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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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Pole? Wladek wußte es nicht, aber aus irgendeinem Grund war der Mann hier, um das Spektakel zu beobachten. Wladek starrte ihn an und versuchte verzweifelt, seinen Blick zu erhaschen. Der Europäer zollte ihm keine Beachtung. Wladek winkte mit seinem freien Arm. Vergeblich. Man band den zweiten Mann vor Wladek los und schleifte ihn zu dem Holzblock. Wieder brüllte die Menge begeistert, als das Schwert gehoben wurde, und der Mann im dunklen Anzug schaute angewidert weg. Und wieder winkte Wladek ihm verzweifelt zu.
    Jetzt blickte der Mann Wladek an und wandte sich seinem Begleiter zu, den Wladek nicht bemerkt hatte. Die Wache zerrte jetzt den letzten Gefangenen vor Wladek zur Platzmitte und legte dessen Hand in die Lederschlinge. Das herabfallende Schwert trennte die Hand diesmal mit einem einzigen Schlag ab. Die Menge schien enttäuscht. Wladek starrte immer noch auf den Europäer. Die beiden Männer blickten ihn jetzt an. Er wollte, sie würden eine Bewegung machen, aber sie schauten bloß zu ihm hinüber.
    Die Wache kam auf Wladek zu, warf seinen Fünfzig-Rubel-Mantel auf den Boden, öffnete sein Hemd und rollte den Ärmel hinauf. Vergebens versuchte Wladek, sich zu wehren, als man ihn auf den Platz schleifte: gegen den Wärter kam er nicht auf. Als Wladek vor dem Holzblock stand, stieß ihn der Wärter in die Knie, und Wladek fiel zu Boden. Man schnallte sein rechtes Handgelenk fest, und es blieb ihm nichts mehr zu tun, als fest die Augen zu schließen, während das Schwert hochgehoben wurde. In panischer Angst wartete er auf den furchtbaren Schlag, als plötzlich ein Raunen durch die Menge ging; der Silberreif glitt von Wladeks Ellbogen über sein Handgelenk auf den Holzblock. Eine unheimliche Stille trat ein. Das kostbare Schmuckstück glänzte im hellen Sonnenlicht. Der Riese legte das Schwert beiseite und betrachtete verblüfft den Silberreif. Wladek öffnete die Augen. Der Mann versuchte den Reif von Wladeks Handgelenk zu streifen, aber der Ledergurt war im Weg. Ein Mann in Uniform kam herbeigelaufen und wollte ihm helfen. Auch er studierte den Reif und die Inschrift, dann rannte er zu einem anderen Mann. Offenbar war es sein Vorgesetzter, denn er näherte sich Wladek mit gemessenen Schritten. Das Schwert lag noch immer auf dem Boden, und die Menschenmenge begann zu johlen und zu buhen. Auch der zweite Mann versuchte vergebens den Silberreif abzustreifen, schien jedoch nicht gewillt, die Lederschlinge zu lösen. Er rief Wladek etwas zu, was dieser nicht verstand. Wladek sagte auf polnisch: »Ich verstehe eure Sprache nicht.«
    Der Beamte schien erstaunt, hob die Hände zum Himmel und rief, »Allah!«. Das muß das gleiche bedeuten wie »Du guter Gott«, dachte Wladek. Der Beamte ging langsam zu den zwei europäisch gekleideten Männern, während er die Arme in alle Richtungen schwang; er glich einer wildgewordenen Windmühle. Wladek betete zu Gott; in solchen Augenblicken betet jeder Mensch, sei es zu Allah, sei es zur Jungfrau Maria. Die Europäer schauten Wladek an, und dieser nickte verzweifelt mit dem Kopf. Einer der Europäer ging mit dem Beamten zu dem Holzblock, kniete neben Wladek nieder, betrachtete prüfend zuerst den Silberreif und dann Wladek. Wladek wartete. Er beherrschte fünf Sprachen und betete, daß der Mann eine von ihnen verstand. Sein Mut sank, als der Europäer sich dem Beamten zuwandte und mit ihm türkisch sprach. Die Menge war jetzt bereits erbost und warf faule Früchte auf den Richtblock. Der Beamte nickte zustimmend, während der Europäer Wladek aufmerksam betrachtete.
    »Sprichst du englisch?«
Wladek seufzte erleichtert. »Ja, Sir. Ein wenig. Ich bin Pole.« »Wie kamst du in den Besitz des Silberreifens?«
»Er meinem Vater gehören, Sir. Er stirbt im Gefängnis von
    Deutschen und Polen. Ich gefangen werden und in Lager nach Rußland geschickt. Ich flüchte und komme mit Schiff hierher. Ich nicht essen viele Tage. Wenn Verkäufer meinen Rubel für Apfelsine nicht nimmt, ich eine nehmen, weil sehr sehr hungrig.«
    Der Engländer stand langsam auf, wandte sich an den Beamten und erklärte ihm etwas mit großer Bestimmtheit. Der Beamte wandte sich seinerseits an den Riesen mit dem Schwert, der unsicher dreinschaute; doch als der Beamte den Befehl etwas lauter wiederholte, bückte er sich widerwillig und löste die Lederschlinge. Diesmal erbrach Wladek.
    »Komm«, sagte der Engländer, »und zwar rasch, bevor sie sich anders besinnen.«
    Immer noch halb betäubt nahm Wladek seinen

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