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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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werden?“ Verärgert versuchte ich, mich aus meiner unvorteilhaft liegenden Position in der Hängematte herauszuarbeiten. Erfahrungsgemäß blieb immer irgendetwas in den Maschen hängen. Es war zum Verrücktwerden.
    „Nia, das heißt doch nicht, dass ich so denke.“
    Ich hatte mich endlich befreit. „Nein, vielleicht nicht. Aber du schilderst es mit einem erschreckenden Gleichmut. In all diesem Wahnsinn vergesse ich manchmal, dass ich der letzte Mohikaner bin und du der Mann mit dem Feuerwasser.“
    „Bitte, warte! Deine Vergleiche machen mich langsam krank! Wo willst du hin, Nia?“
    Verdammt! Er hatte recht. Wo wollte ich hier überhaupt hin? Auf den begehbaren fünfzig Quadratmetern Regenwald von Levents Kolonie waren die Fluchtmöglichkeiten begrenzt. Die ständige Nähe zu allen war erdrückend. Ich war ein gefangenes Tier.
    Ethan war aufgestanden und hatte mir seine Hand vorsichtig auf die Schulter gelegt.
    „Entschuldige. Ich vergesse manchmal, wie schockierend diese Informationen für dich sein müssen. Du hast Angst. Es geht immerhin um dein Leben.“
    „Vielen Dank für die Erinnerung!“
    „Mrs. Petit, Sie gehören einer aussterbenden Art an“, hatte er mir damals auf der ersten Fahrt zu seinem Haus mitgeteilt. Ich hatte ihn nicht verstanden, aber es war der kleinste gemeinsame Nenner, auf den alles hinauslief.
    „Nia. Es tut mir wirklich leid.“
    „Mir auch“, sagte ich leise.
    Ich war allein und ohne Käfig dennoch eingesperrt, meine Hoffnung auf dem Tiefpunkt angelangt. Ich wollte ihm glauben in all dem Durcheinander meiner Gedanken und Gefühle. Ich sah ihn über meine Schulter hinweg an. In meinem Blick mussten Verzweiflung, Wut und Hilflosigkeit zu gleichen Teilen gemischt sein. Sein Gesicht war genauso bedrückt wie meines.
     
    Immer wenn es auf den Abend zuging, wurde der Druck größer. Alle rechneten mit Andrew und Steven eher zu nachtschlafender Zeit. Ethan hatte keine weiteren Gespräche der beiden mithören können. Es wäre ohnehin ein großer glücklicher Zufall gewesen, wenn wir so neue Informationen erhalten hätten. Am Samstag – ich hatte schon fast mein Zeitgefühl verloren – ging ich zum ersten Mal mit Ethan schwimmen. Levent hatte es sich nicht nehmen lassen, uns als „Anstandsdame“ zu begleiten. Irgendwann hatte ich gefleht: „Bitte, Levent. Er wird mich nicht umbringen. Und wenn doch, darfst du auf meinen Grabstein ‚Ich habe es ihr ja gesagt‘ eingravieren lassen.“
    „Dafür, dass dir dieser Junge vor ein paar Tagen noch nach dem Leben getrachtet hat, bist du jetzt ganz schön großspurig.“
    „Liebe macht bekanntlich blind.“
    „Besser hätte ich es nicht sagen können“, knurrte er und hatte in einer Kaskade kleiner Wassertröpfchen den Steg erklommen und mürrisch den Rückzug angetreten.
    Ethan hatte sich betont zurückgehalten, sodass wir ruhig im Wasser nebeneinanderher schwammen und uns nur ab und zu leicht berührten. Es war himmlisch. Und ich stellte mit Erstaunen fest, dass ich mich in bestimmten Situationen vielleicht an Wasser gewöhnen könnte. Als er vor mir auf den Steg kletterte, sah ich wieder deutlich die auffälligen Narben auf seinem linken Bein. Ich erinnerte mich an Levent, als er mit der Harpune auf Ethan gezielt hatte.
    „Was ist mit deinem Bein passiert, Ethan?“
    Er betrachtete mich eindringlich. In seinem Gesicht kämpften widersprüchliche Gefühle miteinander.
    „Ein anderes Mal, Nia.“ Dann ging er wortlos den Weg zum Haupthaus hinauf.
    Abends bemerkte ich zum ersten Mal, dass ich die sich aufbauende Spannung nicht mehr ertragen konnte. Mir war bewusst, dass alle anderen die Situation genauso wie ich empfinden mussten. Jede Nacht mit einem Überfall zu rechnen war kein gutes Schlafmittel. Ich träumte erschreckend viel. Mein Unterbewusstsein geizte nicht mit grässlichen Szenarien. Ethans beruhigende Worte kamen immer, nachdem ich gerade erstochen, zerrissen oder enthauptet worden war. Die Euphorie über meine Beziehung zu Ethan bekam langsam einen kleinen Realitätsriss. Sicherlich würde sich die Bedrohung auch andernorts nicht in Luft auflösen. Dennoch verkündete ich mit fester Stimme nach dem Abendessen: „Wir fahren morgen.“
    „Es ist immer wieder schön, in einer gleichberechtigten Beziehung bei anstehenden Entscheidungen gefragt zu werden“, bemerkte Ethan säuerlich.
    „Ich halte diese Spannung nicht mehr aus, und ich denke, euch geht es genauso. Ich sollte mich und meine Probleme wieder nach Hause

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