Arbeit und Struktur - Der Blog
Prellung. Halswirbelsäule nicht luxiert, wie vermutet, dafür Schultereckgelenksprengung.
Nachts holt Lars mich ab, Gelächter (du schon wieder, hier schon wieder), und bringt mich zu C.
5.1. 2012 14:33
Virchow-Klinikum will nicht operieren. Chemo, zu risikoreich, lohnt nicht mehr, behandeln wir konservativ. Arm ein paar Wochen fixieren, bleibt der eingeschränkt bewegungsfähig. Melden Sie sich morgen in unserer Sprechstunde.
Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich will das Handtuch werfen. Lange Diskussion mit C., schließlich Witze, Albernheit.
Anruf bei der Polizei. Ohne den Zettel mit der Vorgangsnummer, den ich beim Transport verloren habe, kann man nichts für mich tun. Sie können nicht rausfinden, wer mich da vom Fahrradweg gekegelt hat? Nicht ohne die Vorgangsnummer, die Ihnen gestern ausgehändigt wurde. Sie können das nicht sehen bei sich da? Nein. Himmel.
10.1. 2012 18:21
Klinikum Friedrichshain operiert. Sonntag Einlieferung, fünf Stunden in der Aufnahme, Anfall, Stimmen, Licht. Montag OP, Aufwachzimmer, zwei Schmerzmittelinfusionen, eine dritte krieg ich nicht, weil ich angeblich schon zu atmen vergesse. Nachmittags über Boden und Schuhe gekotzt, Schwester läuft durch, die Nacht schweißgebadet und schlaflos. Dienstag ersten Arzt gesehen. In sechs Wochen kommt der ums Schlüsselbein gewickelte Draht in einer ebensolchen Operation wieder raus.
Normal lächerlich, normal alles aushaltbar, aber hier jeder kleinste Optimismus durchkreuzt vom Gedanken: Gesund entlassen sie dich in den Tod.
Drei Monate ohne Arm.
11.1. 2012 19:00
Johann Holtrop, Johann Holtrop, Johann Holtrop. Cornelius, der die Nachricht überbringt, kann sich überhaupt nicht beruhigen. “Der charismatische, schnelle, erfolgreiche Vorstandsvorsitzende Dr. Johann Holtrop … Jahresumsatz … Boomzeit der 90er Jahre … schlechte Geschäftsergebnisse … unter Druck.”
Sätze wie “Zuerst kommt Holtrops Familie in den Blick, die der Schauplatz der reaktiven Depression nach der Entlassung ist” legen die Vermutung nahe, daß Goetz am Blurb wenigstens mitgewirkt hat. Suhrkamp peilt Juli an. Selten sah man Herrn Reiber ratloser. “Ein totaler Absturz ins wirtschaftliche Aus und das gesellschaftliche Nichts, so fürchterlich, wie sein früherer Aufstieg glorios gewesen war.”
12.1. 2012 14:02
Frisch aus dem Krankenhaus, Post von der Polizei: Frau Schmitz, die mich unter Zuhilfenahme ihres Autos über die Straße des 17. Juni geschossen hat, hat Anzeige gegen mich erstattet, tatsachenwidrige Schilderung des Unfallhergangs inklusive. Das mache man so, meint Steffi, auch als Zeichen an die eigene Versicherung, daß da wenigstens was versucht wurde.
Im Bett endlich eine Position gefunden, in der ich eine Weile ruhig liegen kann. Jede Nacht Alpträume, in denen ich nicht enden wollende Anfälle habe, vor meinen Freunden wegrenne, stumm bin inmitten italienischer Landschaften, aphasisches Erwachen.
13.1. 2012 17:20
Meine entsetzliche Dankbarkeit, die dazu führt, daß ich mit Freunden spreche wie mit wohlgesinnten Behörden: Danke, danke nochmal, danke, vielen Dank.
14.1. 2012 19:56
Zu Fuß den ganzen Weg zu C. gehumpelt, Fahrrad am Burger King abgeholt, fast unbeschädigt. Kette ab, Korb eingedetscht, Licht ist an und funktioniert, das hat der das Rad abschliessende Polizist hoffentlich notiert.
Einfahrt mit Schritten ausgemessen: Metallschiene der Burger-King-Ausfahrt, dann 8 m Gehweg, dann 2 m Fahrradweg (dort ich, vom Einsteinufer kommend in falscher Richtung), dann 3 m Gehweg, dann Strasse des 17. Juni. Freies Sichtfeld.
19.1. 2012 15:07
Das Unternehmen Carl Gross will mir einen Anzug schenken. Lustig. Vielleicht hätte ich mehr Zeit auf die Beschreibung des Alfa Spider verwenden sollen.
Der Hausarzt dokumentiert mein blauschwarzes Bein. Die zehn Kilometer zu C. und zurück jetzt trotzdem immer zu Fuß, auf der Flucht vor der Fatigue.
Seit Tagen werde ich die Melodie des deutschen Afrikakorps in meinem Kopf nicht los, des Führers verwegene Truppen, vorwärts mit unserem Rommel. Immerhin muß ich nicht noch mitsingen, medizinisch betrachtet ein Guido-Knopp-Schaden.
Vierundzwanzig :
21.1. 2012 13:55
Michalzik entreißt Hünniger die Krone, Willmann nur noch unter ferner liefen. Bin kurz davor, hundert Euro auszuloben für jeden losen Faden, den ein Rezensent benennt und nicht nur behauptet.
23.1. 2012 16:34
Telefonat mit K., die ein Oligodendrogliom hat und schon weiß, wo
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