Arcanum – Das Geheimnis
zurück nach Calw zu fahren, rief er gespannt bei Herbert in der Archäologie an.
Silvia war am Apparat und stellte ihn sofort zu Herbert durch.
„Wo warst Du“, schnauzte Herbert kurz angebunden. „Ich habe wichtige Neuigkeiten zu unserem Ausgrabungsort. Mein Pauspapier ließ sich gut rekonstruieren. Es hat mich nur einige Zeit gekostet, bis ich erkannte, dass die Schrift auf dem Felsen griechisch war. Das ist mir deshalb nicht in den Sinn gekommen, weil im elften Jahrhundert niemand in der Gegend Griechisch sprach oder schrieb außer vielleicht einem Mann:
Wilhelm von Hirsau alias Wilhelm von St. Emmeram
Der Silberpfennig und die Altersbestimmung der Hand sprechen übrigens eindeutig für ein Zeitfenster von 1040 bis 1080.“
„Zehnter März 1074“, unterbrach ihn Christopher. „Das ist das Datum eines dokumentierten Waldbrandes in der Gegend um das Hirsauer Kloster. Wir befinden uns am Ende der mittelalterlichen Warmzeit, in der es auch in den Frühjahrsmonaten hier sehr trocken sein konnte“.
„Hervorragend. Weder sind die Knochen der Hand verkohlt noch ist die goldene Scheibe geschmolzen. Beide Dinge müssen also kurz zuvor im schützenden Erdreich verschwunden sein“, freute sich Herbert.
„Und was stand nun auf dem Stein“, hakte Christopher nach.
„Hab ich das noch nicht erwähnt? Tuto nike .“
Christopher schwieg. Er kannte natürlich die Legende um die Schlacht Konstantins an der Milvischen Brücke, doch was suchten seine Worte auf einem Stein im Schwarzwald? Konstantins Soldaten sollten, nach einem Traum ihres Feldherren, das Zeichen der Christen auf ihre Feldstandarten malen.
Tuto nike lautete die Prophezeiung in der Muttersprache Konstantins. Die Lateiner übersetzten es später mit in hoc signo vinces : In diesem Zeichen wirst Du siegen.
Tuto nike war der Versuch der katholischen Kirche, ihren profanen Anfängen als Staatsreligion das Sigel der göttlichen Vorsehung aufzudrücken. Dabei war Konstantin kein Christ, sondern pragmatischer Politiker gewesen, der viel Blut an den Händen hatte, sich erst auf seinem Sterbebett im Jahre 337 taufen lies, und das auch noch von einem ketzerischen, arianischen Bischof namens Eusebius von Nikomedia.
„Hast Du eine Idee, was das auf dem Stein zu suchen hatte?“, fragte Christopher nachdenklich.
Nach einer Pause erwiderte Herbert, „es könnte sich auf die goldene Scheibe beziehen. Dann war sie vielleicht eine Art Feldzeichen, das durch den Kreuzessplitter den günstigen Ausgang eines Konfliktes herbeiführen sollte. So wie es nach konstantinischem Vorbild vom wahren Kreuz bis zu seinem Verlust in der Schlacht von Hattin erwartet wurde“.
„Andrerseits…. Die Mayasymbole und der indianische Korpus ergeben keinen Sinn. Jemand der im elften Jahrhundert hier in unserer Gegend etwas in Griechisch niederschrieb, wollte, dass es nicht jeder lesen konnte. Griechisch war damals so eine Art Geheimsprache. Hast Du eine Idee?“, fragte Herbert hoffnungsvoll.
„Der Felsblock hat für mich etwas von einer Markierung, die keiner entfernen, und die man wiederfinden konnte. So als hätte jemand die Scheibe versteckt und eine Markierung hinterlassen. Vielleicht war es gefährlich, sie zu besitzen und ein armes Schwein wurde überrascht, als er oder sie es mitnehmen wollte und dann: rechte Hand adieu“.
Am anderen Ende der Leitung rieb sich Herbert die Nase.
„Herbert, ich bin ein bisschen erschöpft. Morgen gegen Mittag könnte ich in Tübingen sein. Lass uns im Hades zusammensitzen. Bis dahin können wir in Ruhe über alles nachdenken, und dann sehen wir vielleicht klarer.“
Herbert war einverstanden, und so trennten sie die Verbindung, um ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.
Der Rest des Samstags verlief unspektakulär. Christopher bemerkte, dass er seit vierundzwanzig Stunden nicht mehr vernünftig gegessen hatte, und so besann er sich auf eines seiner Hobbys neben der Archäologie: das Kochen.
Er fand ein Stück Rinderfilet im Kühlschrank, einen kleinen Kopfsalat und einen Rest Reis in einer der unzähligen Tupperdosen, die seine Frau wie Schätze hütete. Er zauberte dazu eine seiner berüchtigten Soßen mit exotischen Gewürzen wie frischem Ingwer und Koriander, den er in einem Blumentopf züchtete. Schließlich löschte er mit einem trockenen Weißwein sowohl die Soße als auch seinen Durst, sodass er nach dem Essen ein wenig angeheitert war. Er legte sich bequem auf die Couch im Wintergarten und bemerkte, dass so ein Nachmittag
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