Archer Jeffrey
zu gehen, kam ihm der Gedanke, dass heute der erste Nachmittag seit Jahren gewesen war, ohne dass ihn jemand angerufen hatte, um sich nach seinem Wohlbefinden zu erkundigen. Er schlief sehr gut in dieser Nacht.
Am nächsten Morgen holte Cornelius sich seine Post von der Matte vor dem Briefschlitz und ging damit zur Küche. Bei einer Schale Cornflakes überflog er die Briefe. Er hatte einmal gehört, dass der Postbote Unmengen von braunen Umschlägen zustellte, wenn bekannt wurde, dass jemand Pleite machte, da Ladenbesitzer und kleine Geschäftsleute an ihr Geld zu kommen versuchten, bevor das Gericht über die Verteilung der Konkursmasse entschied.
An diesem Morgen befanden sich keine braunen Kuverts in der Post, da Cornelius dafür gesorgt hatte, dass alle Rechnungen bezahlt waren, ehe er sich daranmachte, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Die Post bestand fast ausschließlich aus Reklame und Werbesendungen; nur ein einziger weißer Umschlag mit Londoner Poststempel befand sich darunter. Es war ein handgeschriebener Brief seines Neffen Timothy, der ihm versicherte, wie sehr er es bedaure, von Cornelius’ Schwierigkeiten zu hören, und dass er sein Möglichstes tun würde, am Wochenende nach Shropshire zu reisen und ihn zu besuchen, obwohl er nur noch selten nach Chudley kam.
Es war nur ein kurzer Brief, doch Cornelius stellte fest, dass Timothy der Erste in der Familie war, der Mitgefühl für seine Lage zeigte.
Als es an der Haustür läutete, legte er den Brief auf den Küchentisch und schlurfte hinaus auf den Korridor, um zu öffnen. Elizabeth, die Frau seines Bruders, stand vor ihm. Ihr Gesicht war bleich und angespannt, und Cornelius bezweifelte, dass sie in der vergangenen Nacht viel geschlafen hatte.
Kaum hatte sie das Haus betreten, ging Elizabeth von Zimmer zu Zimmer, als wollte sie sich vergewissern, dass noch alles an Ort und Stelle war, weil sie die schlimmen Nachrichten nicht glauben konnte.
Doch jeder Zweifel schwand beim Eintreffen des Immobilienmaklers, der mit einem Maßband in der Hand und einem Fotografen an der Seite ein paar Minuten später erschien.
»Wenn Hugh mir jetzt wenigstens einen Teil der 100.000
Pfund zurückzahlen könnte, die ich ihm geliehen habe, würde mir das sehr helfen«, sagte Cornelius zu seiner Schwägerin und folgte ihr beim Rundgang durchs Haus.
Es dauerte eine Weile, ehe Elizabeth sich dazu äußerte, obwohl sie die ganze Nacht Zeit gehabt hatte, sich eine Antwort auf diese Frage zurechtzulegen.
»Das ist nicht so einfach«, sagte sie schließlich. »Weißt du, der Kredit ging an die Gesellschaft. Da sind noch weitere Personen, die ebenfalls Gesellschaftsanteile besitzen.«
Cornelius kannte diese drei weiteren Personen. »Dann ist es jetzt vielleicht an der Zeit, dass du und Hugh eure Anteile verkauft.«
»Damit irgendein Fremder die Firma an sich reißen kann, nach der vielen Arbeit, die wir in all den Jahren hineingesteckt haben? Nein, das können wir nicht zulassen! Wie auch immer, Hugh hat sich bei Mr. Vintcent nach der Rechtslage erkundigt und erfahren, dass wir nicht verpflichtet sind, unserer Anteile zu verkaufen – nicht mal einen Teil davon.«
Cornelius blickte seine Schwägerin an. »Hast du mal darüber nachgedacht, dass ihr eine moralische Verpflichtung haben könntet?«
Sie wich seinem Blick aus. »Cornelius, es war dein Leichtsinn, nicht unserer, der dich in diesen Schlamassel gebracht hat. Du kannst doch nicht ernsthaft erwarten, dass dein Bruder alles opfert, für das er viele Jahre gearbeitet hat und meine Familie in die gleiche Misere bringt, in der du jetzt steckst?«
Cornelius wusste nun, weshalb Elizabeth in der vergangenen Nacht nicht geschlafen hatte. Sie trat nicht nur als Wortführerin auf – sie traf offenbar auch die Entscheidungen. Cornelius hatte sie schon immer für die treibende Kraft hinter Hugh gehalten, und er bezweifelte, dass er seinen Bruder zu Gesicht bekommen würde, ehe eine Einigung erzielt war.
»Aber vielleicht könnten wir auf eine andere Weise helfen«, fuhr Elizabeth in versöhnlicherem Tonfall fort und legte eine Hand auf ein reich mit Goldlaub verziertes Tischchen im Wohnzimmer.
»Nun, da du es erwähnst«, erwiderte Cornelius. »Das Haus wird in ungefähr zwei Wochen verkauft, und ich werde Ausschau halten nach …«
»So bald schon?«, rief Elizabeth. »Was wird dann aus der ganzen Einrichtung?«
»Sie wird als Teil der Konkursmasse ebenfalls verkauft. Aber wie ich schon sagte …«
»Hugh hat dieses
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