Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rivalen
Vom Netzwerk:
Morgen alle eingebrachten Fragen und suchen nach etwaigen Fallen, die ihn in Verlegenheit bringen könnten. Überdies wird eine Reihe von möglichen Zusatzfragen mit den entsprechenden Antworten ausgearbeitet. Natürlich können sich Minister bei den Kollegen ihrer Fraktion immer erkundigen, was sie mit ihren Fragen bezwecken, die Mitglieder der Opposition aber benutzen die Fragestunde dazu, etwaige Schwächen des Ministers aufzuspüren und so die Regierung zu blamieren.
    Andrew bereitete sich auf die erste Fragestunde sehr gründlich vor, obwohl die älteren und erfahrenen Minister des Schottischen Büros beschlossen hatten, jede gefährliche Frage zu übernehmen. Schließlich mußte er nur eine Frage der Oppostition und vier seiner eigenen Partei beantworten. Dazu kam, daß Anfrage Nr. 23 von einem konservativen Abgeordneten vermutlich nicht vor drei Uhr fünfzehn vorgebracht werden würde, und zu diesem Zeitpunkt beantwortete bereits der Premier die Fragen.
    Andrews Antworten auf die Fragen Nr. 5, 9, 11 und 14 waren problemlos. Er schlug seine rote Mappe auf und stellte erfreut fest, wie gut man ihn auf alles vorbereitet hatte. Als um drei Uhr zehn Frage Nr. 19 an die Reihe kam, entspannte sich Andrew zum erstenmal an diesem Tag.
    Jetzt betrat Harold Wilson das überfüllte Unterhaus, ging an dem Tisch in der Mitte des Saales vorbei und bückte sich ein wenig, um die Sicht des Speakers auf die Regierungsbänke nicht zu blockieren. Man hatte dem Premier einen Platz zwischen dem Schatzkanzler und dem Außenminister reserviert. Dort wartete er, bis es Viertel nach drei wurde.
    Der Speaker rief Frage Nr. 21 auf, aber das Mitglied war nicht anwesend. Er rief Nr. 22 auf und wieder meldete sich niemand. Offenbar hatten die aufgerufenen Abgeordneten nicht damit gerechnet, an die Reihe zu kommen. Um drei Uhr dreizehn wurde Anfrage Nr. 23 verlesen. Sie lautete: »Wurde der Minister aufgefordert, das Kinross Nursing Home zu besuchen?« Andrews Knie zitterten.
    Er stand auf, öffnete seine Mappe und sagte: »Nein, Sir.« »Niemand im Haus wird über die Antwort des Ministers erstaunt sein«, sagte George Younger, Abgeordneter von Ayr,
    »denn das Pflegeheim zählt 49 Insassen, von denen 47 ihren eigenen Fernseher haben; daher verlangt der Minister 47 Lizenzgebühren. Würden sich alle Heiminsassen in einem Raum versammeln, könnte er nur eine Lizenzgebühr erwarten. Ist das ein weiteres Beispiel für das Altersversorgungsprogramm der Labour-Partei, von dem wir so viel hören?«
    Unter den Rufen der Opposition »Antwort, Antwort«, stand Andrew auf. Es sah in seiner Mappe nach und fand vorbereitete Antworten bezüglich medizinischer Betreuung, Alterspensionen, zusätzlichen Vergünstigungen, Lebensmittelzuweisungen, aber nichts über Fernsehlizenzen. Als er hilflos dastand, merkte er zum erstenmal, wie es einem Minister ergehen kann, wenn er nicht auf alles vorbereitet ist. Dem Zuschauer mag dieses System wundervoll demokratisch erscheinen – solange man selbst nicht der Christ ist, der sich dreihundert Löwen gegenübersieht.
    Einer der Sekretäre in der offiziellen Loge hinter dem Speaker schob ihm eine handgeschriebene Notiz zu. Da er keine Zeit hatte, sie zu prüfen, mußte er sie sofort verlesen.
    »Diese Entscheidung wurde von der letzten Regierung getroffen, welcher der verehrte Gentleman als Mitglied angehörte. Wir sahen keinen Grund, die Entscheidung rückgängig zu machen«, las er vor. Er kam sich vor wie ein Papagei. Unter höflichem Gemurmel von den Regierungsbänken setzte er sich wieder, sichtlich erleichtert.
    Mr. Younger stand auf, und man gestattete ihm eine zweite Zusatzfrage. »Mr. Speaker, wir haben uns an diese Art Ungenauigkeit von selten der Regierung gewöhnt. Die erwähnte Entscheidung wurde letztes Jahr vom Staatssekretär getroffen, und wenn der Minister seine Recherchen etwas genauer anstellt, wird er feststellen, daß damals seine Partei an der Macht war.« Die Opposition brüllte begeistert.
    Wieder stand Andrew auf und klammerte sich an das Rednerpult, um nicht zu zeigen, daß er vor Angst bebte. Einige Mitglieder auf der Regierungsbank hielten die Köpfe gesenkt. Die Opposition hatte einen guten Coup gelandet und wieherte vor Vergnügen. Andrew erinnerte sich an Lord Attlees Worte: »Wenn du dich vor dem Unterhaus blamierst, gib es zu, entschuldige dich und setz dich wieder.«
    Andrew wartete, bis es wieder stiller wurde, bevor er antwortete, »Der Staatssekretär warnte mich, daß ein neuer

Weitere Kostenlose Bücher