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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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Ich beobachte, wie er die Wasseroberfläche durchbricht. Meinen leblosen Kopf hält er, das Wasser tretend, hoch.
    Ein paar Meter neben uns wippen zwei Boote. In einem sitzt ein Mann, der etwas kaut. Er kommt mir bekannt vor. Ich höre, wie Ethan den Mann ruft. Ich bin fasziniert von seinem gelangweilten Blick. Er wirft den Motor an und umrundet das andere Boot. Der gelangweilte Mann hievt meinen Körper an Bord. Er reicht Ethan die Hand, um ihn gleichfalls ins Boot zu ziehen. Ich sehe, wie Ethan zur Stadt zeigt und der Mann das Boot dorthin manövriert.
    Warum die Eile?, frage ich mich.
    Ethan hat sich mittlerweile über mich gebeugt. Er kniet über meinen Beinen. Ich sehe, wie er in meinen Mund hineinhorcht. Nichts. Ethan bläst in meinen toten Mund hinein und presst danach seine Hände immer wieder auf meine Brust. Ich kann geduldig warten. Ich spüre den Fahrtwind nicht mehr, auch nicht die schweren Regentropfen, die jetzt aufs Wasser aufschlagen. Ich spüre nicht, wie er mein Herz massiert und mir seinen Atem schenkt. Es tut mir leid, dass er sich so sinnlos müht. „Mach Schluss, Ethan. Gib auf!“, dränge ich ihn sanft.
    „Du hast genug getan.“
    „Niemals.“ Seine Stimme klingt verzweifelt. Seine Finger berühren meinen Hals auf der Suche nach einer Antwort, die ausbleibt. Wir haben den Hafen der kleinen Stadt erreicht. Das Boot legt an. „Warum schaust du dich suchend um, Ethan? Ruf nicht um Hilfe, es ist zu spät.“ Der gelangweilte Mann macht die Leine fest. Ethan ist über mir aufgestanden. Er sieht traurig aus. Ich weiß, dass wir uns jetzt verabschieden werden. Abschiede sollten nicht so schwer sein. Ethan legt seine rechte Hand auf meine Brust. Meine Brust hebt sich und sinkt zum Boden des Bootes zurück.
    „Warum lässt du mich nicht gehen, Ethan?“, frage ich traurig.
    „Komm zurück!“, bittet er leise und flehend. Seine flache Hand zeigt auf mein Herz, und wieder hebt sich meine Brust. Beim dritten Mal muss ich gehen.

Leben
    Ein Schwall salzigen Wassers ergoss sich über meine Lippen. Mein erster Atemzug entfachte ein Feuer in meinen Lungen. Jemand hatte mir Nägel in die Seiten gesteckt. Ich stöhnte, weil ich meine Schmerzen nicht aussprechen konnte. Auch meine Hand war festgenagelt. Warum hatte man das getan? Ich wollte meine Augen öffnen, aber sie gehorchten meinem Kommando nicht. Ich musste ihn rufen, ihm sagen, dass ich noch da war. Ich konnte kaum gegen den Strom der Schmerzen andenken. Ich konzentrierte mich und begleitete den Gedanken vom Kopf bis zu meinem Mund. Dann hörte ich ein Geräusch.
    „Nia! Nia! Hörst du mich?“ Auf meiner ganz eigenen Frequenz hatte die Stimme gesprochen, auf die ich so lange gewartet hatte. Ich spürte eine Berührung an meinen Lippen.
    „Ethan.“
    „Ich bin hier.“ Die Stimme klang euphorisch. „Ich habe dich gehört, Nia. Ich habe dich unter Wasser gehört!“
    Endlich flatterten meine Augen auf. „Ich weiß, Ethan.“
    Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, weil etwas Weißes alles überstrahlte. Es brannte in meinen Augen und kämpfte um meine Aufmerksamkeit zusammen mit den schmerzenden Nägeln.
    „Bleib!“, hörte ich meine schwache Stimme sagen.
    „Ich verlasse dich nicht. Bleib bei mir, Nia.“
    Ich sammelte meine letzte Kraft. Meine Worte waren verschwommen. „Ethan.“
    „Was, Nia?“
    „Bitte zieh die Nägel aus mir raus.“
    Seine weichen Hände streichelten über mein Gesicht. „Ich kümmere mich darum.“
    Er klang ernst, zuverlässig. Erleichtert ließ ich mich fallen. Ich schloss die Augen, und während er mich wegtrug, umfing mich endlich weiche Dunkelheit. Und zum ersten Mal seit Langem hörte ich wieder ein Lied. Zu den Klängen der Gitarre und der einfachen, klaren Stimme schlief ich ein.
     
    In die Stille meines Schlafes drangen nur wenige Geräusche. Manchmal war es das Zwitschern eines Vogels, dessen Schreie in meinem Kopf nachhallten. Einmal hörte ich Ethans Stimme: „Beruhige dich, Nia!“
    Warum? Ich wartete doch ganz ruhig hier im Dunkeln.
    Levent sprach mit mir. Seine Stimme klang ganz nah an meinem Ohr. Leise Geschichten aus einer anderen Zeit. Geschichten von Menschen, als es noch viele gegeben hatte. Ich versuchte, im Dunkeln zuzuhören, aber irgendwann verlor ich den Faden.
    Manchmal entfloh ich aus brennenden Häusern und Wagen. Ich stolperte in glühender Hitze durch eine Wüste. Manchmal wurde es unerträglich heiß in lodernden Hochöfen, dann dachte ich an das kühle Flusswasser. Irgendwann

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