Archer Jeffrey
weißen Lehrkräften unterrichtet wurden. Die wenigen Schwarzen, die Stoffel im Schulhaus sah, putzten die Toiletten, die sie selbst nicht benutzen durften.
Stoffel erwies sich als überdurchschnittlicher Schüler mit einer bemerkenswerten Begabung für Mathematik und einer besonderen Vorliebe für Mannschaftssport. Auf dem Spielfeld war er unübertrefflich.
In seinem letzten Schuljahr glänzte der einsfünfundachtzig große blonde Bure beim Kricket. Noch ehe er sich um einen Studienplatz an einer Universität beworben hatte, sprach man bereits davon, ihn als Rugby oder Kricketspieler bei den Springboks aufzunehmen. Mehrere College-Scouts boten ihm in seinem letzten Schuljahr Stipendien an. Auf den Rat seines Rektors und mit der Billigung seines Vaters entschied er sich für Stellenbosch.
Stoffels unaufhaltsamer Aufstieg setzte sich fort, kaum dass er auf dem Campus angekommen war. In seinem ersten Jahr wurde er Schlagmann der Universitäts-Kricketmannschaft. Er fehlte während der Saison bei keinem einzigen Spiel. Zwei Jahre später wurde er Kapitän der ungeschlagenen UniAuswahl und spielte im Team der Western Province.
Nach Abschluss seines Studiums rekrutierte ihn die Bardays Bank für ihre Public-Relations-Abteilung. Stoffel wurde beim Einstellungsgespräch rasch der vorrangige Grund klar: Sie wollten, dass er für Bardays den Inter-Bank Kricketcup gewann.
Er arbeitete erst wenige Wochen in der Bank, als die Manager von Springbok ihm schriftlich mitteilten, sie würden ihn gern in den Kader der südafrikanischen KricketNationalmannschaft aufnehmen, die sich auf eine mit Spannung erwartete Begegnung mit den Engländern vorbereitete. Die Bank reagierte erfreut und versicherte ihm, dass sie ihm so viel Urlaub geben würde, wie er benötigte, um Nationalspieler zu werden.
Voller Interesse verfolgte Stoffel die in England stattfindende Ashes-Serie. Er hatte über Spieler wie Underwood und Snow gelesen, doch ihre Berühmtheit schüchterte ihn nicht ein. Er wollte ihnen zeigen, wozu die südafrikanischen Bowler, die Schläger, fähig waren.
Die südafrikanischen Zeitungen verfolgten die Ashes-Serie ebenfalls mit großem Interesse, weil sie ihre Leser über die Stärken und Schwächen des Teams auf dem Laufenden halten wollten, das in wenigen Wochen gegen ihre Mannschaft antreten würde. Diese Berichte wurden plötzlich aus dem Sportteil auf die Titelseite verlegt, als England einen Allroundspieler aus Worcester namens Basil D’Oliveira in die Nationalmannschaft aufnahm. Mr. D’Oliveira, so nannte ihn die Presse, kam deshalb auf die Titelseite, weil er ein »Cape Coloured« war, wie die Südafrikaner es nannten, ein Kapfarbiger. Da man den in Südafrika Geborenen nicht gestattet hatte, in einer Mannschaft Weißer Kricket zu spielen, war er nach England emigriert.
Die Presse in beiden Ländern warf die Frage auf, wie die südafrikanische Regierung sich dazu stellen würde, sollte D’Oliveira vom MCC, dem britischen Kricketverband, für die Spiele in Südafrika ausgewählt werden.
»Falls die Engländer tatsächlich so dumm sind«, sagte Stoffel zu seinen Freunden in der Bank, »wird man die Sache abblasen müssen.« Schließlich konnte niemand von ihm erwarten, dass er gegen einen Farbigen spielte.
Die Südafrikaner konnten nur hoffen, dass Mr. D’Oliveira beim letzten Testspiel Fehler machte und sich dadurch für die bevorstehenden Spiele disqualifizierte. Dann wäre das Problem behoben.
D’Oliveira tat ihnen scheinbar den Gefallen, als er beim ersten der beiden Test-Länderspiele gegen die Australier auf der ganzen Linie versagte; beim zweiten Spiel aber lief er zur Hochform auf und siegte praktisch im Alleingang. Trotzdem wurde er nicht in der Mannschaft aufgestellt, die gegen Südafrika spielen sollte; er reiste nur als Ersatzspieler mit.
Die südafrikanische Regierung ließ umgehend verlauten, dass in ihrem Land nur weiße Spieler willkommen seien. Während der folgenden Wochen kam es immer wieder zu heftigen diplomatischen Auseinandersetzungen, doch da der MCC sich weigerte, D’Oliveira aus dem Team auszuschließen, wurde das Länderspiel schließlich abgesagt. Erst nachdem Nelson Mandela 1994 Präsident wurde, besuchte wieder eine englische Mannschaft Südafrika.
Diese Entscheidung hatte Stoffel tief erschüttert. Zwar spielte er weiterhin für die Western Province und sorgte dafür, dass Bardays den Pokal behielt, doch er zweifelte, dass er je wieder eine Chance für die Nationalmannschaft
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