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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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Mantel und folgte ihm. Die Menge schrie und schimpfte, als er fortging, und warf ihm alles mögliche nach. Rasch schnallte der Henkersknecht die Hand des nächsten Gefangenen an den Holzblock und schlug mit dem ersten Schlag nur dessen Daumen ab. Das schien den Pöbel zu besänftigen.
    Der Engländer drängte sich eilends durch die Menge. Als er den Platz verließ, holte ihn sein Begleiter ein.
»Was ist los, Edward?«
»Der Junge behauptet, er sei Pole und aus Rußland geflüchtet. Ich sagte dem Beamten, er sei Engländer, daher sind wir jetzt für ihn verantwortlich. Bringen wir ihn auf die Botschaft. Dort werden wir ja sehen, ob seine Geschichte halbwegs der Wahrheit entspricht.«
Wladek lief zwischen den beiden Männern durch den Bazar und dann in die Straße der Sieben Könige. Aus der Ferne drang immer noch das Gebrüll der Menge, das anschwoll, wenn das Schwert zuschlug.
Die zwei Engländer gingen über einen kiesbedeckten Hof auf ein großes graues Gebäude zu und bedeuteten Wladek, ihnen zu folgen. Am Tor standen die beruhigenden Worte »Britische Botschaft«. Als Wladek das Gebäude betrat, fühlte er sich zum erstenmal seit langer Zeit in Sicherheit. Einen Schritt hinter den beiden Männern ging er durch eine große Halle, an deren Wänden Gemälde von seltsam gekleideten Soldaten und Seeleuten hingen. Am hinteren Ende der Halle sah Wladek das prächtige Porträt eines alten Mannes in einer blauen Marineuniform, die über und über mit Orden geschmückt war. Der schöne Bart erinnerte Wladek an den des Barons. Plötzlich tauchte aus dem Nichts ein Soldat auf und salutierte.
»Korporal Smithers, nehmen Sie den Jungen und sehen Sie zu, daß er ein Bad bekommt. Lassen Sie ihm in der Küche etwas zu essen geben. Bringen Sie ihn, wenn er gegessen hat und etwas weniger wie ein wandelnder Schweinestall riecht, in mein Büro.«
»Zu Befehl, Sir«, sagte der Korporal und salutierte.
»Komm mit mir, mein Junge.«
Der Soldat ging, und Wladek folgte ihm gehorsam; er mußte laufen, um mit ihm Schritt halten zu können. Er wurde in ein kleines Zimmer im Untergeschoß der Botschaft gebracht; es hatte ein Fenster. Der Korporal befahl Wladek, sich auszuziehen, und ließ ihn dann allein. Als er ein paar Minuten später zurückkam, fand er Wladek immer noch angekleidet auf der Bettkante sitzen; wie im Traum drehte und drehte er den Silberreif an seinem Handgelenk.
»Beeil dich, Junge. Du bist hier nicht auf Erholungsurlaub.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Wladek.
»Nenn mich nicht Sir. Ich bin Korporal Smithers, und du nennst mich Korporal.«
»Ich bin Wladek Koskiewicz. Nennen Sie mich Wladek.«
»Mach keine Witze mit mir, Junge. Wir haben schon genug seltsame Leute in der britischen Armee - auch ohne dich.«
Wladek verstand nicht, was der Soldat meinte. Rasch zog er sich aus.
»Komm mit mir, und zwar schnell.«
Wieder einmal ein herrliches Bad mit heißem Wasser und Seife. Wladek dachte an seine russische Wohltäterin und daran, daß er ihr Sohn hätte werden können, wäre ihr Mann nicht gewesen. Neue Kleider, etwas merkwürdig, aber sauber und mit dem Geruch der Frische. Wessen Sohn hatten sie einmal gehört? Der Soldat stand schon an der Tür.
Korporal Smithers führte Wladek in die Küche und ließ ihn in der Obhut einer beleibten Köchin zurück. Sie hatte das freundlichste rosa Gesicht, das Wladek seit langem gesehen hatte, sie erinnerte ihn an Niania. Wladek versuchte sich vorzustellen, wie ihre füllige Gestalt wohl nach ein paar Wochen in Lager 201 aussehen würde.
»Hallo«, sagte sie mit strahlendem Lächeln. »Wie heißt du?«
Wladek nannte seinen Namen.
»Du siehst aus, als könntest du eine ordentliche britische Mahlzeit vertragen, mein Junge. Dieses türkische Zeug ist nicht das richtige für dich. Wir werden mit heißer Suppe und Rindfleisch anfangen. Wenn du Mr. Prendergast vorgestellt wirst, brauchst du etwas Handfestes im Magen.«
Sie lachte. »Denk daran, bellende Hunde beißen nicht. Obwohl er Engländer ist, hat er das Herz auf dem rechten Fleck.«
»Sie sind keine Engländerin, Frau Köchin?« fragte Wladek erstaunt.
»Du guter Gott, nein. Ich bin Schottin, das ist etwas ganz anderes. Wir hassen die Engländer mehr als es die Deutschen tun«, sagte sie lachend. Dann stellte sie eine dampfende Schüssel mit Fleisch und Gemüse vor Wladek hin. Er hatte ganz vergessen, daß Essen so gut riechen und schmecken konnte. Aus Angst, daß er nicht so bald wieder eine Mahlzeit bekommen würde, aß er das

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