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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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Verweigerung umfangreicherer Einwanderung von jungen Arbeitskräften ohne eine Heranziehung der Automatisierungsdividende nicht mehr möglich sein, den Senioren einen schönen und menschenwürdigen Lebensabend allein durch die Rentenbeiträge aus menschlicher Arbeit zu finanzieren.
    Daß Gewerkschaften und Sozialdemokratie im Grunde ihres Herzens hoffen, die im Rückblick verklärten »paradiesischen« Zustände des rheinischen Kapitalismus könnten irgendwie zu einer Wiederauferstehung gelangen, erschwert die Diskussion erheblich. Es kann aber vermutlich nur mit ihrer Hilfe gelingen, gesellschaftliche und soziale Strukturen zu schaffen, die es erlauben, Automatisierung und algorithmische Optimierung nicht nur einseitig unter dem Gesichtspunkt der Effizienzsteigerung und Profitmaximierung zu sehen, sondern als fortlaufenden Prozeß, der das Leben aller besser, schöner und reicher machen kann.
    Es darf nicht länger ein persönliches Drama sein, wenn ein im Grunde langweiliger, anstrengender, gesundheitsverschleißender oder gefährlicher Job von Maschinen erledigt wird. Die ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß wir unsere neue Symbiose mit den Maschinen als etwas Positives, Befreiendes und Sinnvolles sehen können, erfordert eine umfangreiche Diskussion über unsere gesellschaftlichen Ziele und Ideale. Die wirklich harte Nuß wird sein: ideologische Ansichten und Indoktrinationsmuster zu überwinden, die auf sozialdarwinistische Grundgedanken à la »Nur wer arbeitet, soll auch essen« zurückgehen und die Grundfesten des europäischen Humanismus negieren. Nicht nur deshalb, weil aus der Perspektive zukünftiger Technologieentwicklungen nicht mehr alle Menschen arbeiten müssen, sondern auch, da bereits jetzt nicht mehr genügend Verwendungsmöglichkeiten für alle Bereiche von individuellen Talenten und Fähigkeiten unter der Prämisse einer rein marktwirtschaftlichen Betrachtung vorhanden sind.
    Die rein kapitalistisch-egoistische Betrachtungsweise greift ohnehin viel zu kurz. In vielen Industrien werden heute ganz selbstverständlich erhebliche Teile der Kosten auf die Gesellschaft abgeschoben. Das fängt bei der Infrastruktur an, den Straßen, Eisenbahnen, Nahverkehrsmitteln, Telekommunikationsnetzen, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, staatlichen Verwaltungen und vielen Wohnungen. Sie werden von der Gemeinschaft finanziert – zum großen Teil aus Steuern auf Löhne und Konsum. Auch die impliziten Kosten von Umweltschäden, Klimawandel, Ressourcenverbrauch werden ebenfalls ganz wesentlich von uns allen getragen. Etliche Branchen sind sogar vollständig abhängig von der direkten Subventionierung durch die Allgemeinheit. Die zunehmende Fragilität der miteinander vernetzten Systeme, deren Komplexität und Abhängigkeitsverhältnisse kaum noch zu überblicken ist, wird mit Sicherheit zu Katastrophen und Ausfällen führen. Auch deren Kosten werden von der Allgemeinheit zum großen Teil getragen werden müssen.
    Und schließlich ist auch der soziale Frieden, ein stabiles, verläßliches und lebenswertes Umfeld ein ganz erheblicher Standortfaktor. Eine alleinige Orientierung auf kurzfristige, private Gewinne, deren einzige Rechtfertigung die Eigentümerschaft des Produktionsmittels Kapital ist, wird eher früher als später dazu führen, daß eine ökonomisch stark gespaltene Gesellschaft nicht länger friedlich und sicher ist. Effizienzsteigerung einzig als Weg zu einer intensiveren Ausschöpfung menschlicher Arbeitskraft zu sehen ist nicht nur inhuman, sondern auch kurzsichtig.
    Die Vision einer Gesellschaft, in der Arbeitsplätze, die uns nicht mehr menschenwürdig erscheinen, die besser und schneller von Maschinen erledigt werden können, nicht länger durch immer weiteres Lohndrücken erhalten werden, in der jeder nach seinen Talenten und Fähigkeiten arbeitet und nur so viel, wie es seine Lebensumstände und -phasen erlauben, ist keine hoffnungslose Utopie mehr. Menschlicher Erfindungsgeist und Tatkraft haben uns so weit gebracht, daß Maschinen große Teile der Arbeit erledigen können, die wir nicht erledigen können oder nicht mehr erledigen wollen.
    Die Frage, wie die Früchte dieser Entwicklung verteilt werden, ob wir es schaffen, sie für eine bessere, gerechtere und lebenswerte Gesellschaft einzusetzen, oder zulassen, daß Macht und Geld weiter in den Händen weniger konzentriert werden, ist eine der Kernfragen unserer Zeit. Die Dinge einfach laufen zu lassen, darauf zu

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