Archer Jeffrey
bloß deshalb in St. George sehen ließ, der Hauptstadt Arangas, weil sein Jet auf dem Rückflug von Jakarta nach London hier auftanken konnte. Es gab nur wenige Personen, die das winzige Protektorat Aranga besuchten, wenn sie nicht auf dem Weg von irgendwoher oder nach irgendwohin waren.
Dieser Minister, Mr. Will Whiting – im Außenministerium als »Witless Will« verschrien, als »kopfloser Will« – würde bei der nächsten Kabinettsumbildung durch einen engagierteren Politiker abgelöst werden, wie die Times ihren Lesern versicherte. Da Whiting jedoch in der Residenz des Hochkommissars übernachten würde, hielt Henry das für eine gute und vielleicht seine einzige Gelegenheit, eine ministerielle Entscheidung für das Schwimmbadprojekt zu bekommen. Henry war regelrecht versessen darauf, die Arbeit am Schwimmbad zu beginnen, das die Kinder hier so dringend benötigten. In einem ausführlichen Memorandum hatte er das Außenministerium daran erinnert, dass es seine Zusage gegeben hatte, nachdem Prinzessin Margaret vor vier Jahren in Aranga gewesen war, um den Grundstein für das Schwimmbad zu legen. Henry fürchtete, dass das Projekt im Außenministerium zu den Akten gelegt worden war, sodass er immer wieder darauf hinweisen musste, um zu verhindern, dass die Sache in Vergessenheit geriet.
Im zweiten Korb lag der von Bill Paterson versprochene Kontoauszug, der bestätigte, dass das Konto des Hochkommissariats mehr Geld aufwies als erwartet – 1123 Kora, um genau zu sein –, da es am Wochenende nicht zum Staatsstreich gekommen war. Henry interessierte sich nicht sonderlich für die finanziellen Belange des Protektorats, doch als Erster Sekretär war es seine Pflicht, jeden Scheck im Namen der Regierung Ihrer Majestät gegenzuzeichnen.
Im Korb »Zur weiteren Erledigung« lag nur noch ein nennenswertes Schreiben: Eine Bitte, Henry möge im November, beim jährlichen Dinner des Rotary Clubs, eine Rede halten. Jedes Jahr wurde erwartet, dass ein Angehöriger des Hochkommissariats dies auf sich nahm. Offenbar war Henry diesmal an der Reihe. Er stöhnte, zeichnete das Schreiben jedoch an der rechten oberen Ecke ab.
Im Korb »Zur Durchsicht und Ablage« befand sich nur der übliche Kram: kostenlose Angebote für irgendetwas Unnötiges, Rundschreiben sowie Einladungen zu Veranstaltungen, an denen kein Mitarbeiter des Hochkommissariats je teilnahm. Henry machte sich nicht einmal die Mühe, das Zeug durchzublättern, sondern wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Korb »Dringend, zur sofortigen Erledigung« zu und beschäftigte sich mit dem Zeitplan für den Minister.
27. August
15.30 Uhr: Mr. Will Whiting vom Außenministerium am Flugplatz empfangen durch den Hochkommissar, Sir David Fleming, und den Ersten Sekretär, Mr. Henry Pascoe.
16.30 Uhr: Tee im Hochkommissariat mit dem Hochkommissar und Lady Fleming.
18.00 Uhr: Besuch des Queen Elizabeth College, wo der Minister den Absolventen Preise überreichen wird (Rede anbei).
19.00 Uhr: Cocktailparty im Hochkommissariat. Ca. hundert Gäste (Liste anbei).
20.00 Uhr: Dinner mit General Olangi in der VictoriaKaserne (Rede anbei).
Henry blickte auf, als seine Sekretärin das Büro betrat. »Shirley, wann kann ich dem Minister den Bauplatz für das Schwimmbad zeigen? Auf seinem Zeitplan ist die Besichtigung nicht aufgeführt.«
»Ich habe für morgen Vormittag, auf seiner Rückfahrt zum
Flugplatz, fünfzehn Minuten dafür eingeschoben.«
»Fünfzehn Minuten, um etwas zu besprechen, das das Leben von tausend Kindern beeinflusst!«, murmelte Henry und schaute wieder auf den Zeitplan des Ministers. Er drehte die Seite um.
28. August
08.00 Uhr: Frühstück in der Residenz mit dem
Hochkommissar und führenden einheimischen Geschäftsleuten
(Rede anbei).
09.00 Uhr: Abfahrt zum Flugplatz.
10.30 Uhr: British Airways Flug 0177 nach London
Heathrow.
»Es steht nicht mal auf seiner Liste!«, brummte Henry und blickte seine Sekretärin an.
»Ich weiß«, antwortete Shirley, »aber der Hochkommissar ist der Meinung, dass der Minister sich bei einem so kurzen Halt auf das Vorrangige konzentrieren sollte.«
»Zum Beispiel auf den Tee mit der Gemahlin des Hochkommissars«, schnaubte Henry. »Kümmern Sie sich darum, dass er rechtzeitig zum Frühstück kommt und dass der Absatz, den ich Ihnen am Freitag über die Zukunft des Schwimmbads diktiert habe, in seine Rede eingefügt ist.« Henry stand von seinem Schreibtisch auf. »Ich habe die Briefe durchgeblättert. Ich fahre jetzt in die
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