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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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ihn großzog, wurde deshalb vor ihrer Einstellung in einer Art Katechismusinquisition auf Herz und Nieren geprüft und entpuppte sich als jemand, an dem die Papstwürde nur deshalb vorübergegangen war, weil das gewisse Etwas zwischen den Beinen fehlte.
    Sie hatte ihm eine Überdosis Katholizismus verabreicht, sodass er als Jugendlicher als erste freie Entscheidung wählte, am Sonntag im Bett liegen zu bleiben, bis die Kirche aus war. Es hatte ihn viel Mühe gekostet, zu einer schlichten Religiosität zurückzufinden, die weniger im Glauben an einen allmächtigen Gott begründet war, als im Bewusstsein, der eigenen Bedeutungslosigkeit mit einem sinnstiftenden Prinzip entgegentreten zu müssen. Er akzeptierte, dass etwas in seiner und aller Seelen existierte, das sich nach einem Gott, einem Vater sehnte, und ein Leugnen dieser Kraft der Amputation eines Körperteils gleichkam.
    Er genoss die Minuten in der Dunkelheit. Ein Piepsen in seiner Tasche riss ihn aus seinen Gedanken. Das GPS-Gerät tat kund, dass es aufgrund der längeren Bewegungslosigkeit eine Wegmarke setzte, die es abspeicherte.
    Christopher erhob sich, machte gedankenverloren der alten Gewohnheit folgend eine Kniebeuge vor dem Altar und verließ die Kirche. Er schwang sich auf sein Fahrrad und radelte an der mittelalterlichen Klosteranlage mit dem Torso der Kirche des Heiligen Petrus aus dem elften Jahrhundert vorbei, die kurz nach dem Tod ihres berühmten Abtes Wilhelm aus St. Emmeran im Jahre 1091 die alte Aureliuskirche ersetzt hatte.
    In dem kleinen, beschaulichen Dorf erinnerte nichts mehr an die Bedeutung, die Hirsau während des Investiturstreites gespielt hatte. Hirsau war die größte Klosteranlage Deutschlands und das wichtigste Reformkloster nach den Regeln Clunys nördlich der Alpen gewesen.
    Doch was blieb schlussendlich von aller Gelehrsamkeit, allem Streben nach Wissen, Schönheit und Vollkommenheit übrig? Im Mahlwerk der Zeit wurde früher oder später jedes Ding, jede Tat, jeder Gedanke zu Staub. Nichts blieb verschont und dennoch hoffte der Mensch, dass im großen Buch Gottes alles bewahrt würde, dass nicht Motten und Würmer das letzte Wort der Schöpfung hätten.
    Christopher beschleunigte sein Tempo. Er wollte sich wenigstens für eine kurze Weile nur dem Rhythmus der Pedale und seines eigenen Herzschlages hingeben, nicht mehr denken, sondern sein Blut und Gehirn reinigen mit dem Sauerstoff, den er in seine Lungen presste.
    Er fuhr noch einmal in das Bärental hinauf. Es war eine seiner Lieblingsstrecken, die er schon unzählige Male mit dem Rad zurückgelegt hatte. Nun hatte der Ort eine neue, aufregende Bedeutung erhalten. Der Waldweg stieg von Hirsau gemächlich an, um im Wald des Wallinger Hofes in etwa seinen höchsten Punkt zu erreichen. Dort musste er den Bach überqueren, sofern das an diesem Tag möglich war. Christopher erreichte mühelos die Stelle, an der er und Herbert ihren Fund gemacht und das unfreiwillige Bad genommen hatten. Der große Felsblock blockierte nach wie vor das Flussbett, der Fundort selbst lag unter einer Schlammschicht begraben und war nicht mehr sicher auszumachen. Enttäuscht machte er kehrt, da an ein Überqueren des reißenden Stromes nicht zu denken war. Er wusste nicht, was er gesucht hatte.
    Manchmal sprachen Orte zu ihm als würde von allen Dingen die dort geschehen waren eine schwache Spur, ein Abdruck zurückbleiben.
    Dann kam ihm ein verrückter Gedanke.
    Was wäre, wenn nicht nur der gleiche Ort verschiedene Zeiten durchliefe, sondern die gleiche Zeit verschiedene Orte? Die Relativität der Zeit war eine Relativität der Gleichzeitigkeit. Konnte es sein, dass verschiedene Momente eines Ortes parallel existierten und zueinander in Kontakt traten?
    Das abfallende Gelände forderte seine ganze Konzentration. Er schüttelte die irritierenden Gedanken ab und konzentrierte sich ganz auf den Weg. Zuhause duschte er und überprüfte danach den Anrufbeantworter.
    Vier neue Anrufe. Er hörte sie ab, um festzustellen, dass der Erste von Carolin war, die ihn bat zurückzurufen, um die Abholung am Sonntag zu besprechen, und die drei anderen von einem aufgeregten Herbert Mendelsohn, der ebenfalls um einen Rückruf bat.
    Der Stimme nach zu urteilen hatte er eine Entdeckung gemacht, die er unbedingt mit jemandem teilen musste. Christopher zügelte seine Ungeduld und entschied, zuerst Carolin anzurufen. Nachdem sie sich zum Abendessen bei seiner Schwägerin verabredet hatten, um anschließend gemeinsam

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