Archer Jeffrey
noch?«
»Drei, vielleicht vier Jahre«, antwortete der Arzt, »aber nur, wenn Sie sich schonen.«
Stoffel schlief wieder ein.
Erst nach weiteren sechs Wochen wurde Stoffel aus dem Krankenhaus entlassen, und selbst da bestand Inga noch auf einer langen Rekonvaleszenz.
Seine alten Freunde besuchten ihn zu Hause, darunter Martinus de Jong, der ihm versicherte, dass er selbstverständlich jederzeit seine Stelle bei der Bank wieder einnehmen könne.
»Nein, ich werde nicht in die Bank zurückkehren«, sagte Stoffel ruhig. »Sie bekommen in den nächsten Tagen meine Kündigung.«
»Aber wieso?«, fragte de Jong. »Ich versichere Ihnen …« Stoffel winkte ab. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Martinus, aber ich habe andere Pläne.«
Am selben Tag, an dem der Arzt ihm erlaubt hatte, das Haus wieder zu verlassen, bat Stoffel Inga, ihn nach Crossroads zu fahren. Er wollte die Witwe jenes Mannes besuchen, dessen Tod er verschuldet hatte.
Beobachtet von stumpfen, resignierten Augen schritt das hoch gewachsene blonde Paar durch die Hütten von Crossroads. Vor dem kleinen Elendsquartier, in dem die Witwe des Fahrers hauste, wie man ihnen gesagt hatte, blieben sie stehen.
Stoffel hätte angeklopft, aber es gab nicht einmal eine Tür. Er spähte durch die Öffnung in die Düsternis und sah eine junge Frau mit einem Baby auf den Armen in einer Ecke kauern.
»Ich bin Stoffel van den Berg«, stellte er sich vor. »Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, wie Leid es mir tut, dass ich ungewollt den Tod Ihres Mannes verschuldet habe.«
»Danke, Master«, antwortete sie. »Sie brauchen mich nicht besuchen.«
Da es keine Sitzgelegenheit gab, ließ Stoffel sich auf den Boden sinken und überkreuzte die Beine.
»Ich möchte Ihnen auch dafür danken, dass Sie mir die Chance zu einem neuen Leben gegeben haben.«
Die Frau nickte bloß.
»Kann ich irgendetwas für Sie tun?« Er machte eine Pause. »Vielleicht möchten Sie mit Ihrem Kind zu uns ziehen?«
»Nein, danke, Master.«
»Gibt es denn gar nichts, was ich tun kann?«, fragte Stoffel hilflos.
»Nein, danke, Master.«
Stoffel stand auf. Er erkannte, dass seine Anwesenheit die Frau beunruhigte. Er und Inga schritten zurück durch das deprimierende Stadtviertel und sprachen erst wieder, als sie ihren Wagen erreicht hatten.
»Ich war so blind«, sagte er, als Inga ihn nach Hause fuhr.
»Nicht nur du«, gestand seine Frau mit Tränen in den Augen. »Aber was können wir tun?«
»Ich weiß, was ich tun muss.«
Inga hörte ihrem Mann zu, als er beschrieb, wie er den Rest seines Lebens verbringen wollte.
Am nächsten Morgen rief Stoffel die Bank an und berechnete mit Martinus de Jong, wie viel er in den nächsten drei Jahren ausgeben konnte.
»Haben Sie Inga gesagt, dass Sie sich Ihre
Lebensversicherung auszahlen lassen wollen?«
»Es war ihre Idee«, entgegnete Stoffel.
»Was werden Sie mit dem Geld anfangen?«
»Ich werde Bücher aus zweiter Hand kaufen, außerdem
Fußbälle und Kricketschläger.«
»Wir könnten helfen, indem wir die Summe verdoppeln, die
Sie dafür ausgeben wollen«, schlug der Generaldirektor vor. »Wie?«, erkundigte sich Stoffel.
»Indem wir den Überschuss verwenden, den wir in unserem
Sportfonds haben.«
»Aber der ist nur für Weiße gedacht.«
»Sie sind Weißer«, entgegnete der Generaldirektor. Martinus schwieg eine Weile, bevor er hinzufügte: »Bilden
Sie sich nicht ein, dass Sie der Einzige sind, dem durch diese
Tragödie die Augen geöffnet wurden. Und Sie sind am besten
geeignet, andere …« Er zögerte.
»Andere was?«, fragte Stoffel.
»Andere, die noch größere Vorurteile hatten als Sie, davon
zu überzeugen, ihre früheren Fehler einzusehen.«
An diesem Nachmittag fuhr Stoffel wieder nach Crossroads.
Er schritt mehrere Stunden in der Township herum, ehe er sich
für ein von Wellblechhütten und armseligen Zelten umgebenes
Stück Land entschied.
Obwohl der Boden nicht flach war und weder die richtige
Form noch Größe hatte, begann er das künftige Spielfeld mit
Schritten abzumessen, wobei Hunderte von Kindern ihm
zuschauten.
Am nächsten Tag halfen ihm einige dieser Kinder, mit
Kreide die Spielfeldmarkierungen zu ziehen und die Eckfahnen
aufzustellen.
Vier Jahre, einen Monat und elf Tage fuhr Stoffel van den Berg jeden Morgen nach Crossroads, wo er die Kinder in einer armseligen Schule in Englisch unterrichtete.
Nachmittags brachte er diesen Kindern Rugby oder Kricket bei, je nach der Jahreszeit. In den Abendstunden streifte er durch die
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