Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
werden zu lassen und viel mehr tatsächliche Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Die Vision der Robotiker für die nahe Zukunft ist es, Maschinen zu bauen, die in Werkstätten, Labors, Kleinbetrieben und Pflegeheimen zu Hause sein können. Statt sie umständlich zu programmieren, soll man sie anlernen können, wie man heute einen menschlichen Arbeiter anlernt. Statt auf komplizierte Programmierbefehle sollen sie auf Gesten und Sprache ansprechen. Statt hilflos zu piepen und stehenzubleiben, wenn etwas schiefgeht oder im Weg steht, sollen sie flexibel, selbständig und situationsangemessen reagieren. Menschen sollen sich in ihrer Gegenwart wohl fühlen und keine Angst haben.
Im Vergleich zu den bisherigen Industrie- oder Lagerrobotern, die darauf optimiert sind, eine kleine Anzahl Handgriffe und Abläufe schnell, präzise und kraftvoll Zehntausende Male auszuführen, klingt das wie eine ferne Utopie. Tatsächlich ist jedoch die Entwicklung in vielen, auf den ersten Blick unzusammenhängend erscheinenden Forschungsfeldern so immens, daß schon in den nächsten Jahren eine Vielzahl solcher Systeme auf den Markt gebracht wird, die dem Ideal vom »Kollegen Roboter« recht nahe kommen.
Die technologischen Innovationen dazu stammen zum Teil aus gänzlich unerwarteten Gebieten. Ein Sensor, der von Microsoft für seine Spielkonsolen entwickelt wurde – um zu erkennen, wie sich ein Spieler im Raum bewegt, und um damit die virtuelle Figur im Spiel zu steuern –, hat nebenbei das Feld der Robotikforschung geradezu revolutioniert. Waren vorher noch Dutzende spezialisierte Sensoren nötig, die pro Stück viele tausend Euro kosten, reichen nun eine Handvoll dieser Kinect-Module für ein paar hundert Euro mit der passenden ausgefeilten Software, um dem Computer ein präzises dreidimensionales Abbild des Raumes zu geben.
Dadurch läßt sich beispielsweise in Echtzeit erkennen, wo sich ein Mensch in diesem Raum befindet, so daß ein Roboterarm ihm ausweichen kann. Die nächste Generation der Kinect-Sensoren steigert die Geschwindigkeit der 3-D-Erfassung des Raumes noch, vor allem aber erhöht sich die Auflösung um ein Vielfaches. Vergleichbare Sensoren aus der Industrierobotik sind dagegen ungleich teurer und umständlicher zu benutzen. Während in der Industrie Stückzahlen von einigen tausend Geräten schon als großer Erfolg gelten, werden die Spielkonsolen millionenfach produziert. Dementsprechend können hier Preise erzielt werden, die bisher völlig undenkbar waren, und der Stand der Technik kann dadurch quasi über Nacht einen riesigen Sprung nach vorn machen.
Auch das Feld der sogenannten »Computer Vision«, das den Maschinen das Sehen mit Kameras ermöglicht, hat in den letzten Jahren dramatische Fortschritte gemacht. Wir lernen in den ersten Lebenswochen, aus den Bildern, die unsere Augen und das visuelle Zentrum unseres Gehirns aufnehmen, Konturen, Farben, Strukturen und Entfernungen zu erkennen. Für Computer ist das alles enorm kompliziert. Mit hoher Rechenleistung müssen die Bilder analysiert, Strukturen klassifiziert, Bewegungen nachvollzogen und daraus Objekte erkannt werden.
Viele der Techniken sind über Jahrzehnte immer weiter verfeinert worden, etwa die Mustererkennung, wie wir sie in der Getreidesortieranlage in der Mühle kennengelernt haben. Die Herausforderung für einen flexibel einsetzbaren Roboter ist jedoch, daß er nicht nur bestimmte vorhersehbare, sorgfältig antrainier te, konsistente und geordnete Objekte wie standardkonforme und davon abweichende Getreidekörner erkennen muß. Sich in einer Umgebung zu orientieren, die nicht im Detail programmiert ist, sich unaufhörlich verändert und in der zu allem Überfluß auch noch unvorhersagbar und willkürlich agierende, fehleranfällige Menschen unterwegs sind, ist eine ungleich größere Herausforderung.
Das Problem fängt damit an, Maschinen abstrakte Konzepte von Gegenständen und ihrer Form und Position beizubringen. »Reich mir doch mal einen kleinen Hammer aus dem Werkzeugkasten auf dem Tisch!« ist eine Bitte, die jedes Kind problemlos erfüllen kann. Dieser »Griff in die Kiste« ist eine Problemklasse, die Roboterforscher seit langem umtreibt. Da sich viele Jahre mangels vorhandener bezahlbarer Rechenleistung, ausreichender Sensorik und guter Bilderkennung keine zufriedenstellende Lösung finden ließ, ging man dazu über, die Werkzeugkisten exakt zu sortieren, so daß der Roboterarm die genaue Position eines Werkzeugs speichern konnte. Das
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