Arcanum – Das Geheimnis
Rosicrucianum auf dem Wimberg. Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, brachen meine Eltern mit ihrer Gemeinde aus einem mir nicht bekannten Grund. Inzwischen habe ich einen Verdacht, doch das ist eine andere Geschichte. Wir wechselten danach zu einer Gemeinschaft, die mir nicht mehr ganz so religiös erschien, und die ihr Versammlungshaus in Tübingen hatte. Es war die Fraternitas Rosae , die verschiedene Gruppen unterhielt, darunter eine für Familien, eine für junge Männer und eine Kindergruppe, in die ich gesteckt wurde, und mit der ich meine ersten Pfadfinderabenteuer erlebte. Vielleicht haben mich die Räuber und Schandarm Spiele zu meinem heutigen Beruf gebracht.“
Er lächelte Carolin offen an und fuhr fort: „Ich bin noch heute ein aktives Mitglied der Gemeinschaft, und zwar in einer -nennen wir es mal- geheimen Einsatzgruppe. Davon wissen aber meine Vorgesetzten bei der Polizei nichts“.
„Was sind denn die Ziele dieser Gemeinschaft?“, fragte Carolin.
„Das ist nicht ganz leicht zu beantworten. Wenn Du einmal bei den Rosenkreuzern warst, dann hast Du gelernt mystische Formeln nachzusprechen, ohne allzu viele Fragen zu stellen“. Es klang wie eine Entschuldigung.
„Nun bin ich nicht mehr in der Pfadfindergruppe und habe inzwischen viele Fragen gestellt. Es gibt einen Großmeister, der die ganze Geschichte der Fraternitas Rosae kennt. Er hat mich unter seine Fittiche genommen, um mir meine vielen Fragen zu beantworten. Er ist ein sympathischer Mann, Physiker von Beruf, der mich in die sehr alten Geheimnisse der Rosenbruderschaft eingeweiht hat. Die Gründung unserer Loge reicht zurück ins Jahr 1049, die Fraternitas Rosae an sich ist aber viel älter. Es war kurz nach dem Besuch Leos in Hirsau. Du kennst inzwischen Bischof Gebhard, Wilhelm von Hirsau und Adeodatus, die alle dazugehörten. Sie schworen, das Arcanum zu verbergen und gegebenenfalls mit Gewalt vor jedem Zugriff zu schützen. Das Buch ist im Besitz der Rosenbruderschaft. Der Großmeister hat es mir überlassen, weil er will, dass ich es benutze, um einer militanten Gruppe das Handwerk zu legen, die seit langer Zeit auf der Suche ist nach dem Gegenstand, der Macht verleihen soll über Leben und Tod. Diese Gruppe hat vermutlich Christopher entführt und ist für den Einbruch in die Praxis verantwortlich. Adeodatus wurde zum Verräter. Er erzählte seinem Mentor Gregor, dass er mithilfe des Kreuzessplitters auf der goldenen Scheibe schon einmal das Arcanum aufgespürt hätte und es noch einmal tun würde, um Gregor zu Diensten zu sein. Das Arcanum hat Hirsau wahrscheinlich nie verlassen, wurde aber an wechselnden Orten auf dem riesigen Klostergelände des alten und neuen Klosters, das sein berühmter Abt Wilhelm von St. Emmeram erbauen lies, verborgen, um einen Diebstahl zu erschweren. Adeodatus hatte anscheinend eine mediale Veranlagung und konnte mit dem Kreuzessplitter wie mit einer Art Wünschelrute das Gegenstück dazu aufspüren“.
Carolin wollte eine Frage stellen, doch er kam ihr zuvor.
„Du hast gehört, was Professor Bellheim übersetzt hat. Ja, es ist vielleicht das einzige zusammenhängende Stück vom Kreuz Jesu. Eine mächtige Reliquie des Antichristen. Es verleihe Macht über Leben und Tod und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt könne man eine Herrschaft des Schreckens damit errichten.“
Sven schwieg, um Carolin die Gelegenheit zu geben, das Gehörte zu verdauen.
„Was hat eine Kalenderscheibe aus Mittelamerika um Gottes willen mit all dem zu tun?“
„Es klingt völlig verrückt für jemanden wie Dich, der in seiner katholischen Weltanschauung gefangen ist. Jesus war kein Katholik.“
Carolin schaute ihn empört an.
Er beeilte sich hinzuzufügen, „ich will Deine religiösen Gefühle nicht verletzen. Aus dem Religionsunterricht wirst Du noch wissen, dass Jesus für die Juden nicht Sohn Gottes, sondern ein Prophet ist. Für die Rosenkreuzer ist er eine Art Medium und für die Fraternitas Rosae reiht er sich in eine lange Linie von außergewöhnlichen Menschen, die eine besondere Fähigkeit verbindet: Sie können in die Zukunft schauen, durch die Zeit reisen, nenne es, wie Du willst. Diese Menschen wandern durch die Jahrtausende und es heißt, sie stünden in einem zeitlosen Raum miteinander in Verbindung“.
Carolin blieb der Mund offen stehen.
„Es gab einen Mann in Mittelamerika um das Jahr tausend, der auch dazugehörte. Man verehrte ihn nach seinem Tod als Gott. Sein Name war Quetzalcoatl, die gefiederte
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