0123 - Dr. Tods Monsterhöhle
In dem kalten Schuppen sah man kaum die Hand vor Augen. Und auch die Gestalten der beiden Personen waren nur in den Umrissen zu erkennen.
Ein Mann und eine Frau!
Der Mann war nervöser. Er hockte auf dem alten Ölfaß und scharrte ungeduldig mit den Füßen. Seine Sohlen kratzten dabei über den rauhen Beton.
»Hör doch auf«, sagte die Frau.
»Ach, du hast gut reden.« Der Mann stand auf und schritt auf das Fenster zu, das sich als graues Rechteck in der Wand abzeichnete.
Davor blieb er stehen und hakte die Hände an seinen breiten Gürtel. »Pam, ich glaube, der Hundesohn hat uns drauf gesetzt.«
»Nein, Dr. Tod wird kommen!« erwiderte Pamela Scott.
Der Mann lachte. »Dr. Tod! Was ist das schon für ein Name? Unter diesem Namen kann man doch nicht mitarbeiten.«
»Wieso, Rudy? Ich heiße doch auch Lady X.«
»Ja, den Namen haben dir die Zeitungsschmierer gegeben.«
»Ich bin stolz drauf«, lächelte Pamela Scott und dachte zurück an die Anfänge.
Vor vier Jahren hatte sie sich dazu entschlossen, der Gesellschaft den Rücken zu kehren. Das heißt, sie wollte sich nicht in die Zwänge pressen lassen und dafür sorgen, daß es auch andere nicht taten. Sie gründete eine Bande. Fünf Leute waren sie, die den Umsturz planten. Sie raubten Banken aus, plünderten Geldzüge, nahmen Geiseln und schossen, wenn es sein mußte, wie die Teufel um sich.
Drei aus ihrer Bande blieben auf der Strecke.
Doch Lady X, den Namen hatten ihr tatsächlich die Reporter gegeben, faßte man nicht.
Rudy war der einzige, dem sie noch trauen konnte. Er und die Lady X hatten überlebt. Die anderen vermoderten längst sechs Fuß tief unter der Erde.
Rudy und sie waren schon ein eiskaltes Gespann. Gefühle kannten sie nicht mehr. Wenigstens anderen gegenüber nicht.
Dann hatte vor drei Tagen dieser Dr. Tod angerufen. Eigentlich hieß er Solo Morasso, und dieser Name war Lady X wiederum ein Begriff. Sie kannte ihn als Gangsterfürsten sizilianischer Prägung.
Damals hatten die großen Zeitungen über sein plötzliches Ableben berichtet, und nun hatte er sich gemeldet.
War es tatsächlich dieser Solo Morasso? Wenn ja, dann war sein Tod eine gewaltige Täuschung gewesen. Letzteres erforderte wirklich Bewunderung, denn so etwas hätte selbst eine Frau wie Lady X nicht fertiggebracht.
Deshalb war sie auch auf Dr. Tods Plan eingegangen und hatte zugestimmt, sich mit ihm zu treffen.
Rudy, ihr Komplize, war anderer Meinung. Er traute keinem und gab sich wie ein gehetztes Wild. Rudy war immer auf der Flucht, und diese Flucht hatte Spuren bei ihm hinterlassen. Er war nervös geworden, unruhig, sein Blick zeigte einen gehetzten Ausdruck.
Auf Rudy war kein Verlaß mehr. Er schoß auch zu schnell.
Nicht daß Pamela Scott etwas dagegen gehabt hätte – sie hatte kein Gewissen –, aber es gab doch Situationen, da überlegte man lieber erst, bevor man zur Waffe griff.
Auch jetzt konnte er sich kaum zügeln. Er wandte sich vom Fenster ab und schritt wieder zurück. Über seiner rechten Schulter hing eine Maschinenpistole, ein tschechisches Fabrikat, während sich Lady X lieber auf eine israelische Uzi verließ. Zudem trug sie im Gürtel noch eine Luger.
Mit beiden Waffen konnte sie ausgezeichnet umgehen.
»Hat er denn wenigstens gesagt, wann er kommt?« fragte Rudy.
»Gegen Mitternacht.«
»Shit.«
»Keine Angst, er wird schon noch erscheinen.«
Rudy zündete sich eine Zigarette an. Aus alter Gewohnheit rauchte er die in der hohlen Hand.
Sie saßen jetzt dicht nebeneinander. Rudy hielt den Kopf gesenkt und schaute zu Boden, Lady X blickte gegen die Wand.
Sie war eine hübsche und mit 30 Jahren voll erblühte Frau, die alle Chancen im Leben gehabt hätte und auch vorwärts gekommen wäre, denn sie war auch intelligent.
Nur hatte sie den falschen Weg eingeschlagen, das war ihr Pech.
Ein Zurück gab es nicht mehr.
Eher das Gegenteil.
Allerdings erst seit dem Anruf. Dieser Dr. Tod hatte verdammt viel versprochen. Alle Reichtümer der Welt sollten die bekommen, die sich auf seine Seite stellten. Aber es ging nicht nur um Geld, sondern auch um die Vernichtung.
Solo Morasso war ein Menschenhasser, und Pamela Scott ebenfalls.
Sie paßten zusammen.
Rudy stand auf. »Ich halte es nicht mehr aus«, sagte er. »Wenn er nicht bald kommt, verschwinde ich. Das riecht mir alles viel zu sehr nach einer Falle.« Er schaute Lady X an. Was er sah, ließ sein Blut schneller kreisen.
Trotz des schwachen Lichts konnte er die Schönheit der Frau
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