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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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wenn ich jetzt in Erinnerung bringen dürfte, dass der Droschkenlohn noch zu bezahlen ist!«
    »Um den wir Sie gewiss nicht prellen werden«, rief Lore lachend und reichte ihm ein paar Münzen.
    Der Kutscher zählte sie rasch und grinste. »Was soll ich der gnädigen Frau zurückgeben?«, fragte er, während er das Geld einsteckte.
    »Der Rest ist für Sie. Haben Sie vielen Dank!« Damit drehte Lore dem Mann den Rücken zu und forderte Caroline auf, mit ihr ins Café zu kommen.

XIII.
    E ine heiße Schokolade und ein Stück Kuchen, das unter der Sahne fast begraben lag, ließen Lore und Caroline den Zwischenfall mit Gregor Hilgemann rasch vergessen. Während sie schlemmten, beobachteten sie die Passanten, die auf dem Trottoir flanierten, und wetzten ihre Zungen an manch modischer Verirrung.
    »Diese Frau dort mit dem ausladenden Kleid gleicht eher einer Ente«, spottete Caroline, die glatte, schlichte Formen bevorzugte.
    Als hätte die Frau sie gehört, blieb sie stehen und blickte durch das Fenster ins Innere des Cafés. Caroline schrumpfte förmlich, während Lore ein unbeteiligtes Gesicht machte und die Fremde dabei aus den Augenwinkeln beobachtete. Deren Aufmerksamkeit galt jedoch nicht ihnen, sondern der prangenden Dekoration, mit der die Besitzer ihr Café ausgestattet hatten. Für ein paar Augenblicke sah es so aus, als wolle die Frau ebenfalls eintreten. Dann aber wandte sie sich ab und ging weiter.
    Nun erst wagte Caroline aufzuatmen. »Bei Gott, ich hatte wirklich Angst, ich hätte zu laut geredet!«, flüsterte sie.
    »Das große Fenster täuscht. Man glaubt, die andere Person sei direkt in der Nähe. Dabei konnte sie uns unmöglich hören.«
    »Trotzdem sollten wir uns besser beherrschen und keine abwertenden Äußerungen mehr machen«, erklärte Caroline, so als hätte nicht sie, sondern Lore jenen Ausspruch getan.
    »Kennen Sie einige der Damen, die hier zu Gast sind?«, fragte Lore, um das Thema zu wechseln.
    Caroline schüttelte den Kopf. »Leider nein! Meine Familie hatte kaum Kontakte in der Hauptstadt. Mama und ich haben zumeist auf unserem Gut gelebt, und wenn Besucher aus Berlin zu uns kamen, so waren es Freunde meines Vaters oder meines Bruders, mit denen wir Frauen kaum etwas zu tun hatten.«
    Lore spürte die Traurigkeit in der Stimme ihrer Begleiterin. Offensichtlich sehnte diese sich nach jenen Tagen zurück, in denen sie Not nicht aus eigener Erfahrung gekannt hatte. Lore fragte sich, ob sie richtig gehandelt hatte, Caroline zu diesem Ausflug zu überreden. Das alles hier erinnerte die junge Frau viel zu stark an den Niedergang ihrer Familie und ihre jetzige Armut. Andererseits waren Carolines Wangen gerötet, und die Augen glänzten lebhaft. Auch wenn sie im Moment traurige Gedanken wälzte, so hatten ihr die Droschkenfahrt und der Besuch im Café Bauer neuen Mut und frische Kraft verliehen. Lore beschloss, sie auch in Zukunft zu solchen Ausfahrten einzuladen. Damit tat sie sich nicht zuletzt selbst einen Gefallen, denn allein und ohne eine Gesprächspartnerin waren ihr derlei Unternehmungen zu langweilig.
    In diesem Augenblick tauchte Gregor Hilgemann wieder auf. Er trat in das Café, blickte sich suchend um und kam dann schnurstracks auf den Tisch zu, an dem sie und Caroline saßen.
    »Darf ich die Damen noch einmal stören?«, fragte er.
    Während Caroline am liebsten erschrocken abwehren wollte, wies Lore bereits auf einen freien Stuhl. »Setzen Sie sich zu uns, Herr Hilgemann. Ich kann Ihnen den Marmorkuchen empfehlen. Mit Sahne schmeckt er vorzüglich.«
    Gregor Hilgemann sah zwar nicht so aus, als würde er Kuchen essen wollen, bestellte aber trotzdem ein Stück und ein Kännchen Kaffee. Dabei wirkte er ziemlich ratlos.
    »Ich sehe Ihnen an, dass Ihnen etwas auf dem Herzen liegt«, begann Lore zu bohren.
    Der junge Mann nickte. »Bedauerlicherweise ist dies der Fall. Wie es aussieht, hat mein Professor den Gendarmen meinen Namen und meine Anschrift genannt. Als ich eben unser Haus betreten wollte, standen zwei Beamte vor der Tür. Gott sei Dank habe ich sie rechtzeitig bemerkt. Da meine Freunde ebenfalls in diese Sache verwickelt sind, weiß ich nicht, an wen ich mich wenden soll. Ich kann schlecht ohne Gepäck und nur mit einer Weste bekleidet die Eisenbahn besteigen und hoffen, dass sie mich nach München, Stuttgart oder sonst wohin bringt – eben aus Preußen heraus! Auch fehlt mir das Geld für die entsprechende Fahrkarte.«
    Jetzt wurde Caroline zornig. »Was denken Sie sich

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