Arcanum – Das Geheimnis
ein langjähriges Mitglied unserer Gemeinschaft und kennt sich mit der Geschichte und den Zielen der Rosenkreuzerbewegung hervorragend aus. Ich könnte Ihnen einen Termin am Montag um 19.00 Uhr anbieten, wäre Ihnen das recht?“
Er überlegte kurz, ob er Carolin zumuten konnte, zum Abendessen am Montag schon wieder zu fehlen. Dann erwiderte er: „Schön, ich freue mich.“
„Welchen Namen darf ich notieren?“
Er konnte unmöglich seinen richtigen Namen nennen. Er befürchtete, die Neuigkeit, er sei Mitglied bei den Rosenkreuzern geworden, würde binnen Tagesfrist zum Stadtgespräch.
„Ulrich Müller“, log er, „und danke. Ich werde pünktlich da sein“.
Er legte auf und spürte, dass sich sein Puls beschleunigt hatte. Er notierte sich den Termin in seinen Kalender und schloss das Popup-Fenster .
War es eine geschickte Werbung der Rosenkreuzer, die sich auf seinen Bildschirm verirrt hatte? Wohl kaum. Seine Firewall hatte diese lästige Unart des World Wide Web bisher erfolgreich abgeblockt, warum nicht dieses Mal? Da war ein Computerprofi am Werk. Das war kein Zufall. Jemand beobachtete genau, was er tat. Herbert und er hatten einen Stein ins Rollen gebracht, und keine Ahnung, wohin er rollte.
Er hasste diesen Zustand. Sie waren Spielball in einem Spiel geworden, dessen Regeln sie nicht kannten, und das sie so auch nicht gewinnen konnten.
Er wandte sich wieder dem Internet zu und den Ergebnissen der Stichwortsuche
Nun wurde es schon bizarrer. Eine Esoterikseite verriet, dass am 21. Dezember eine Konjunktur zwischen Erde, Sonne und Zentrum der Milchstraße eintreten würde, die als das Ende des sechsundzwanzigtausendjährigen Zyklus des Platonischen Jahres verstanden werden müsse.
„Na und“, dachte Christopher.
Die Erdachse eierte in diesem Zeitraum tatsächlich wie ein betrunkener Kreisel durch alle Tierkreiszeichen, weil sie eine Neigung von 23,5 Grad zur scheinbaren Sonnenbahn, der Ekliptik aufwies. Aber wo waren schon der Anfang und das Ende eines Kreises, und welche Bedeutung sollte ein besonderer Punkt auf diesem Umlauf für das Leben auf der Erde haben?
Er schüttelte den Kopf. Interessanter fand er schon die Bemerkung, dass das Zeitalter der Fische, das mit der Geburt Jesu begonnen habe, zu Ende gehe und das Zeitalter des Wassermanns an diesem Tag beginne. Wenigstens hier erklärte der Autor des Textes, dass es der Übergang in ein Zeitalter der Toleranz und Offenheit würde, nachdem das Fischezeitalter durch Schwert, Tod und Jenseits geprägt sei.
Na bitte, es gab auch Lichtblicke in der allgemeinen Weltuntergangshysterie. Christopher war passionierter Hobbyastronom. Er wusste, dass man keinen Tag bestimmen konnte, an dem der Frühlingspunkt das vage Sternbild des Wassermanns erreichte. Er las überrascht weiter, dass eines der Lieblingslieder seiner Jugendzeit aus dem Musical Hair sich mit diesem Phänomen beschäftigte.
This is he dawning of the age of Aquarius hatte er wie viele seiner Freunde mitgesungen, ohne sich je über die Bedeutung der Worte Gedanken zu machen. Er dachte wieder an den Silberpfennig. Viele Dinge ließen sich am besten verbergen, in dem man sie für alle sichtbar platzierte. Nur diejenigen, die eingeweiht waren oder sehr aufmerksam, erkannten den Sinn hinter den Symbolen. Verrückt.
Der nächste Link machte ihn hellwach. Er hatte noch nie zuvor vom web-bot Projekt gehört. Es gab eine Gruppe von Computerfachleuten, die das Internet mithilfe besonderer Algorithmen aufarbeiteten, um daraus Aussagen für Ereignisse in der Zukunft abzuleiten. Es hatte in der Vergangenheit bereits erstaunliche Übereinstimmungen gegeben. Für das Jahr 2012 wurden Katastrophen biblischen Ausmaßes angekündigt.
Christopher grübelte ein wenig über dieses Projekt nach. Er konnte sich die Funktion der Algorithmen ungefähr vorstellen. Natürlich würde man damit in begrenztem Umfang die Zukunft vorhersagen. Es war das Prinzip der Selffulfilling Prophecy :
Im Internet diskutierten zunehmend mehr Leute über eine zu erwartende Katastrophe. Darunter waren immer auch etliche, die erst durch diese Diskussion angeregt wurden, sich selbst als Vollstrecker eines vermeintlich göttlichen Planes zu sehen, und dann durch einen Amoklauf oder eine andere abstruse Tat die tatsächliche Katastrophe auslösten.
So hatte er die Endzeitprophezeiungen noch gar nicht betrachtet. War dieser einundzwanzigste Dezember deshalb so gefährlich, weil sich vielleicht ein Selbstmordkommando gerade mit einer
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