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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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Fleisch ganz langsam.
Wieder erschien der Korporal. »Hast du genug zu essen bekommen, mein Junge?«
»Ja danke, Mr. Korporal.«
Der Korporal sah Wladek mißtrauisch an, konnte aber keine Spur von Frechheit in dessen Ausdruck entdecken. »Gut, dann wollen wir gehen. Bei Mr. Prendergast darf man sich nicht verspäten.«
Der Korporal verschwand durch die Küchentür, und Wladek schaute die Köchin an. Er verabschiedete sich ungern von jemandem, den er eben erst kennengelernt hatte, besonders wenn dieser jemand so freundlich war.
»Ab mit dir, Junge, wenn dir deine Haut lieb ist.«
»Danke, Frau Köchin«, sagte Wladek, »ich kann mich nicht erinnern, jemals so gut gegessen zu haben.«
Die Köchin lächelte ihm zu. Wieder mußte Wladek sehr rasch hinken, um den Korporal einzuholen. Wenn dieser marschierte, konnte Wladek nur laufen. Vor einer Tür, an die Wladek um ein! Haar angeprallt wäre, blieb der Korporal unvermittelt stehen.
»Paß auf, wo du hinläufst, mein Junge.«
Der Korporal klopfte kurz und militärisch an die Tür.
»Herein«, sagte eine Stimme.
Der Korporal öffnete die Tür und salutierte. »Der polnische Junge, Sir. Gewaschen und gefüttert wie befohlen.«
»Danke, Korporal. Würden Sie so freundlich sein, Mr. Gram zu mir zu bitten?«
Edward Prendergast blickte von seinem Schreibtisch auf, deutete Wladek an, sich zu setzen, und fuhr fort, seine Akten zu studieren. Wladek nahm Platz und schaute zuerst Mr. Prendergast und dann die Porträts an der Wand an. Wieder Generäle und Admiräle, und wieder jener alte bärtige Mann, diesmal in Khakiuniform. Ein paar Minuten später kam der zweite Engländer, den er vom Marktplatz her kannte, herein.
»Danke, daß du gekommen bist, Harry. Setz dich, mein Alter.«
Mr. Prendergast wandte sich an Wladek. »Und jetzt, mein Junge, erzähl deine Geschichte von Anfang an, ohne Übertreibungen und nur die Wahrheit, verstanden?«
»Ja, Sir.«
Wladek begann seine Geschichte, und er brauchte eine ganze Weile, bis er die richtigen Worte fand. Anfangs war den beiden Engländern von ihren Mienen abzulesen, daß sie der Sache mißtrauten. Dann und wann unterbrachen sie ihn, fragten ihn etwas und nickten einander zu, wenn er antwortete. Nach einer Stunde beendete Wladek die Erzählung seiner Lebensgeschichte im Büro des Zweiten Konsuls Ihrer Britischen Majestät zu Konstantinopel.
»Ich glaube, Harry«, sagte der Zweite Konsul, »es ist unsere Pflicht, sofort das polnische Konsulat zu informieren. Unter den gegebenen Umständen ist es für ihn verantwortlich.«
»Einverstanden«, sagte der Mann namens Harry. »Weißt du, mein Junge, heute auf dem Marktplatz hast du großes Glück gehabt. Das alte islamische Gesetz, nach dem einem Dieb die Hand abgeschlagen wird, ist theoretisch seit Jahren nicht mehr in Kraft. Nach dem Strafrecht der Osmanen ist eine derartige Bestrafung sogar ein Verbrechen. Dessenungeachtet fahren die Barbaren munter damit fort.«
Er zuckte die Achseln.
»Wieso haben sie meine Hand nicht abgeschlagen?« fragte Wladek und hielt sein Handgelenk fest.
»Ich sagte ihnen, sie könnten so viele Hände abschlagen, wie sie wollten, aber nicht die Hand eines Engländers«, warf Edward Prendergast ein.
»Gott sei gedankt«, murmelte Wladek schwach.
»Eigentlich Edward Prendergast«, sagte dieser und lächelte zum erstenmal. Der Zweite Konsul fuhr fort: »Du kannst heute bei uns übernachten, und morgen bringen wir dich zu deiner Delegation; die Polen haben keine Botschaft in Konstantinopel«, sagte er ein wenig verächtlich. »Aber für einen Ausländer ist mein Kollege ein ordentlicher Kerl.«
Er drückte auf einen Knopf, und sofort erschien der Korporal.
»Sir.«
»Korporal, führen Sie den jungen Koskiewicz auf sein Zimmer. Am Morgen bekommt er ein Frühstück, und Punkt neun hat er hier zu erscheinen.«
»Ja, Sir. Komm mit mir, mein Junge.«
Wladek wurde weggeführt und hatte nicht einmal Zeit, seinen beiden Schutzengeln, die ihm die Hand und vielleicht das Leben gerettet hatten, zu danken. In einem sauberen kleinen Zimmer angekommen - das Bett war aufgebettet, als sei er ein Ehrengast zog er sich aus, warf das Kissen auf den Boden und schlief tief und fest, bis die Morgensonne durch das winzige Fenster schien.
»Raus aus den Federn, Junge.«
Es war der Korporal, in tadelloser Uniform, mit messerscharfen Bügelfalten. Wladek, der aus tiefem Schlaf erwachte, glaubte einen Moment lang, wieder im Lager 201 zu sein; das Geräusch, das der Korporal mit seinem Stab auf dem

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