Arche Noah, Touristenklasse
hatte Pharaos Namen ausgesprochen. Soll man Pharaos Namen aussprechen? Man soll nicht. Das nenne ich Disziplin.«
»Pharao war streng, aber gerecht«, bekräftigte Pinky Goldstein. »Wer ehrlich arbeitete und den Mund hielt, dem ist nichts geschehen.«
»Ganz unter uns«, sagte Jochanan. »Wir hätten auf Pharao hören sollen, als er uns nicht gehen lassen wollte. Er wußte, was von dieser zionistischen Propaganda zu halten war. Jetzt hocken wir hier und sterben wie die Fliegen.«
Ein Windstoß riß einen der Vorhänge auf und wirbelte heißen Wüstensand ins Zelt. Dr. Salomon schleuderte sein Trinkhorn in die Ecke und spuckte angewidert aus.
»Zum Teufel mit diesem lauwarmen Gesöff. In Goshen hat man keine Wunder gebraucht, um Wasser zu bekommen.
Gutes Trinkwasser. Und überhaupt. Wäre ich doch nur wieder in meiner geschmackvoll eingerichteten Zweizimmerhöhle.«
Gloria kämmte ihr Haar:
»Außerdem sind seit dem letzten Wunder schon wieder Wochen vergangen«, sagte sie schnippisch.
»Das Unglück ist«, holte Dr. Salomon aus, »daß Moses lieber auf Jetro hört, seinen gojischen Schwiegervater, als auf die jüdischen Fachleute. Was ist das Resultat? Ein Kastensystem mit lauter Obersten und Hauptleuten und solchem Zeug. Aber dafür darf man keine Zinsen mehr nehmen. Wie will er unter solchen Umständen das Budget ausgleichen? Oder nehmen Sie dieses blödsinnige neue Sklavengesetz. Wer wird denn noch investieren, wenn man die Sklaven alle sieben Jahre freisetzen muß?«
»Angeblich plant Aaron ein neues Goldbesteuerungs-System«, flüsterte Pinky. »Das gibt uns den Rest.«
»Wissen möchte ich, was Moses oben auf dem Berg erreicht hat«, brummte Dr. Salomon.
Jochanan kratzte sich am Kinn; seine Stimme klang verschwörerisch:
»Stellen Sie Radio Kairo ein«, sagte er. »Es kursieren Gerüchte, daß man uns die Rückkehr ermöglichen will. Ich weiß allerdings noch nichts Konkretes. Pharao soll auf der Tötung unserer Erstgeborenen bestehen, verspricht uns aber im übrigen humane Behandlung, geregelte Arbeit und gesicherte Verpflegung ... Moses müßte natürlich ausgeliefert werden ...«
Die Männer steckten ihre Köpfe zusammen.
Genau in diesem Augenblick geschah es, daß Moses vom Herrn die steinernen Tafeln mit den Zehn Geboten empfing.
Nichts ist unseren Künstlern so zuwider wie die aufdringliche Verehrung, die ihnen von der großen Masse entgegengebracht wird. Nur eines ist ihnen noch zuwiderer: wenn ihnen die große Masse keine aufdringliche Verehrung entgegenbringt.
INKOGNITO
Der bedeutende Maler, der im ganzen Lande höchstes Ansehen genießt, will eine Krawatte kaufen und betritt inkognito ein Modewarengeschäft. Insgeheim hat er jedoch keinen sehnlicheren Wunsch, als daß der Ladeninhaber sein Inkognito durchschaut und ihm nicht nur die gebührende Bewunderung zuteil werden läßt, sondern auch den gebührenden Preisnachlaß.
Der Ladeninhaber seinerseits mißt den bedeutenden Maler mit einem völlig leeren, gleichgültigen Blick. Offenbar ahnt er nichts von der Ehre, die ihm da widerfährt.
Im allgemeinen ist der bedeutende Maler immer von einem Schwarm junger Bewunderer begleitet, die in solchen Fällen den betreffenden Ladeninhaber vorsorglich informieren, welche prominente Persönlichkeit seinen Laden betritt. Diesmal hat der bedeutende Maler aus irgendwelchen Gründen den Laden allein betreten und befindet sich somit in einiger Verlegenheit. Er kann ja dem Ladeninhaber nicht gut sagen:
»Ich bin Jizchak Bar Honig, der bedeutende Maler.« Das ließe seine Bescheidenheit niemals zu. Was kann er also tun? Er kann versuchen, das Gespräch unauffällig in eine Richtung zu lenken, die ihm Gelegenheit gibt, seinen Namen wie zufällig fallenzulassen. Und das spielt sich also folgendermaßen ab:
DER LADENINHABER: Bitte sehr?
DER BEDEUTENDE MALER: Ich möchte eine Krawatte.
DER LADENINHABER: Was für eine?
DER BEDEUTENDE MALER: Eine Krawatte für einen Künstler.
DER LADENINHABER: Bitte sehr. (Legt Krawatten vor.)
DER BEDEUTENDE KÜNSTLER: Darf ich meine Tasche auf diesen Sessel legen? Sie enthält Malutensilien.
DER LADENINHABER: Bitte sehr.
DER BEDEUTENDE MALER: (eine Krawatte prüfend) Sehr geschmackvolles Muster .
DER LADENINHABER: Unsere Krawatten werden von ersten Künstlern entworfen.
DER BEDEUTENDE MALER: Ja, das sieht man. Von diesen Dingen verstehe ich etwas. In gewissem Sinn könnte ich mich sogar als Fachmann bezeichnen, hehehe.
DER
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