Archer Jeffrey
fünfzig Cents, gab zwei Cents aus, spendete zehn Cents für wohltätige Zwecke und behielt zwanzig Cents in Reserve. Vierteljährlich überprüften die Großeltern die Ausgaben und den handschriftlichen Bericht über alle Transaktionen. Nach den ersten drei Monaten war William bereit, Rechenschaft abzulegen: Er hatte den eben gegründeten Boy Scouts of America einen Dollar und zwanzig Cents gespendet und vier Dollar erspart, mit denen Großmutter Kane auf sein Bitten bei der Bank seines Taufpaten J. P. Morgan ein Sparkonto eröffnete. Seine Privatausgaben, über die er keine Rechenschaft ablegen mußte, betrugen drei Dollar und achtzig Cents, einen Dollar behielt er in Reserve. Sein Kassenbuch war für die Großmütter eine Quelle tiefer Befriedigung; kein Zweifel, William war Richard Kanes Sohn.
In der Schule hatte William wenig Freunde, zum Teil, weil er zu schüchtern war, sich an jemand anderen anzuschließen als an Cabots, Lowells oder Kinder aus noch reicheren Häusern. Damit war die Auswahl der Freunde beschränkt, und er wurde ein verschlossenes Kind, was seiner Mutter Sorgen bereitete. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn William ein normales Leben geführt hätte, und im geheimen gefiel ihr weder das Kassenbuch noch das Investitionsprogramm. An Stelle alter Ratgeber wünschte sie sich für William viele junge Freunde; sie wollte, er liefe schmutzig und zerschunden umher und sähe nicht wie aus dem Ei gepellt aus; sie wollte, er sammelte Käfer und Kröten und nicht Aktien und Bilanzen. Mit einem Wort, sie wollte ein Kind haben, das so war wie alle anderen Kinder. Aber sie brachte nie den Mut auf, mit den Großmüttern darüber zu reden, und die Großmütter interessierten sich auch nicht für andere Kinder.
An seinem neunten Geburtstag überreichte William den Großmüttern sein Buch zur zweiten jährlichen Überprüfung. Das grüne Lederbuch wies nach zwei Jahren nun einen Sparbetrag von mehr als fünfzig Dollar aus. Auf eine mit B 6 bezeichnete Eintragung war William besonders stolz; sie zeigte, daß William sofort nach Bekanntwerden des Todes von J. B. Morgan sein Geld aus dessen Bank genommen hatte, weil er sich erinnerte, daß die Aktien der väterlichen Bank gefallen waren, nachdem der Tod seines Vaters bekannt geworden war. Den gleichen Betrag hatte er drei Monate später, bevor die Öffentlichkeit erkannte, daß der Tod des großen Finanziers der Gesellschaft nichts anhaben konnte, wieder angelegt.
Die Großmütter zeigten sich beeindruckt und erlaubten William, sein altes Fahrrad zu verkaufen und ein neues anzuschaffen, wonach er immer noch eine Kapitalsumme von mehr als hundert Dollar besaß, die seine Großmutter für ihn bei der Standard Oil Company of New Jersey anlegte. Erdöl, sagte William weise, kann nur teurer werden. Er hielt das grüne Lederbuch bis zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag sorgfältig à jour. Wären die Großmütter zu diesem Zeitpunkt noch am Leben gewesen, sie wären auf die letzte Eintragung in der rechten Spalte unter »Haben« stolz gewesen.
7
Wladek war der einzige der Überlebenden, der sich in den Verliesen auskannte. Schließlich hatte er mit Leon viele glückliche Stunden verbracht, in den Kerkern Verstecken zu spielen - unbeschwert, in der Gewißheit, jederzeit wieder ins Schloß zurückkehren zu können.
Es gab vier Kerker auf zwei Ebenen. Zwei, ein größerer und ein kleinerer, befanden sich zu ebener Erde. Der kleinere lag an der Schloßmauer und erhielt durch ein kleines vergittertes Fenster hoch oben in der Steinwand schwaches Licht. Fünf Stufen tiefer lagen zwei weitere luftlose Räume in völliger Dunkelheit. Wladek führte den Baron in den kleinen oberen Kerker, wo er schweigend und bewegungslos in einer Ecke sitzen blieb und ins Leere starrte. Wladek bestimmte Florentyna zu seiner persönlichen Dienerin.
Da Wladek als einziger wagte, in demselben Raum zu bleiben wie der Baron, stellten die Bediensteten seine Autorität keinen Moment lang in Frage. So übernahm er mit neun Jahren die Verantwortung für seine Mitgefangenen, und in den Verliesen wurde er zu ihrem Gebieter. Er teilte die vierundzwanzig Bediensteten in drei Achtergruppen ein und versuchte, wo immer möglich, Familien beisammen zu lassen. Er führte ein Schichtsystem ein - die ersten acht Stunden in den oberen Verliesen, um Licht, Luft und Nahrung zu tanken und Bewegung zu machen; die nächsten acht Stunden - die beliebteste Schicht - Arbeit im Schloß für die Sieger; die letzten acht
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