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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Dame das für ihn übernehmen würde. Die ausgelegte Summe würde er ihr erstatten, damit sie ihn nicht für einen lockeren Vogel hielt.

XIV.
    C aroline hätte ihrer Begleiterin am liebsten Vorwürfe gemacht, sagte sich dann aber, dass ihr dies nicht zustand. Immerhin schenkte Lore ihr die Freundschaft, obwohl sie das wirklich nicht nötig gehabt hätte. Bei dem Gedanken erinnerte Caroline sich daran, dass sie ebenfalls in ihrer prekären Lage um Hilfe hatte bitten müssen, genau wie dieser aufdringliche Student. Auch verstieß sie gegen alle gesellschaftlichen Konventionen, indem sie für eine bürgerliche Schneiderin nähte.
    Nun schämte sie sich wegen ihrer harschen Worte über den Studiosus. Genauso könnte eine Dame von Stand auch über sie sprechen. Daher legte sie die Hand auf Lores Arm und blickte sie ängstlich an. »Verzeihen Sie mir, Frau von Trettin. Ich wollte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten.«
    »Wie? Bei was?« Lores Gedanken weilten ganz woanders, und es dauerte einige Sekunden, bis sie sich ihrer Begleiterin wieder bewusst wurde.
    »Ich hätte Herrn Hilgemann in Ihrer Gegenwart nicht beleidigen dürfen!«, bekannte Caroline.
    »Sie haben nur Ihre ehrliche Meinung geäußert. Im Grunde ist es ungezogen, wenn ein Herr zwei ihm völlig fremde Damen bittet, ihm auf diese Weise beizustehen. Da haben Sie vollkommen recht gehabt. Ich will es ihm aber nachsehen, denn Studenten neigen nun einmal zu wilden Scherzen. Sie deswegen von der Universität zu verweisen oder gar wegen Aufruhrs einzusperren ist in meinen Augen eine zu drastische Strafe.«
    »Das stimmt wohl, Frau von Trettin, zumal Herr Hilgemann wirklich nicht den Eindruck eines Aufrührers macht. Ich bin nun doch froh, dass Sie ihm helfen wollen. Bitten Sie ihn, wenn Sie ihn sehen, in meinem Namen um Entschuldigung. Ich habe es nicht böse gemeint. Ich war nur über sein plötzliches Erscheinen erschrocken!«
    »Das werde ich tun«, versprach Lore. »Doch nun sollten wir bezahlen, damit ich rechtzeitig zu dem Treffpunkt komme, den ich mit Herrn Hilgemann vereinbart habe. In Berlin herrscht weitaus mehr Verkehr als in Bremen, und fliegen kann eine Droschke nicht.«
    »Eine fliegende Droschke! Auf welche Ideen Sie nur kommen.« Während Caroline noch lächelnd den Kopf schüttelte, winkte Lore den Kellner heran, um zu zahlen. Als ihre Begleiterin ebenfalls das Portemonnaie zücken wollte, hob sie lächelnd die Hand. »Sie sind eingeladen, meine Liebe!«
    »Danke!« Obwohl Caroline froh war, das Geld für ihre Mutter sparen zu können, schämte sie sich und beschloss, sich mit feinen Näharbeiten zu revanchieren.
    »Kommt der Herr noch einmal zurück?«, fragte der Mann.
    »Welcher Herr? Ach so, Sie meinen den jungen Mann, der vorhin hier war. Ich fürchte, ich werde den Kaffee und den Kuchen für ihn bezahlen müssen. Die jungen Herren sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren!«
    Während Lore dem Mann ein weiteres Markstück reichte, musste ihre Begleiterin kichern. »Liebe Frau von Trettin, Sie haben sich eben so angehört wie eine bereits etwas betagte Dame, die den Kavalieren ihrer Jugendtage nachtrauert. Dabei sind Sie sogar noch ein paar Monate jünger als ich.«
    Lore lächelte nur. Ihr war in ihrem bisherigen Leben mehr widerfahren, als Caroline je erleben würde. Da war es kein Wunder, dass sie sich trotz ihrer einundzwanzig Jahre so erfahren fühlte wie eine doppelt so alte Person.
    »Es schien mir das Beste, so zu tun, als würde ich der Sache keinen Wert beimessen. Der Kellner hätte sonst misstrauisch werden können, und das wollen wir doch beide nicht. Aber nun lassen Sie uns eine Droschke besorgen.« Mit diesen Worten trat Lore auf den Schutzmann zu, der noch immer die Passanten beobachtete, die Unter den Linden flanierten.
    »Guter Mann, rufen Sie uns eine Droschke!« Ein dezent gereichtes Geldstück minderte die im hochmütigen Ton gesprochenen Worte.
    Der Schutzmann nickte und hielt den ersten Droschkenkutscher an, der vorbeikam. »He, du da, die Damen brauchen einen Wagen!«, rief er in harschem Tonfall. Da die Droschke leer war, wartete der Kutscher, bis der Schutzmann den Schlag geöffnet hatte, damit Lore und Caroline einsteigen konnten.
    »Wohin soll ich die Damen bringen?«, fragte er.
    »Zum Belle-Alliance-Platz«, wies Lore ihn an, obwohl der Platz in einer ganz anderen Richtung lag als die Turmstraße in Moabit. Sie wollte den Schutzmann irreführen, damit er, wenn er erfuhr, dass sie mit Gregor Hilgemann

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