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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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»Natürlich genügt das. Sie ist eben eine großartige Künstlerin.«
    »Ich würde sie nicht gerade eine Künstlerin nennen.«
    »Wenn man bedenkt, daß sie doch schon recht alt ist.«
    »Eine Zauberin ist sie, lieber Herr. Eine Zauberin.«
    »Jetzt nehmen Sie mir das Wort aus dem Mund. Sie ist großartig.«
    »Haben Sie gespürt, wie unwiderstehlich ihre Transzendenz den Beschauer umfängt und einhüllt?«
    »Man könnte geradezu sagen: einlullt.«
    »Tatsächlich. Ungefähr in der Mitte des Programms bin ich eingeschlafen.«
    »Sie auch? Merkwürdig. Wissen Sie, wie sie da eine halbe Stunde lang reglos diesen Agamon hypnotisiert - also diesen Römer - da fielen mir einfach die Augen zu. Selbst die größte Widerstandskraft geht einmal zu Ende. Finden Sie nicht?«
    »Wie man's nimmt. Ich meinerseits bin aus ganz anderen Gründen eingeschlafen. Die Aufregung, die sich in mir angestaut hatte, war zuviel für mich.«
    »Haben die Leute hinter Ihnen auch Bonbons gelutscht?«
    »Nein.«
    »Also woher die Aufregung?«
    »Weil doch in allen Zeitungen stand, daß diese Frau etwas Außergewöhnliches ist, und wenn man sie sieht, so hat man ein Gefühl, als wäre man in einem . in einem .«
    »In einem Heiligtum.«
    »Danke. Ja. In einem Heiligtum.«
    »Und das ist es eben. Wenn ich in einem Heiligtum sein will, dann gehe ich nicht ins Theater. Im Theater will ich im Theater sein und will keine Heiligtümer sehen, sondern das Leben. Besonders im Ballett.« »Sehr richtig. Dabei wird im Ballett mit Vorliebe gestorben.«
    »Na ja. Aber diese Stille.«
    »Phantastisch.«
    »Es war kaum zum Aushalten.«
    »Ich sage Ihnen: ich habe gelitten.«
    »Offenbar geht's nicht anders.«
    »Da kann man nichts machen.«
    »Und die Symbole? Jede Bewegung, jedes Zucken, jede Sicherheitsnadel symbolisiert etwas.«
    »Symbole sind etwas Beklemmendes.«
    »Leider versteht man sie nicht immer.«
    »Endlich wagt es jemand, das auszusprechen!«
    »Einen Augenblick. Man versteht sie zwar nicht, aber das ist auch nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist, das intuitive Ego unserer synkopischen Struktur zu wecken.«
    »Ja. Das ist ihre Aufgabe.«
    »Zumindest nach Ansicht der Dummköpfe, die in den Zeitungen schreiben.«
    »Diese Kretins.«
    »Wo doch die Aufgabe der Symbole im Gegenteil darin besteht, uns von der figuralen Abhängigkeit zu befreien, nicht wahr?«
    »Natürlich. Sonst wäre es ja sinnlos.«
    »Was wäre sonst sinnlos?«
    »Dieses Zeugs, von dem Sie vorhin gesprochen haben. Die Synkopen.«
    »Was sind Synkopen?«
    »Sie haben es ja schon gesagt.«
    »Richtig. Jetzt erinnere ich mich. Aber wer versteht das schon?«
    »Niemand. Ich gewiß nicht.« »Warum sagen Sie es dann nicht?«
    »Weiß der Himmel. Manchmal bringe ich es einfach nicht über mich, das zu sagen, was ich mir denke.«
    »Warum? Ich würde glatt zugeben, daß das alles für mich ein Buch mit sieben Siegeln ist.«
    »Genau. Sieben Siegel.«
    »Aber das ändert nichts daran, daß sie ein Genie ist.« »So viel steht fest.«
     
     
     

 
    In dieser unserer Zeit, einer Zeit der Umwertung aller Werte, in der sogar Begriffe wie »Gerechtigkeit« allmählich ihren Bedeutungsinhalt verlieren, gibt es eine bewundernswert hartnäckige Gruppe von Menschen, die bis zum letzten Tropfen deines Bluts für die Gerechtigkeit kämpfen. Man nennt sie Anwälte, und sie kennen sich im Labyrinth der Gesetze so gut aus, daß sie nicht einmal merken, wenn sie sich verirren. Hauptsache bleibt, daß dem Gesetz Genüge getan wird.
     
NUR KEINE RECHTSBEUGUNG!
     
    Eines Tages in den frühen Abendstunden der vergangenen Woche tauchte vor unserer Wohnungstür eine Gestalt auf und nahm alsbald die unverkennbaren Umrisse eines Polizisten an. Er händigte mir eine Vorladung ein, derzufolge ich mich am nächsten Morgen um acht Uhr auf der nächsten Polizeistation einzufinden hatte.
    Meine Frau betrachtete die Vorladung und erbleichte.
    »Warum laden sie dich so dringend vor?« fragte sie. »Was hast du angestellt?«
    »Nichts«, antwortete ich.
    Meine Frau streifte mich mit einem prüfenden Blick.
    »Du solltest nicht allein hingehen. Nimm einen Anwalt mit.«
    »Wozu?«
    »Frag nicht so dumm. Damit du jemanden bei dir hast, wofern du in Schwierigkeiten kommst.«
    Die Tatsache, daß meine Frau zum erstenmal in ihrem Leben das Wort »wofern« gebrauchte, übte eine zutiefst demoralisierende Wirkung auf mich aus. Noch am Nachmittag setzte ich mich mit Dr. Jonathan Shay-Sheinkrager in Verbindung, dem weithin

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