Arbeit und Struktur - Der Blog
Schwierigkeit, das glaubhaft zu machen. Hier und da holpert es, aber wie auch nicht, es wird ja das im Grunde Unmögliche versucht. Allein Waltz kann man alles in den Mund legen. Dieses sensationell schmierig-unschmierige Lächeln, während sich Winslet und Foster ohne Armefuchteln und Schreien längst nicht mehr zu helfen wissen. Woran erinnert das nochmal?
Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Mit fünfzehn oder sechzehn zum ersten Mal gesehen, prägender Film, wie man so sagt, unglaublicher Lichtblick damals, erster Ausblick auf eine von mir immer herbeigesehnte Zukunft, die Dominanz des Gedankens, die Geschwindigkeit des Denkens in einer Gesellschaft hemmungsloser Zyniker, vom Ironieapparat immer sofort wieder kassierte Sentiments und der gerade dadurch umso sichtbarer werdende, lächerliche und vielleicht auch wieder gar nicht so lächerliche Wille zum Drama, zum Pathos, raus aus der Konvention mit aller Gewalt, raus aus dem Leben, das ich bis dahin als einziges kennenzulernen Gelegenheit gehabt hatte, ein Astronom, der sein Teleskop zum ersten Mal in den Sternenhimmel richtet.
Film vor ein paar Jahren wiedergesehen, leider schlecht gealtert. Gegen das Gewollte und Unnatürliche der Eskalation können auch Taylor und Burton nicht anspielen – dachte ich – schrieb ich gerade. Zur Kontrolle einige Schnipsel auf Youtube nachgeguckt – die Taylor, mein Gott. Diese Stimme. Werd ich mir nochmal angucken müssen.
27.11. 2011 13:00
Sonnigster November aller Zeiten. Baden mit Mütze. Wie schon die letzten Male der Schmerz im Nacken, der mich lähmt und nach einigen Metern umkehren läßt. Keine Ahnung, was das ist. Dem Restkörper macht die Temperatur nichts aus. Im Wasser stehen und hin und wieder untertauchen aber auch ganz schön.
29.11. 2011 23: 49
Mit Kopfschmerzen erwacht, trotz Kaltduschen nicht aufgewacht, Tag im Bett verbracht, nichts gegessen. Zeitverzögerte Folgen der Strahlen vielleicht.
2.12. 2011 20:00
Zwei Tore geschossen, eins mit der Hacke. Trotzdem unglücklich, sehe nur noch einen Korridor, Spielbewegungen gar nicht, zweimal mit Daniel zusammengeknallt. Auf dem dreihundert Meter langen Weg von der Halle bis zur Kneipe verlaufen.
5.12. 2011 18:00
Thermen im Europa-Center, C., Julia, Holm, Ewers.
6.12. 2011 16:30
Und was machen Sie jetzt? fragt Dr. Vier, dem ich Sand mitgebracht habe. Nichts. Was ich machen wollte, habe ich gemacht. Zwei Romane fertig, zwei weitere Romanruinen bleiben liegen. Ein Buch mehr oder weniger. Und die hoffnungsfroh mitgeteilte Zehnmonatsprognose des Strahlentherapeuten wird vom Gesichtsausdruck Dr. Viers auch nicht bestätigt. Könnte länger sein. Könnte auch deutlich kürzer sein.
Okay.
6.12. 2011 19:45
Jane Eyre von Fukunaga. Gut, solide, aber meine Lieblingsszene fehlt, die niedrigste Instinkte befriedigende ausführliche Erhöhung Jane Eyres auf Kosten Miss Ingrams.
12.12. 2011 22:11
250 mg Temodal, sieben Tage, dann sieben Tage frei und so weiter bis zum Ende. Oder bis das Knochenmark den Geist aufgibt, was vermutlich aufs selbe hinauskommt.
16.12. 2011 13:14
Es schneit.
17.12. 2011 14:26
In meinen Mails fehlt hier und da das Wort “ich”, auch in Mails von anderen übersehe ich die drei fatalen Buchstaben immer mal. Keine Ahnung, was mein Gehirn da weiter rausmeldet. Ich hab’s ja begriffen.
Test, eins, zwei, drei, ich.
17.12. 2011 19:45
Mit E. in Submarine. Immer noch die gleiche wie vor zehn Jahren. Kennt Depersonalisation als Folge schwerer Depressionen.
19.12. 2011 12:49
Der nächste Schwachkopf in Nordkorea. Filmempfehlung: Team America.
Frisium 5 1-0-2
Keppra 1500 1-0-1
Lamotrigin 50 1-0-1
Temozolomid 250 0-0-1
Die Halluzinationen im Sichtfeldausfall haben sich zurückgebildet, was nicht nur Vorteile hat. Ich laufe wieder vermehrt in Gegenstände, wo ich zuvor den Gespenstern ausgewichen bin.
Dreiundzwanzig :
20.12. 2011 13:36
“Ich plane ein Unternehmen, das kein Vorbild hat und dessen Ausführung auch niemals einen Nachahmer finden wird. Ich will vor meinesgleichen einen Menschen in aller Wahrheit der Natur zeigen, und dieser Mensch werde ich sein.”
Ja, gut. Aber mit seiner Prätention, seinem Mangel an Furcht vor Tabubrecherei, der Selbstinszenierung und dem Geplapper segelt Rousseau doch einige Galaxien weiter am uneinlösbaren Anspruch vorbei als der fast zeitgleich schreibende K.P. Moritz.
Ich erfinde nichts, ist alles, was ich sagen kann. Ich sammle, ich ordne, ich lasse aus. Oft
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