Die Schildkröte war vertilgt; Appleby schloß die Augen, und mit
ihnen schloß er auch seine Ohren. Als er erwachte, waren seine Gefährten
verschwunden und nur die Asche des Feuers bestätigte ihm, daß er nicht geträumt
hatte. Vielleicht rieb Mrs.   Kittery sich eben mit Kokosnußöl ein; vielleicht
suchte Unumunu den Strand ab, weil er die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte,
daß er doch noch die Fußspuren seines eigenen Freitags finden würde. Er
rappelte sich auf und stellte fest, daß seine Beine nicht so schwach waren, wie
er gedacht hatte; er ging ein wenig spazieren und erkundete seine Umgebung.
    Über mangelnde Exotik konnte man sich nicht beklagen; er stand,
hinter sich den subtropischen Dschungel, an einer halbmondförmigen Bucht mit
ruhiger See und einem Riff weiter draußen. Daß es hier Süßkartoffeln gab,
konnte er sich vorstellen. Vielleicht gab es auch Mammeiäpfel und Mangostine
und Weinpalmen. Aber im Vergleich zur Absurdität der schwimmenden Sonnendeckbar
war es ein wunderbar alltäglicher Ort. Zwar ging Appleby jeder Sinn für
Südseeidylle ab – oder das Talent, sie zu genießen –, aber er blickte sich doch
mit einer gewissen Anerkennung um. Wie Mrs.   Kittery schon gesagt hatte, gab es
Bambus, aus dem man eine Hütte bauen konnte. Es gab Schildkröten und Obst und – allem Anschein nach – Süßwasser. Sie hatten Feuer. Sie waren nicht zur
Regenzeit angelangt. Das einzige, was ihnen gefährlich werden konnte, waren
Unfall, Krankheit und sie

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