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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Preußen verlassen und mein Studium an einer anderen Universität fortsetzen müssen. Doch das soll Sie nicht bekümmern. Ich bin Ihnen in jedem Fall sehr dankbar, dass Sie mich aus den Fängen der Gendarmen gerettet haben.«
    »Sie sollten die Sache nicht ganz so dramatisch sehen, Herr Hilgemann. Wir haben damit überhaupt nichts zu tun. Sollten die Gendarmen uns befragen, so sind Sie unaufgefordert in unseren Wagen eingedrungen und haben uns bedroht, so dass wir zwei wehrlose Wesen nicht anders konnten, als Sie gewähren zu lassen«, erklärte Lore mit einem spöttischen Funkeln in den Augen.
    »Wenn Sie das tun, meine Dame, machen Sie aus den zwei Jahren, die ich im Gefängnis sitzen würde, zwanzig«, antwortete Hilgemann bestürzt.
    »Die würden Ihnen auch zustehen!« Noch immer verärgert blickte Caroline sich um, ob sie irgendwo einen Gendarmen entdeckte, den sie auf ihren unerwünschten Passagier aufmerksam machen konnte.
    Lore hob begütigend die Hand. »Meine Liebe, nachdem der Herr sich so artig vorgestellt hat, sollten wir ihm die Gefälligkeit erweisen, ihn ein Stück weit mitzunehmen. Danach kann er seiner Wege gehen.«
    »Ich danke Ihnen, meine Dame!« Gregor neigte den Kopf in Lores Richtung. Dabei verglich er die beiden Frauen miteinander. Beide waren kaum über fünfundzwanzig Jahre alt, eher noch jünger, und doch glaubte er große Unterschiede wahrzunehmen. Auf jeden Fall war ihm die besser Gekleidete freundlicher gesinnt als ihre Gefährtin. Auch hatte sie äußerst anziehende Gesichtszüge und eine ausgezeichnete Figur. Dazu strahlte sie eine Souveränität aus, die der anderen Frau fehlte.
    Die zweite war nicht hässlich, doch der bittere Zug um die Lippen und der ängstliche Blick verrieten zusammen mit dem unmodischen Kleid, dass sie nicht gerade in besten Verhältnissen lebte. Doch als er sich unwillkürlich fragte, welcher er selbst den Vorzug geben würde, wandten sich seine Augen der ärmlicher Gekleideten zu. Deren schöne Freundin wirkte für seinen Geschmack viel zu selbstbewusst und schien ihn nicht richtig ernst zu nehmen.
    Da die hübschere Dame ihm jedoch aus einer schlimmen Patsche geholfen hatte, trug er ihr dies nicht nach, sondern plauderte in den nächsten Minuten mit ihr und vermochte ihr dabei die Vorzüge Berlins mit dem Brandenburger Tor und den prachtvollen Bauten besser zu erklären als der Kutscher.
    »Da Sie sich so gut auskennen, Herr Hilgemann, können Sie uns sicher auch ein gutes Café raten, das für Damen geeignet ist.« Lore sah ihn fragend an.
    »Es gibt Unter den Linden etliche gute Cafés, doch würde ich den Damen das Café Bauer an der Einmündung der Friedrichstraße besonders empfehlen. In die Friedrichstraße selbst sollten Sie jedoch nicht fahren. Der Berliner Volksmund nennt sie nicht zu Unrecht die Saufstraße. Ich glaube nicht, dass Sie betrunkene Männer und – wie ich leider sagen muss – auch schon am hellen Tag umhertaumelnde Frauen sehen wollen.«
    »Das muss ich wirklich nicht«, erklärte Lore und rief dann dem Droschkenkutscher zu, zum Café Bauer zu fahren.
    Der gute Mann war über den frechen Burschen, der sich in seinem Wagen breitgemacht hatte, vergrätzt und begann, seinen Passagieren lang und breit zu erzählen, wie wenig er von Leuten hielt, die die öffentliche Ordnung in seiner Heimatstadt störten. Gregor Hilgemann fürchtete, der Mann könne ihn deshalb verraten, und machte sich bereit, aus dem Wagen zu springen.
    Lore, die mehr Menschenkenntnis besaß als er, begriff jedoch, dass es dem Droschkenkutscher nur auf ein gutes Trinkgeld ankam, und beschloss, ihn zufriedenzustellen.
    Vor dem Café Bauer angekommen, verabschiedete Gregor Hilgemann sich von Lore und Caroline und tauchte rasch in der flanierenden Menge unter. Lore blickte ihm nach und schüttelte dann den Kopf. »Ein seltsamer, aber durchaus höflicher junger Mann, finden Sie nicht auch, meine Liebe?«
    Caroline stieß einen verächtlichen Laut aus. »Seine Höflichkeit war mehr der Not geschuldet. Was soll man von einem Mann, der den Gendarmen entsprungen ist, auch anderes erwarten?«
    »Genau das sage ich auch, Fräuleinchen«, mischte sich der Droschkenkutscher ein. »So einen Lümmel sollte man bei der Polizeiwache anzeigen. Die Schutzleute wüssten schon, was sie mit ihm anstellen sollen. Aber wir kennen nur einen Namen, der genauso gut falsch sein kann, und haben nicht die geringste Ahnung, wo der Kerl zu finden ist. Also sollten wir ihn schnell vergessen. Und

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