Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
führte jedoch nicht zu einer praktikablen Lösung, schließlich wäre es nötig, daß der mit dem Roboter Arbeitende stets diszipliniert die Ordnung im Werkzeugkasten aufrechterhielt – eine unrealistische Vorstellung.
Heute kann man von modernen Robotern mehr erwarten. Bricht man die für einen Menschen so einfache Aktivität, jemandem einen Hammer zu reichen, auf ihre Bestandteile herunter, wird allerdings deutlich, wie komplex die notwendigen Handlungen für einen Roboter sind. Sieht man einmal vom schon nichttrivialen Problem der zuverlässigen Spracherkennung bei der gestellten Frage ab, muß die Software ein Konzept von »Tisch«, »Werkzeugkasten« und »Hammer« haben. Beschreibungen für die einzelnen Objekte müssen so beschaffen sein, daß die Sensoren des Roboters genügend Daten liefern, um etwa einen Tisch von einem Rollwagen und einen Hammer von einem Schraubenschlüssel zu unterscheiden. Sind mehrere Tische im Raum, muß erkannt werden, daß nur der mit einem Werkzeugkasten darauf von Interesse ist.
Einen Werkzeugkasten erfolgreich von einem Schuhkarton oder einer Nähmaschine zu unterscheiden, die aus Sicht der Software beide ähnlich groß und ähnlich geformt sind, ist dann die nächste Herausforderung. Den hakeligen Verschluß der Klappe zu überwinden ist im Vergleich zur folgenden Hürde noch relativ einfach: den Hammer zu finden. Wir schauen hinein und kramen einfach ein wenig in der Kiste herum, bis wir etwas sehen, was wie ein typischer Hammerstiel oder -kopf aussieht, und ziehen ihn heraus. Bisherige Roboter wären damit schon überfordert. Die Erfahrung fehlt ihnen, die uns Menschen lehrt, wie die typischen Gegenstände in einer Werkzeugkiste aussehen, selbst wenn wir nur einen Ausschnitt des Arbeitsgeräts erkennen können.
Erst seit kurzem gelingt es, durch die Kombination von 3-D-Scannern und Stereokameras die Struktur auch von komplexen übereinanderliegenden Objekten abzuschätzen und zu erkennen. Die Fähigkeit herumzukramen, also Gegenstände beiseite zu schieben und umzuschichten, um an das begehrte Objekt zu kommen, erlangen Roboter in den Labors ebenfalls noch nicht lange.
Ein Weg, die vielen Hürden zur Orientierung in der Welt für Roboter zu überwinden, ist, sie zusammenarbeiten zu lassen. So, wie Menschen voneinander lernen, indem sie Landkarten erstellen, das Weltwissen sortieren und in der Wikipedia niederlegen und technische Standards in DIN-Normen vereinbaren, sollen auch Roboter ihr Wissen über die Welt miteinander teilen. Die Kernidee ist, von Sensoren erfaßte Daten, daraus erkannte Objekte, Ortsinformationen, aber auch Handlungsanweisungen in einer großen, standardisierten Datensammlung abzulegen, die über das Internet für alle Roboter greifbar ist. Die Implikationen eines solchen Projektes sind im Wortsinn weltverändernd.
Wenn beispielsweise ein Lieferroboter die Straße hinunterfährt, würden nicht nur die Daten seines Kamerabildes in die Datensammlung hochgeladen werden, sondern auch alle Informationen, die seine Software daraus extrahiert hat. Im Gegenzug bekommt der Roboter aus derselben Sammlung Ortsinformationen und 3-D-Modelldaten, die aus den Daten extrahiert wurden, die bei der letzten Durchfahrt eines an dem System teilnehmenden Roboters angefallen sind. Durch die weitaus größere verfügbare Rechenkapazität der Server in einem Data-Center und die Möglichkeit, die Informationen der Sensoren vieler verschiedener Roboter miteinander zu vergleichen, können die Erkennungsleistungen gegenüber den heutigen isolierten Systemen dramatisch steigen.
Ein einzelnes autonomes Fahrzeug wird etwa von einem plötzlichen Wintereinbruch überrascht und schnell überfordert sein. Mit Hilfe der Sensordaten aus der verteilten Datenbank kann die Software zum einen das Herannahen der Schneefront und die regionalen Auswirkungen davon genau erkennen. Zum anderen kann durch Rückgriff auf gespeicherte historische Daten über Hindernisse und bestmögliche Strategien zum Umgang mit der ungewöhnlichen Wettersituation die Arbeitsfähigkeit der Maschine erhalten werden.
Die Implikationen für unsere Privatsphäre können natürlich furchterregend sein; denn am besten funktioniert solch ein System, wenn wirklich jede Maschine alle ihre Kamera- und Sensordaten permanent hochlädt. Die technikverliebten Robotiker sind oft etwas unangenehm berührt, wenn man sie nach solchen Folgen ihrer Arbeit fragt. Aber sie werden sich – schon aus Akzeptanzgründen – mit diesen
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